10 | eine tochter

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A l e x a n d e r

Nachdem ich Eliza vor ihrem Büro abgesetzt habe, fahre ich nochmal schnell in meine Wohnung, denn ein wirkliches Zuhause ist das 120 Quadratmeter Penthouse-Apartment, das auf zwei Etagen aufgeteilt ist, für mich nicht. Es ist bloß eine große Wohnung, in der ich schon vor vier Jahren gelebt habe, die die letzten Jahre über leer stand und in die ich jetzt einfach wieder aus reiner Bequemlichkeit gezogen bin.

Es gibt auf der unteren Etage ein großes Wohnzimmer, mit angrenzendem Küchen- und Essbereich, ein kleines Gästezimmer, ein extra Bad, ein Büro und noch die weitläufige Dachterrasse mit wunderschönen Ausblick über Chicago, meiner Meinung nach das beste an der ganzen Wohnung. Auf der oberen Etage befindet sich ausschließlich das große Schlafzimmer, mit angrenzendem Bad und Ankleidezimmer.

Während ich mich umsehe wird mir mal wieder klar, wie kalt, beinahe steril und überhaupt nicht heimelig alles wirkt. Eigentlich kein wunder, denn neben den vielen immer noch nicht ausgepackten Umzugskisten, wären da nur noch schlichte und irgendwie trostlos wirkende Möbel, weißer Marmor Boden und eintönig weiß-grau gestrichene Wände. Keine Bilder oder Bücher, keine Teppiche oder Zierkissen, einfach überhaupt nichts persönliches oder etwas das dafür spricht, dass wirklich jemand hier wohnt.

Olivia hat immer Baguette ich hätte keinerlei Talente was die Inneneinrichtung angeht und ganz offenkundig hat sie damit recht. Aber da ich die meiste Zeit ohnehin in der Kanzlei oder im Gericht verbringe oder mich mit meinen Mandanten treffe, hat mich das bisher auch wenig gestört.

Doch jetzt, wenn ich die neue Situation miteinbeziehen, schreit alles in diesem Apartment wohl Junggesellen Bude und nach genauerem Betrachten ist die Wohnung, trotz der Größe, wohl mehr als ungeeignet für Kinder oder eine Familie. Allein wenn ich daran denke, wie Jamie mir ihren kurzen Beinchen, die plötzlich viel zu glatt wirkende Marmortreppe hoch flitzt, bricht bei mir kalter Angstschweiß aus und ich verstehe zum ersten Mal, wie sich meine Eltern gefühlt haben müssen.

Ich werde mich wohl in nächster Zeit nach etwas größerem und vor allem sichererem umsehen. Vorzugsweise nach einem Haus mit Garten, damit meine Tochter auch genug Platz zum Spielen hat.

Elizas und meine Tochter. Unsere Tochter !

Allein der Gedanken hört sich so unwirklich, aber gleichzeitig schön an. Ich habe eine Dreijährige Tochter. Meine Gefühle sind ein großes durcheinander und ich bin mir nicht sicher, was ich als nächstes am besten machen sollte. Aber dafür weiß ich, dass ich Eliza, meine unglaublich starke, sture und wunderschöne Eliza, trotz ihrer Geheimhaltung der Vaterschaft noch mehr liebe, als vorher, da sie mir damit das wertvollste der Welt geschenkt hat. Ein Kind, mein eigen Fleisch und Blut und beide zusammen bedeuten mir mehr, als ich jemals mit Worten beschreiben könnte.

Der emotionale Teil meines Gehirns würde Eliza am liebsten auf Besitzergreifende Art für sich Beanspruchen, sie endlich zu der meinem machen und der ganzen Welt zeigen das wir zusammen gehöre, jetzt noch mehr als vorher. Sie ist immerhin die Mutter meiner kleinen Tochter, die beste die ich mir dafür erträumen könnte und sie ist wohl auch die einzige Frau mit der ich mir jemals eine Familie vorstellen konnte. Wäre ich ein Höhlenmensch, würde ich sie fraglos ohne umschweife einfach über die Schulter schmeißen und nicht mehr gehen lassen. Nur der rationale Teil meines Gehirns und das letzte bisschen Selbstbeherrschung, konnten mich heute morgen gerade noch so davon abhalten.

Kopfschüttelnd verdränge ich die Gedanken, bahne mir schnellstmöglich einen Weg nach oben in mein Schlafzimmer, um mich im angrenzenden Badezimmer zu duschen, mir meine Zähne zu putzen und mir einen frischen Anzug, aus meinem Koffer anzuziehen. Denn natürlich habe ich es am vergangenen Wochenende noch nichtmal geschafft, meinen Kleiderschrank einzuräumen, da ich den gesamten Samstag und Sonntag im Büro verbracht habe und heute ist schon Donnerstag und ich lebe immer noch wie ein ungebetener Hausgast, in meiner eigenen Wohnung, aus der verflixten Koffer. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als das bald zu ändern.

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