Kapitel 12

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Die Sonne sank immer tiefer und verschwand bald. Sie hinterließ Dunkelheit und Kälte. Allein die Sterne und der Mond erschienen nun am Himmel um die Dunkelheit ein wenig zu vertreiben. Keine Wolke wagte es, das Licht zu verdecken und der Mond schien nahezu rund am Himmel. Eine ovale Silhouette am schwarzen Nachthimmel.

Und auf der Spitze des Hügels saßen noch immer der Elbenkönig und sein Sohn. Zusammen mit einem silbernen Hirschen, einem Sagenwesen, dass kaum Elben, geschweige denn Menschen zu Gesicht bekommen hatten. Er erhob sich und richtete seinen Blick gen Himmel, bevor er langsam davon ging und wieder zur Sage wurde.

Thranduil sah ihm hinterher. Seine Tränen waren getrocknet, doch sein Herz noch dumpf. Langsam stand auch er auf, seinen Sohn noch immer in den Armen. Legolas hatte die Augen geschlossen und atmete leise. Doch als sein Vater sich bewegte, öffnete er die Augen ein wenig. „Gehen wir nach Hause", sagte Thranduil leise, die Stimme rau vom Weinen. Legolas nickte schwach.

Also machte er sich auf den Weg. Schweigend lief er durch den Wald und nahm nichts wahr, außer seinem Sohn in seinen Armen. Es fühlte sich an, als wäre er krank. Als hätte Thranduil ihm etwas wichtiges zu Leben weggenommen. Und das hatte er im Grunde auch getan.

Er wusste nicht einmal, wie er den Weg zurück gefunden hatte. Kaum war er nur in der Nähe der Brücke spürte er einen Elben neben sich. „Mein Herr? Ist Legolas etwas passiert?", fragte er besorgt. „Ich habe ihm gesagt, was mit seiner Mutter passiert ist", sagte er, denn zu verneinen, käme ihm wie eine Lüge vor.

Der Elb nickte nur und ging in kurzen Abstand hinter seinem König. Auch wenn der König keine Gesellschaft anderer wollte, so würde er doch nicht wollen, dass ihn jeder befragte. Also ging er hinterher und sobald ein Elb auf sie aufmerksam wurde, regelte er das.

Thranduil war froh darüber, auch wenn er es als selbstverständlich annahm. Er ging in zügigen Schritten durch die Gänge und Hallen, schaute weder nach rechts noch nach links, um niemandes Gesicht zu sehen. Er ignorierte die Wachen, an denen er vorbei kam und jeder, der ihm im Weg war, wich erschrocken aus.

Thranduil trug Legolas direkt in seine eigenen Gemächer, nicht in Legolas'. Er brauchte seinen Sohn jetzt. Vorsichtig legte er Legolas auf sein Bett. Dieser setzte sich direkt auf und sah seinen Vater aus großen Augen an. Allerdings schwieg er, und das war sehr ungewöhnlich für ihn.

Erschöpft ließ Thranduil sich neben ihn fallen. „Ist sie bei dem Kampf gestorben", fragte Legolas plötzlich in die Stille hinein. „Sie ist gegangen. Nicht gestorben", sagte er automatisch, denn das waren die Worte die er sich immer wieder sagte, wenn sein eigenes Hirn in verrückt zu machen schien. „Aber ja, dort ist es passiert. Sie hat mir gesagt, dass sie dich liebt und die Valar sie rufen." Er wusste, dass Legolas das Recht hatte, alles zu erfahren, aber er würde bestimmt nicht erzählen, wie sie gestorben war. Er würde nichts außer diesem Satz sagen, niemals. Das erste und letzte Mal, dass er den Moment von Melleths letzten Atemzügen erwähnen würde.

„Gerufen?" „Es wurde Zeit für sie zu gehen. Also ist sie gegangen. Und jetzt wartet sie dort auf uns." Thranduil musste seine Gesichtzüge beherrschen, sodass sie ihm nicht entglitten und zeigten, wie sehr er sie doch vermisste. Es würde die Illusion zerstören, dass Melleth bloß gegangen und nicht gestorben war. „Kann ich sie besuchen?", fragte Legolas hoffnungsvoll. „Sie ist weit über dem westlichen Meer auf Aman. Ich glaube nicht, dass das möglich ist." Er nickte traurig.

„Ihr Körper ist noch hier", sagte er, auch wenn Angst hatte, dass Legolas wieder weinen würde, „Wir werden ihn beerdigen und ihrem Geist eine Botschaft senden." Er verzog das Gesicht. „Ich verstehe das nicht. Wie kann sie tot sein und noch da sein?", fragte er verzweifelt. „Ich weiß, das ist schwer zu begreifen. Aber es ist bloß ihre sterbliche Hülle, ihr Körper, der gestorben ist. Ihr Geist ist noch da und ist nach Aman gegangen."

The Stars in your heart (Thranduil Legolas ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt