JAKE
offlineIch weiß nicht genau, wieso ich dir noch immer schreibe oder ob du das hier überhaupt lesen wirst..
Ich verstehe es bloß nicht, Jake. Wieso das alles? Denkst du nicht, ich hätte nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, die Wahrheit verdient?
Wie auch immer.. Ich habe jetzt eine Wohnung in Duskwood.. Das heißt, du weißt, wo du mich findest, solltest du deine Meinung ändern..
Als ich am nächsten Morgen erwachte, stellte ich fest, dass ich offenbar mit dem Handy in der Hand eingeschlafen war. Noch immer war der Chat mit Jake geöffnet. Ich hatte mir fest vorgenommen, ihm nicht mehr zu schreiben, um mir das letzte bisschen Würde, was mir geblieben war, zu bewahren. Doch sobald ich mir auch nur für eine Sekunde erlaubte an ihn zu denken, war meine Selbstbeherrschung vergessen. Ich konnte nichts dagegen tun und mit jeder Nachricht, die er ignorierte fühlte ich mich umso mieser. Zwar versuchte ich so gut es eben ging, an der Leere in mir festzuhalten, damit dieser unerträgliche Schmerz nicht zurückkehrte, doch manchmal konnte ich nichts dagegen tun. Nur weil Jake beschlossen hatte, ohne mich weiterzuleben, hieß das noch lange nicht, dass meine Gefühle für ihn einfach so verschwinden würden. Ich liebte ihn, trotz allem was passiert war und daran würde sich vermutlich niemals etwas ändern..
Um neun Uhr in der Früh hatte ich bereits alles, was ich mit in mein Motelzimmer gebracht hatte, eingepackt. Es war meine letzte Nacht in diesem Zimmer gewesen. Miss Walter hatte glücklicherweise verständnisvoll reagiert als ich ihr am Abend zuvor mitgeteilt hatte, dass ich bereits früher als geplant auschecken würde. Ich hatte ihr versichert, dass sie trotzdem das Geld für die vollen sieben Tage behalten könne und damit war das Thema ziemlich schnell vom Tisch gewesen.
Ich lud meine Sachen zurück in mein Auto zu den anderen Dingen, die ich am Vortag gekauft hatte. Anschließend machte ich mich auf den Weg zur neuen Wohnung, allerdings legte ich vorher noch einen kleinen Stopp ein, um Jessy und mir Frühstück zu besorgen.Bereits um kurz nach zehn trafen Jessy und ich beinahe gleichzeitig an meiner neuen Adresse ein. Wir schnappten unser Frühstück und die ersten Kisten und trugen alles hinauf in meine Wohnung. Dort aßen wir unsere Brötchen, tranken Kaffee und unterhielten uns darüber, dass Dan angeboten hatte, bei meinem Einzug zu helfen, wir ihn aber freundlich darauf hingewiesen hatten, dass er mit seinem Rollstuhl vermutlich nicht besonders hilfreich wäre. Trotzdem war ich froh, dass neben Jessy auch Dan scheinbar noch nicht die Nase voll von mir hatte. Es tat gut zu wissen, dass mir wenigstens zwei meiner Freunde geblieben waren. Zwar hatte auch Lilly noch einmal versucht mich anzurufen, doch ich wollte uns beiden die Streitigkeiten ersparen, was natürlich nur ein Vorwand war. In Wahrheit wollte ich einfach nicht diejenige sein, die ihr erzählte, was mit Jake war. Wobei meine größte Angst vermutlich darin bestand, dass Jake nur zu mir den Kontakt abgebrochen hatte. Zwar waren die beiden sich während unserer Ermittlungen noch nicht bedeutend näher gekommen, doch Lilly und Hannah waren seine Schwestern. Vermutlich würde er also kaum ohne ein Wort wieder aus ihren Leben verschwinden. Bevor ich mich weiter in meine Gedanken hineinsteigern konnte, klingelte es an der Tür und ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass ein Möbelwagen direkt vor dem Haus parkte.
Es waren drei kräftige Männer, die nach und nach unzählige, schwere Kartons in meine Wohnung trugen. Ich bot ihnen meine Hilfe an, doch als ich bereits auf halber Höhe des Treppenhausen nach Luft rang, verdonnerte Jessy mich zu leichterer Arbeit. Es ärgerte mich, dass ich mich noch immer nicht vollends von meiner Rauchvergiftung erholt hatte, doch wenn ich jetzt nicht aufpasste, würde ich vermutlich schneller wieder im Krankenhaus landen, als mir lieb war, weshalb ich trotzig den Rückzug antrat und ihnen immerhin so gut es ging beim Aufbau der Möbelstücke zur Hand ging.
Das ganze Spektakel dauerte insgesamt ganze 6 Stunden und nachdem die Möbelpacker gegangen und alle meine Möbel standen, ließen Jessy und ich uns erschöpft auf das neue Sofa fallen. Zwar waren wir den Männern keine besonders große Hilfe gewesen, doch wir hatten währenddessen die gesamte Wohnung geputzt und meine wenigen Mitbringsel aus meinem alten Leben in den neuen Schränken verstaut. Bis auf zwei kleine Kartons, in denen sich meine Bücher befanden, war tatsächlich alles erledigt. Stolz sah ich mich in meinem neuen Zuhause um. Es war genauso geworden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Farben meiner Einrichtung harmonierten miteinander und zum ersten Mal in meinem Leben fühlte es sich nach meinem eigenen Zuhause an. Ich hatte mich auf wenige Dekorationen beschränkt, da ich es lieber schlicht mochte und doch wirkte es heimisch und gemütlich.
Noch immer konnte ich nicht glauben, dass ich innerhalb der letzten zwei Tage nicht nur eine Wohnung gefunden hatte, sondern auch bereits in diese eingezogen war. Wahrscheinlich hatte Jessy Recht und ich musste einfach akzeptieren, dass auch ich hin und wieder etwas Glück verdient hatte, doch mir war durchaus bewusst, dass ich diesen Schritt ohne Jessys Hilfe vielleicht niemals geschafft hätte. Sie hatte mich, wenn auch nur für kurze Zeit aus meinem Schneckenhaus herausgeholt. Wir beide wussten, dass es noch sehr lange dauernd würde, bis ich wieder annähernd die Alte war, doch es tat gut zu wissen, dass ich nicht irgendwann auf der Straße landen würde, wenn mich Miss Walter irgendwann vor die Tür gesetzt hätte.
"Hast du Hunger?", fragte Jessy mich schließlich und ich nickte eifrig. Nach diesem Tag konnte ich wirklich eine warme Mahlzeit gebrauchen. "Einen Ort weiter gibt es einen Chinesen, dort könnten wir uns etwas holen, leider liefern sie nicht", meinte sie. "Klar, klingt gut ich lad dich ein. Ich hol nur schnell mein Portemonnaie", antwortete ich, während ich aufstand, um nach Nebenan ins Schlafzimmer zu gehen. Mein neues Bett war definitiv das Highlight des Zimmers und ich freute mich schon sehnlichst darauf, mich später in die frisch bezogene Bettwäsche einzurollen.
Ich schnappte mir meine Handtasche von der Kommode, ging zurück zu Jessy und gemeinsam machten wir uns auf den Weg.Jessy hatte angeboten zu fahren, wofür ich ihr sehr dankbar gewesen war. Ich war zu erschöpft und meine Konzentration ließ allmählich nach. Alles, was ich an diesem Tag noch wollte, war etwas zu Essen, eine heiße Dusche und eine Mütze voll Schlaf. Meine Batterien waren aufgebraucht und am liebsten hätte ich mich auf der Stelle allein zurückgezogen. Doch daran war bereits wenige Minuten später nicht mehr zu denken. Jessy parkte den Wagen auf dem Parkplatz des chinesischen Restaurants und ich traute meinen eigenen Augen kaum. Entgeistert betrachtete ich das blinkende Neonschild auf der gegenüberliegenden Straßenseite welches mir das Wort "MOTEL" regelrecht entgegenschrie.
Meine Handflächen wurden feucht und meine Finger zitterten als ich die Beifahrertür öffnete, ohne den Blick vom dem Schild mir gegenüber zu abzuwenden.
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Duskwood - The things we lost in the fire
FanfictionDiese Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Spiel "Duskwood" von Everbyte. Meine Geschichte beginnt im Anschluss an Episode 10. Mir gehören weder die Figuren noch die ursprüngliche Idee des Spiels. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Fanfic...