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32 | todestag

E l i z a

Es wird zunehmend dunkler draußen, sodass man die an uns vorbei rauschenden Umgebung, nach einigen weiteren Minuten, beinahe nicht mehr erkennen kann und trotzdem starre ich nachdenklich aus dem Fenster, während irgendein Lied aus dem Radio im Hintergrund vor sich hin trällert. Mom hat darauf bestanden mich von der Bibliothek abzuholen, weil sie es nicht mag, wenn ich Abends alleine durch die Stadt laufe und nach Hause gehe.

Ich glaube sie vergiss manchmal, dass ich schon 14 Jahre alt bin und im Normalfall keine ständige Beaufsichtigung mehr brauche. Aber seid Matt studiert und nicht mehr in ihrer unmittelbaren Nähe ist, scheint sich ihre ganze Mütterlichkeit auf mich zu fixieren. Mütterlichkeit, ist das überhaupt ein Wort ? Ach egal.

„Mom hast du schon mit Dad über die Party, am Samstag, gesprochen ?", frage ich sie schließlich immer noch Gedankenverloren und drehe meinen Kopf nach links, um die ältere Version von mir anzusehen.

Sie hat es mir heute morgen zwar versprochen, bevor ich zur Schule gefahren bin, aber Dad ist ständig unterwegs, schiebt die Arbeit vor und ist nur sehr selten zu Hause, weshalb es mich nicht im geringsten wundern würde, wenn sich die beiden heute noch gar nicht gesehen haben. Ehrlich gesagt ist die Ehe meiner Eltern, meiner Meinung nach, schon seit Jahren nicht mehr existent und es würde mich nicht im geringsten überraschen oder wundern, wenn mein Vater meine Mutter betrügt und nebenbei eine Affäre hätte. Keine Ahnung, warum Mom nicht endlich einfach einen Schlussstrich zieht und sich von ihm scheiden lässt, doch ich schätze sie will mich und Matt damit beschützen, -was vollkommener Blödsinn ist. Mein Vater hingegen, da bin ich mir sicher, hält diese Ehe nur noch aus einem bestimmtem Grund aufrecht und spielt für die Öffentlichkeit den perfekten Ehemann und Familienvater. Und zwar um das ‚vermeintliche' Ansehen der Evans zu wahren und nicht unnötig zu schädigen, obwohl ich mittlerweile das miese Gefühl habe, das ihm unsere Familie eigentlich vollkommen egal ist.

„Noch nicht Elli Maus, aber ich mache es noch heute Abend, versprochen.", versichert sie mir mit ihrer unerschütterlichen zuversichtlich und trotz meiner Bedenken, ob Dad sich heute überhaupt nochmal zuhause blicken lässt, nicke ich abgehackt. Ich will ihr wirklich glauben, aber die letzten Jahre haben mich eines besseren belehrt und das scheint sie auch zu merken, weshalb sie geschickt ein neues Thema anschneidet, das mich innerlich genervt aufstöhnen lässt. „Wie läuft es in der Schule und was ist jetzt eigentlich mit John Wilson, seine Mutter hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass ihr euch anscheinend sehr gut versteht ?"

„Alles bestens und John ist eben John.", murre ich achselzuckend und es klingt sogar erstaunlich nett, im Gegensatz zu dem, was ich gerade gedacht habe. Denn John Wilson, gerade mal fünfzehn Jahren alt, läuft schon jetzt mit einer solchen grundarroganz und maßlosen Überheblichkeit durch die Gegend, das es mich regelmäßig anwidert.

„John ist eben John ?", schmunzelt sie und ich werde ihr jetzt gewiss nicht unter die Nase binden, das er mich erst gestern mal wieder auf ein Date eingeladen hat und ich prompt abgelehnt habe.

„Naja, er ist eben ein reicher, chauvinistischer Idiot und bildungsresistenter Intelligenzallergiker, der sich für etwas besseres hält, nur weil er von allen Seiten angehimmelt wird und die meisten Mädchen jedes bisschen Selbstachtung in seiner Gegenwart zu vergessen scheinen und ihn regelrecht umschwärmen !", präzisiere ich naserümpfend, ohne überhaupt zu versuchen, meinen Sarkasmus oder die Missbilligung zu verstecken.

„Das ist aber nicht sehr nett, Elli.", sagt Mom neutral und ich zucke nur unbeteiligt mit den Schultern.

„Aber zutreffend... Er ist an mir sowieso nur interessiert, weil ich eine Evans bin und er ein Wilson ist und er der verkorksten, zurückgebliebenen und Substanzlosen Ansicht ist, das wir allein dadurch zueinander passen würden, weil unsere Familien in den gleichen Kreisen verkehren !"