Back To You

17 | vorstand

E l i z a

Genau zwei Tage, 48 Stunden, 2880 Minuten oder 172800 Sekunden - genau so viel Zeit hat Colin nur gebraucht, um sich, als mein neuer Anwalt, mit all den von mir unterschriebenen Verträgen und Urkunden, vertraut zu machen. Es ging schnell, viel zu schnell für meinen Geschmack.

Als er mich schon gestern nachmittag angerufen und mir mitgeteilt hat, dass alles in bester Ordnung wäre, -jedenfalls aus rechtlicher Sicht, ist mir prompt der Angstschweiß ausgebrochen und meine ganze Situation wurde mit einem mal sehr, sehr real.

Mir und meinem großen Bruder gehören nun tatsächlich und vollkommen rechtsgültig 90% von Evans Advertising und es ist eindeutig, dass ich jetzt nicht mehr aus der Nummer rauskomme oder das unausweichliche bis in alle Ewigkeit hinauszögern kann. Und trotzdem bin ich nicht gerade scharf darauf meine neue Stelle anzutreten. Ein kleiner und vollkommen irrationaler Teil von mir hat wohl immer noch darauf gehofft, dass Matt den Geschäftsführerposten übernimmt und sich nicht wie ein quengeliges Kind weigert.

Doch wenig überraschend, genau das tut mein großer Bruder und trägt dabei auch noch dieses dämliche Grinsen im Gesicht, sodass ich ihm am liebsten etwas, vorzugsweise schweres und unnachgiebiges, an den Kopf geworfen hätte.

„Und bereit ?", reißt mich völlig unerwartet eine Stimme aus den Gedanken und bringt mich dazu unwillkürlich zusammenzuzucken. Ich stehe sicherlich schon seid ungefähr fünfzehn unendlich langen Minuten hier, vor dem Wolkenkratzer, starre auf den vergoldeten Schriftzug, Evans Advertising, über der Tür. Es ist, als würde er mich mit jeder weiteren vergehenden Minute weiter zu verspotten. Als ich meinen Kopf ruckartig nach rechts drehe, merke ich erst, wie ein nur all zu bekannter schwarzhaariger und überaus attraktiver Mann, mit blauen Augen neben mir steht und mich aufmerksam mustert.

Angestrengt versuche ich meine angespannten Schultern zu lockern und hole tief Luft. Ich war in meinem Leben schon oft hier, das inneren des Gebäudes ist mir nicht im geringsten fremd und trotzdem kostet mich heute jeder Schritt Richtung Eingang noch mehr Anstrengung als sonst. Normalerweise bin ich nicht so, aber allein der Gedanke meinem Vater gleich gegenüber treten zu müssen, verschafft mir ein mulmiges Gefühl im Magen. Das ganze Gebilde wirkt mit einem Mal so unfassbar einschüchternd, wie noch nie zuvor und obwohl es lächerlich wäre auch nur eine weitere Sekunde hier zu stehen, klingt es im Augenblick doch sehr verlockend für mich.

„Was machst du hier und wie lange steht er da schon ?", bringe ich schließlich etwas gepresst über die Lippen und sehe wieder zu Alex, wobei ich den Kopf etwas heben muss. Ich sehe ihm einfach nur still in diese unfassbar strahlenden blauen Augen, die mich weiterhin beruhigend Mustern und atme nochmal tief durch.

Alex hat mir zwar eigentlich versprochen, sich raus zu halten und Colin seine Arbeit machen zu lassen, trotzdem kann ich gerade nicht verhindern, dass sich eine welle der Erleichterung in mir breit macht. Allein seine Anwesenheit neben mir zu spüren, zu wissen das er da ist, lässt einen Teil der Anspannung von mir abfallen.

„Ich dachte du könntest etwas zusätzliche Unterstützung gebrauchen.", entgegnet er schließlich sanft und schenkt mir ein Lächeln, dass das mulmige Gefühl in meinem Bauch einen Augenblick durch etwas warmes und kribbeliges ersetzt. „Und bist du nun bereit, um dir deine Firma zu holen ?"

„Ich bin mindestens einen Tobsuchtsanfall und einen kleinen Nervenzusammenbruch davon entfernt, bereit zu sein. Das ganze hier ist meiner Meinung nach totaler Irrsinn und zieht locker unter die Top-Ten von Grannys Dummen Ideen !", schnaube ich augenverdrehend und überraschend energisch, wenn man den dicken Kloß in meinem Hals bedenkt. „Ehrlich, das ganze ist eine unfassbar schlechte, ach was, eine vollkommen beschissene Idee und wird sowas von nach hinter los gehen, aber mich hat ja von vornherein keiner nach meiner Meinung gefragt ! Herrgott ich bin sowas von am Arsch !"