Kapitel 17

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22.01.2006


Hallo Kim,
Hast du heute schon was vor?
Möchtest du vorbei kommen? :-)
Liebe Grüße
Emily

Hey Kim,
Jared und die anderen sind wieder da.
Möchtest du mit uns zu Abend essen?
Wir würden uns freuen :-D
Liebe Grüße
Emily

Hey Kim,
ich kriege dich leider nicht erreicht.
Melde dich doch bitte, wenn du das liest.
Liebe Grüße
Emily

Hallo Kim,
hier ist Jared.
Können wir reden?
Dein Jared

Hallo Kim,
es tut mir leid, dass ich einfach abgehauen bin.
Bitte ruf mich zurück.
Dein Jared

Hallo Kim,
wo bist du?
Ich mache mir Sorgen...
Dein Jared

Kim! Melde dich! Bitte!

Hey Kim,
schlaf gut und träume süß. :*
Dein Jared

Guten Morgen, Kim.
Hab einen schönen Tag.
Wir sehen uns später.
Dein Jared

Diese neun Nachrichten und zusätzliche fünfzehn Anrufe zeigte mir mein Handy an, als ich es Sonntagmittag zum ersten Mal in die Hand nahm. Sie waren fast alle von gestern Abend und ein schlechtes Gewissen schlich sich in mich, als mir bewusst wurde, wie viel Sorgen ich ihnen bereitet hatte. Jetzt, wenn andere Leute meine Nummer hatten, musste ich mir angewöhnen, erreichbar zu sein und regelmäßig drauf zu schauen. Hoffentlich hatte Jared sich nicht gefragt, warum ich ihm auf die letzten Nachrichten nicht geantwortet hatte. Gestern Abend hatte ich keinen Blick mehr für das Telefon übrig gehabt und es in meiner Tasche vergessen. Erst als das Haustelefon unten geklingelt hatte, war es mir wieder eingefallen. Ich speicherte Jareds Nummer ein – kreischte dabei vor Freude einmal auf – und stellte das Handy auf laut. Meine Finger schwebten unschlüssig über den Tasten und ich brauchte mehrere Anläufe, bis ich ihm eine Antwort sendete, mit der ich zufrieden war. Jedes Wort überlegte ich mir dreifach, weil ich nichts Falsches senden wollte. Selbst über das Emoji dachte ich geschlagene zehn Minuten nach. Sollte ich eines dransetzen oder lieber doch nicht? Wenn ja welches? Mit oder ohne Nase? Am Ende fiel meine Entscheidung auf einen einfachen Smiley. Ohne Nase.

Mit einem Blick auf die Balken überprüfte ich, wie es um den Akku stand. Die Batterie Anzeige war zur Hälfte gefüllt und ich nahm mir vor, es morgen Abend aufzuladen.

Ich presste das Handy auf meine Brust und ließ mich nach hinten auf das Bett fallen. Meine langen Haare verteilten sich um auf der Matratze und ich starrte an die Holzdecke. Es war kein Traum. Jared und ich waren ein Paar. Er mochte mich. Der Beweis, dass ich es mir nicht eingebildet hatte, lag in meiner Hand und Dad war Zeuge dessen gewesen, wie wir uns im innig in den Armen gehalten hatten.

Gestern Nacht hatte ich gedacht, dass ich vor Euphorie kaum in den Schlaf finden würde, aber es war genau das Gegenteil eingetreten. Ich hatte so fest wie nie geschlafen und war ausgeruht aufgewacht. Mom hatte mich vor einigen Stunden beim Frühstück skeptisch beobachtet und schien nur gewartet zu haben, dass ich nicht doch Anzeichen von einer Erkältung zeigen würde. Aber als sie bemerkte, wie fit ich war, ließ sie das Thema unter den Tisch fallen und ich war froh, dass Alex nicht darauf herumgeritten hatte, dass sie im Recht gewesen ist. Mir war der Gedanke aufgekommen, wie ich Mom vorbereiten konnte, dass ich einen Freund hatte, aber sie hatte von selbst mit dem Thema angefangen.

„Übrigens", hatte sie gesagt, „gestern war der Junge von den Camerons hier und hat nach dir gefragt, Kim. Aber ihr wart ja schon weg. Ich weiß nicht, was er wollte, aber er hat sehr ernst geklungen. Vielleicht solltest du nachher mal nach ihm sehen."

Daraufhin hatte Alex gekichert und Mom über den weiteren Verlauf vom gestrigen Abend aufgeklärt. Diese hatte deutlich gelassener reagiert als Dad, der bei dem Thema sofort das Gesicht grimmig verzogen hatte. Sie war nicht nur entspannt, sondern regelrecht verzückt und hatte angefangen, von Mrs Cameron zu schwärmen. Auch davon, wie höflich ihr Sohn gestern gewesen ist. Während wir den Tisch abräumten, hatte Mom mir noch zugeraunt, dass ich mir Dads Verhalten nicht zu Herzen nehmen sollte und sie mit ihm reden würde.

Der Duft von Lasagne hatte sich im Haus ausgebreitet. Genießerisch atmete ich tief ein und legte ein Lesezeichen in mein Buch hinein. Die letzten Stunden hatte ich dazu genutzt endlich weiter zu lesen, was ich in der vergangenen Woche völlig vernachlässigt hatte. Während der Abende nach der Schule hatte ich mich auf kein einziges Wort konzentrieren können, aber auch jetzt war mir der Einstieg nicht leichtgefallen, denn meine Gedanken schweiften ständig woanders hin. Aber so hatte ich wenigstens etwas geschafft. Ich griff nach meinem Handy, das einen Ton von sich gegeben hatte, und augenblicklich wurde ich nervös. Es zeigte mir eine eingegangene Nachricht von Jared an. Tief atmete ich ein und öffnete sie. Er schrieb, dass er jetzt bei Sam und Emily war und ob ich vorbeikommen würde. Wie immer endete die SMS mit Dein Jared. Verträumt grinste ich auf die Buchstaben.

Genau wie bei meiner ersten Antwort brauchte ich, bis ich etwas abschicken konnte, womit ich zufrieden war. Am Ende zitterten meine Finger und ich brauchte einen tiefen Atemzug, eh ich auf Senden klickte.

Ich legte das Fantasy-Buch auf meinen Nachttisch und ging hinunter in die Küche. Je näher ich dieser kam, umso intensiver wurde der Duft. Mom holte die dampfende Lasagne aus dem Ofen, als ich den Raum betrat.

„Ich bin dann weg", sagte ich, als sie mich am Türrahmen stehen sah. Ich hatte ihr bereits am Morgen gesagt, dass ich Jared bei Emily treffen und deswegen nicht mitessen würde. Das hatte sie aber offensichtlich nicht davon abgehalten eine riesige Portion zu machen, stellte ich, mit Blick zu der Auflaufform, fest. Sie hatte die Größte genommen, die wir zu Hause hatten.

„Warte noch etwas, dann fahr ich dich", bot sie an und stellte den Ofen aus.

„Das brauchst du nicht. Emily und Sam wohnen nicht so weit weg. Das kann ich auch zu Fuß gehen." Alex war mit unserem Auto zu einer Freundin gefahren. Zwar müsste sie bald zurück sein – schließlich war die Lasagne für sie und dieses Mal vertraute sie der Familie nicht, dass man ihr was aufhob – aber so lange wollte ich nicht warten.

„Dann kannst du aber etwas Lasagne mitbringen." Sie deutete auf die Auflaufform. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie Emily beim letzten Fest so gut geschmeckt hat. Deswegen habe ich doch extra mehr zubereitet. So viel schaffen wir doch gar nicht."

„Da würde sie sich bestimmt freuen", sagte ich und dachte daran zurück, wie Emily von Moms Kochkünsten geschwärmt hatte.

„Wie viele Personen seid ich noch gleich? Lieber mehr einpacken, als zu wenig, richtig?"
„Besser wär es wohl." Die Jungs aßen mehr als Emily und ich zusammen.


Mom war noch nicht einmal ganz weggefahren, da öffnete sich die Haustür der Haushütte und Jared kam mir mit einem Lächeln von der Veranda hinunter. Trotz der niedrigen Temperaturen und des Schnees war er lediglich in T-Shirt und Shorts gekleidet.

„Hey, Kim."

„Hallo Jared." Die Freude, ihn zu sehen, schwang in meiner Stimme mit.

Er schenkte mir einen Kuss auf die Wange und ich genoss das Prickeln auf meiner Haut. Von so nahem erkannte ich, dass sein Haar leicht feucht war. Als er sich von mir löste, schnupperte er und wandte den Blick zu meiner Tasche. „Du hast Essen mitgebracht?"

Ich nickte. „Lasagne von meiner Mom."

Seine Augen blitzten auf und er nahm mir die Tasche ab. Gemeinsam gingen wir hinein.

„Perfektes Timing. Emily deckt gerade den Tisch. Paul ist noch unter der Dusche, müsste aber gleich fertig sein. Hattest du bisher einen schönen Sonntag?"

„Ja. Es war sehr ruhig. Und du?", fragte ich nach, als ich meine Jacke aufhängte.

Jared lächelte mich verschmitzt an. „Jetzt ist er perfekt."

Kichernd folgte ich ihm in die Küche und begrüßte Emily und Sam. Letzterer telefonierte mit jemanden und nickte mir kurz zu, eh er ins Wohnzimmer verschwand.

„Kim hat Lasagne mitgebracht", erklärte mein Freund und stellte den Auflauf auf den Tisch ab.
Ein verzückter Laut kam über Emilys Lippen. „Was für eine Überraschung. Danke, Kim und richte deiner Mom liebe Grüße aus. Nimm heute Abend ein paar Kekse für deine Familie mit. Schließlich hast du sie gestern mit gebacken."

„Mach ich."

Schwere Schritte erklangen aus dem Treppenflur und Paul erschien im Türrahmen. Ein weißes Handtuch lag auf seinen nackten Schultern und nasse Strähnen fielen ihm ins Gesicht.

„Zieh dir was an!", grummelte Jared und warf ihm ein T-Shirt zu.

„Was? Hast du Angst, dass ihr der Anblick gefällt?", meinte er lachend und fing den Stoff auf. „Ihn vielleicht sogar besser findet?"

„Sei bloß still." Jared nahm mich an die Hand und wir setzten uns an den Tisch. Ganz wie der Gentlemen, der er war, schenkte er mir etwas zu trinken ein und reichte mir das Glas.

Schmunzelnd trank ich daraus. Niemals würde mir irgendetwas mehr gefallen, als Jared. Schließlich hatte ich mich in ihn bereits verliebt, da ist von seinem Sixpack noch nicht einmal zu träumen gewesen.

Nachdem Sam sein Telefonat beendet hatte, begannen wir mit dem Essen. Emily überraschte uns, als sie sich, kaum, dass wir angefangen hatten, die Lasagne Schüssel zu sich zog.

„Da ist jemand aber hungrig. Schmeckt dir dein eigenes Essen etwa nicht?", fragte Paul belustigt nach.

„Pah! Ich kenne euch Jungs eben zu gut. Sobald ihr euch was genommen habt, wird mir nichts mehr davon übrig bleiben!"

Und sie sollte recht behalten, denn außer ihrer ersten Portion hätte sie wirklich nichts mehr bekommen, wenn Sam nicht reagiert hätte. Ich verzichtete auf die Lasagne – hatte sie doch erst am Montag gegessen – und aß stattdessen von Emilys Gekochtem. Und trotz des nicht eingeplanten Auflaufes war am Ende kein Krümel mehr übrig. Gemeinsam räumten wir ab, wobei Sam sich vorher entschuldigte und verschwand.

„Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ihr das noch geregelt habt, Kim", sagte Paul plötzlich zu mir und zeigte mit einer Gabel zu Jared. „Der ist unerträglich drauf gewesen. Macht so einen Scheiß nie wieder, verstanden? Weil am Ende bin ich es, der mit ihm auf Patrouille muss." Heftig schüttelte er bei der Erinnerung den Kopf.

„Patrouille?", fragte ich nach und sah, wie alle drei leicht zusammenzuckten. Emily gab Paul sogar einen kleinen Klaps auf den Arm und er nuschelte eine Entschuldigung.

„Wollt ihr zwei vielleicht noch ein bisschen spazieren gehen? Den Rest kriegen wir auch alleine hin", bot die Dunkelhaarige an.

Ich wollte sagen, dass ich gerne noch weiter half, aber da hatte Jared ihr schon zugestimmt und eh ich mich versah, waren wir händchenhaltend zur Haustür hinaus.


Die Sonne war bereits wieder dabei unterzugehen und färbte den Himmel orange. Der Schnee unter meinen Füßen knirschte, aber ich bemerkte, wie er an einiges Stellen schon zum Matsch geworden ist. Weiße Wolken verließen meinen Mund, als ich ausatmete.

„Ist dir kalt?", fragte Jared mich und blickte besorgt zu mir hinunter.

Weil Mom mich hierher gefahren hatte, trug ich keine Jacke, doch ich schüttelte den Kopf.

„N-Nicht wirklich. Mit dir ist mir nie kalt", gestand ich leise und spürte das Blut in meine Wangen schießen. Aber es war wahr. Die Hitze seines Körpers übertrug sich auf mich.

Heiser gluckste er vor sich hin. „Das freut mich zu hören."

Sein Daumen strich einmal über meinen Handrücken, dann ließ er sie los. Verwundert sah ich zu ihm und beobachtete, wie er seine Collegejacke auszog und sie mir hinhielt. Als er sie vorhin angezogen hatte, war ich bereits irritiert gewesen – denn schließlich lief er ständig nur noch im T-Shirt rum.

„Ist es falsch mir zu wünschen, dass du sie trägst?"

„Wieso würdest du das wollen?"

„Mir gefällt es, wenn du etwas von mir an hast." Er räusperte sich und sah mich abwartend an. „D-dann weiß jeder, das wir zusammengehören." Seine Wangen waren dunkler geworden und eh ich mich versah, machten meine es ihm gleich. „Würdest du ...?"

„Sehr gern."

Der rot-weiße Stoff schmiegte sich vertraut an mich und ich sog den Duft nach Wald tief ein. Das Lächeln schlich sich ganz von alleine auf meine Lippen. Trotz seiner Wärme und die der Jacke, wurde s nicht zu heiß. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, er würde mich umarmen.

Er griff wieder nach meiner Hand und gemeinsam schlenderten wir durch La Push. Einige wenige Leute kamen uns entgegen, aber ich beachtete sie nicht groß. Meine Aufmerksamkeit ganz allein Jared.

„Am Donnerstag findet das Lagerfeuer statt."

„Ich weiß." Es war in meinem mentalen Kalender dick und fett markiert. Sowohl er, als auch Paul und Emily hatten mich dorthin eingeladen und es schien ihnen viel zu bedeuten.

Gesellschaftliche Anlässe war ich nicht gewohnt und ich musste vor mir selbst zugeben, dass ich bereits jetzt nervös war. „Ich habe gehört, dass Billy Black dort die Legenden nacherzählt."

„Ja, genau. Er macht das echt gut. Es wird dir bestimmt gefallen. Du magst ja Wölfe." Letzteres murmelte er mehr vor sich hin und ich hatte das Gefühl, dass er das eher zu sich selbst gesagt hatte.

„Tu ich", bestätigte ich und drückte seine Hand. „Soll ich etwas mitbringen?"

Leise lachte Jared. „Über Essen freuen wir uns immer."

Ich stimmte in sein Lachen mit ein. Das hätte ich mir auch selbst beantworten können.

„Was meinte Paul vorhin damit, dass er mit dir auf Patrouille geht?" Die Reaktionen waren mir nicht entgangen und jetzt, wo wir nur zu zweit waren, traute ich mich, nachzufragen. Wahnsinn, das hätte ich mich vor einer Woche nie getraut. Jetzt aber wusste ich, dass Jared mich nicht verurteilen würde, nur weil ich was nachfragte.

„Äh... Also, Sam hat so etwas wie einen ... Sicherheitsdienst aufgebaut und da jobben wir nebenbei. Genau", sagte er und nickte bekräftigend, während er stur geradeaus sah, „und dabei gehen wir auf Patrouille."

„La Push braucht einen Sicherheitsdienst?" Unsere Verbrecherrate hielt sich weit unter der von Forks. Höchstens kindische Jugendliche, die nichts mit sich anzufangen wussten, übten Mal Sachbeschädigung aus. Aber sonst gab es in dem winzigen Dorf nichts, was eine Patrouille rechtfertigte. Sogar in der Kneipe kam es nie zu Ausschreitungen.

„Si-Sicher. Die Welt wird immer gefährlicher. Man weiß nie, was sich im Wald versteckt."

Stirnrunzelnd hörte ich ihm zu. Mein Jared-Lexikon schlug Alarm – ich wusste gar nicht, dass es das konnte. Sein Stottern, der Blick, den er mied und alles Weitere waren Anzeichen, dass er etwas verheimlichte. Was war es, worüber er nicht mit mir sprechen konnte?

„Und du darfst nicht die Leute aus Forks vergessen. Manche kommen gerne rüber und veranstalten Scheiße", fügte er knurrend hinzu.

„Und ihr seid im Wald?" Sorge um Jared kam über mich, als er nickte. „Aber da sind Bären und Wölfe."

Von Letzteren hatte Dad uns heute früh wieder erzählt. In der Zeitung hatte gestanden, dass Spaziergänger riesige Gestalten gesichtet hätten. Das war eine Premiere, denn diese galten in der Gegend seit fast hundert Jahren als ausgestorben. Erst Bären und jetzt Wölfe.

„Keine Sorge. Wir passen auf." Er zwinkerte mir zu. „Außerdem sind die Wölfe doch unsere Beschützer." Damit spielte er auf unsere Legenden an, aber die Angst um ihn nahm er mir nicht.
„Und das nach der Schule?"

„Sam kann ein ganz schöner Sklaventreiber sein. Zu unmögliche Zeiten will er, dass wir da sind. Dass wir noch zur Schule gehen, vergisst er gerne. Meist muss Emily ihn dran erinnern", schnaubte er auf.

Mein Warnsignal war während des Gespräches leiser geworden, bis es nun vollends verstummte. Das war die Wahrheit. Aber er Jared, Paul und Sam begaben sich tagtäglich in ein Risiko. Emilys verbundenes Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf. Wie hielt sie es mit dem Wissen aus, dass ihr Freund sich der Gefahr stellte, die ihr das angetan hatte?

„Kim?"

„Hmh?" Hatte er bemerkt, dass ich mit den Gedanken abgedriftet war?

„Kannst du mir etwas versprechen?" Er war stehen geblieben und sah ernst er zu mir hinunter.

„Sicher." Alles, was er wollte.

„Du hast das mit Emilys Gesicht mitbekommen."

„Ja." Genau deswegen fing ich an mir Sorgen, um ihn zu machen. Niemand konnte vorhersehen, ob nicht auch er von einem Bären angegriffen wird.

„Versprich mir bitte, dass dich vom Wald fernhalten wirst. Dort ist es gefährlich." Seine Brauen zogen sich sorgenvoll zusammen und mein Herz schmolz vor sich hin.

„Versprochen. Aber", nun war ich es, die ernst zu ihm aufsah, „versprich mir, dass du auf dich aufpasst."

„Natürlich." Sanft lächelte er und beugte sich zu mir hinunter.

Seine warme Hand legte er an meine Wange und ich bemerkte, wie sich die Stimmung zwischen uns veränderte. Die Luft knisterte, als er sich meinem Gesicht näherte, und ich hielt den Atem an. Er sah mich an. Aber das tat er immer. Seit einer Woche blickte er so oft zu mir, dass ich es nicht einmal hatte zählen können.

Deutlich konnte ich den dunklen braunen Rand in seinem Auge erkennen. Um seine Pupille herum war die Farbe heller. Nervös leckte ich mir die Unterlippe. Sein Blick heftete sich auf ebenjene, während meiner über seine Nase, seine Wangen und schließlich auch auf seine vollen Lippen strich. Flatternd schloss instinktiv ich meine Lider und schon spürte ich seinen warmen, weichen Mund auf meinem.

Die Zeit stand still.

Ich blendete alles Weitere aus. Jared war das Einzige, was ich noch wahrnahm. Sein stählender Körper fest an meinem gepresst. Meine Wange lag in seiner Hand und er drückte mich näher an sich. Der zärtliche Kuss hielt an. Leicht und langsam fing er an, seine Lippen zu bewegen, und ein Seufzen entwich mir. Als seine Zunge die meine berührte, explodierte ein Feuerwerk in allen Farben in mir.

Es dauerte, doch irgendwann löste Jared sich von mir, hielt mich aber weiterhin fest im Arm und grinste überglücklich zu mir hinunter. Ich war mir sicher, dass mein Strahlen dem seinem sehr ähnlich war.

Unser erster Kuss.

So standen wir Arm in Arm auf den Straßen La Pushs und sahen uns gegenseitig an, während die Sonne über uns unterging und sich im Schnee widerspiegelte.


His wallflowerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt