Kapitel 14

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Schweigen erfüllte die kleine Lichtung, während Thranduil den Lichtern hinterher sah, die langsam davon schwebten. Aber es war eine angenehme Stille, in der jeder seinen Erinnerungen an Melleth nachhing. In der sich jeder an ihre Taten erinnerte. Ihre Seele, nun verabschiedet, schwand mit den Lichtern in der Dunkelheit, die nun langsam alles umfing. Allein die Sterne und die spärlichen Lampen in den Bäumen sorgten für Licht, aber das genügte.

Schweigend entzündeten zwei verschleierte Elben vier Fackeln, die an den Enden des Sarges standen. Ihr orangenes Licht bedeckte Melleths töten Körper und ließ ihn weniger blass aussehen, als er eigentlich war. Das flackernde Licht verlieh ihr eine täuschende Lebendigkeit, als ob sie atmete und sich leicht bewegte. Eine Illusion, die Thranduil beinahe um den Verstand brachte, so sehr wünschte er sich, sie wäre echt.

Sie hoben den Sarg hoch und ließen ihn langsam in die Erde hinab. Das Licht der Fackeln brannte weiter und es schien als ob die ganze Höhle mit Feuer gefüllt war. Aber schon nach den ersten Schaufeln Erde begann das Licht zu flackern und schließlich zu erlöschen. Thranduil hätte sich an den Rand stellen und zu sehen können, aber er wollte nicht sehen, wie die Erde langsam Melleths Körper bedeckte und sie letztendlich ganz unter sich verschlingen würde.

Leiser Gesang erklang und immer mehr Elben stiegen ein um ihrer Trauer Stimme zu verleihen. Mit jeder Schaufel Erde kam eine Stimme dazu und drang tief in Thranduils Herz. Er hörte bloß die Gefühle und die Trauer, nicht die Worte, nur die Bedeutung. Um ihn herum sangen alle, ein Chor, der in umfing und einlullte. Aber er selbst konnte nicht singen. Die Trauer saß zu tief, als der er ihr Ausdruck verleihen konnte.

Wie sollte er nur jemals weiter machen? So ganz alleine. Jede Schaufel zeigte ihm nur die Endgültigkeit. Er wollte am liebsten nach vorne springen und sie ausgraben. Ihren Körper aus der Erde ziehen, damit sie wieder die frische Luft atmen konnte, wie es sein sollte. Auch wenn sie niemals wieder einen Atemzug nehmen würde. Sie gehörte nicht unter die Erde. War das überhaupt in Ordnung für sie? Konnte ihre Seele damit leben, dass ihr Körper unter die Erde gebracht wurde? Sie musste es wohl akzeptieren. Wenn er bloß noch einmal ihre Stimme hören könnte, nur einmal. Natürlich wusste er, dass seine Nachricht sie erreichen würde. Aber dennoch. Nur noch einmal ihr Lächeln sehen.

Die Erde bedeckte das Loch nun fast vollständig. Noch wenige Schaufeln Erde und es wäre nichts mehr zu sehen. Bloß ein Fleck frischer Erde im Wald. Und in ein paar Jahren würden dort Pflanzen wachsen und es schmücken. Der Wald würde entscheiden, was dort wachsen würde. Vielleicht würde ja Melleth selbst Einfluss darauf nehmen. Er würde es nicht ausschließen.

Die Elben legten die Schaufeln weg. Der Gesang ebbte zu ein paar leisen wenigen Stimmen ab, die ihrer Trauer auch weiterhin noch Klang verleihen wollten. Thranduil war dankbar dafür. Es gab ihm das Gefühl nicht ganz alleine zu sein. Er schaute hinunter zu Legolas. Er weinte nicht. Er stand einfach nur da und starrte auf die Stelle, an der seine Mutter nun begraben lag. Thranduil griff nach seiner Hand. Legolas schaute auf. Hätte er geweint, wäre es weniger schlimm gewesen. Aber er sah so traurig und leblos aus, als hätte er nicht einmal genug Kraft um zu weinen.

Langsam leerte sich der Platz. Nur wenige standen noch hier. Melleths Mutter stand da. Thranduil hatte sie bisher nicht gesehen, aber jetzt, wo der Platz fast leer war, sah er sie. Verschleiert und ganz alleine. Es war Jahre her, dass Thranduil sie zuletzt gesehen hatte. Und jetzt wusste er nicht, wie er zu ihr treten sollte. Langsam ging er auf sie zu, Legolas hinter ihm, der seine Hand nicht loslassen wollte. Oder konnte.

„Es tut mir unendlich Leid, meine Lady", sagte er leise und war erstaunt, dass seine Stimme ihm tatsächlich gehorchte. „Jeder muss einmal gehen, mein Sohn. Natürlich habe ich gehofft, ich würde sie einmal am Ende dieses Weges begrüßen können." Sie drehte sich zu Thranduil um. „Jetzt liegt es an ihr, auf uns zu warten." Thranduil war alt, älter als sie. Aber in diesem Moment fühlte er sich sehr jung im Vergleich zu ihren Worten. Auch wenn es klang, als ob sie nie an die Unsterblichkeit geglaubt hatte. Er neigte den Kopf. „Begleitet uns auf dem Weg. Ich bin sicher ihr bleibt noch." Sie lächelte und nickte, sah aber zu Legolas. „Das ist euer Kind?", fragte sie leise. Erst jetzt fiel Thranduil auf, dass sie Legolas nie gesehen hatte. Melleth hatte sie besuchen wollen, wenn Legolas alt genug für eine Reise wäre. Aber dann kamen die Orks in die Quere. Dann war es zu spät.

The Stars in your heart (Thranduil Legolas ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt