Noch bevor ich die Augen öffnete, war mir klar, dass ich davor nicht fliehen konnte. Es verfolgte mich, egal wohin ich ging. Der Mann, die Tiere, Astrid. Der Panther.
Mein Gehirn begann zu begreifen, dass das alles kein Zufall sein konnte. Die Frage war: Sollte ich erneut fliehen oder bleiben und sehen, wohin es mich brachte?
Ich lag im Krankenhaus. Das wurde mir erst bewusst, als ich die weiße Decke über mir entdeckte. „Langsam, Sie sind auf den Kopf gefallen und hatten eine Gehirnerschütterung." Über mir stand eine besorgt dreinblickende Krankenschwester und daneben verlief ein Schlauch zu einer Kochsalzlösung. „Wie ist das passiert?" Ich erinnerte mich an Nichts. Wobei, doch. Ich spüre eine Leichtigkeit und dann... „Bin ich umgefallen?", wurde mir klar. Ich war noch nie umgefallen.
„Genau. Sie haben eine große Beule am Hinterkopf."
Ich versuchte mich aufzusetzen, merkte dann aber einen ziehenden Schmerz, bei dem mir leicht übel wurde. „Wie spät ist es?", fragte ich und sah zum Fenster. Draußen schneite es.
„Früher Nachmittag. Abendessen gibt es erst um siebzehn Uhr", klärte sie mich auf, als ginge es mir nur ums Essen. „Wie lange ...?" „Nachts. Ein Krankenwagen hat Sie gebracht." Sie reichte mir mein Handy genau in dem Moment, als die Tür zum Zimmer aufflog und meine Mama hereinstürmte.
„Hildegard!" Sie war völlig außer sich. „Wie geht es dir? Ist dir schlecht? Kann ich dir etwas bringen?" Sie griff nach meinem Gesicht und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Vorsicht", ermahnte sie die Krankenschwester, „sie ist verletzt." Und noch während sie das sagte, spürte ich ein Ziehen im Nacken und dann ein Pochen. Was zum Teufel war mit mir geschehen? „Eine Treppe", erklärte die Krankenschwester, die mein Gesicht deutete. „Sie haben einen Schnitt, den wir nähen mussten." „Wirklich?", murmelte ich und versuchte mich zu erinnern, wo das geschehen sein könnte. Dann erinnerte ich mich an die paar Stufen beim Tresen und hatte meine Antwort.
„Man kann dich einfach nicht allein lassen." Papa kam zur Tür herein. Ich vergaß für einen Moment den Kopfschmerz, weil ich mich so sehr freute ihn zu sehen. Meine Mama ließ uns ein wenig mehr Freiraum und er umarmte mich stürmisch, sodass ich fast keine Luft mehr bekam. „Willst du nicht wieder nachhause kommen?", fragte er mich leise, sodass nur ich es hören konnte. „Papa", ich seufzte, „mach dir keine Sorgen. Du kennst mich ja. Ich bin zäh." „Was sagt er schon wieder?", fragte Mama gereizt. „Nichts", sagten wir beide unisono.
Sie blieben nicht lange, weil ein paar Minuten später die Krankenschwester meinte, sie sollen wieder gehen und ich bräuchte Ruhe. Damit ich sie jederzeit erreichen konnte, ließen sie mir ihre Visitenkarte von der Arbeit da. Ich wusste zwar nicht genau, was sie taten, aber ich wusste, dass es Laborarbeit war. Der große Erlenmeyerkolben als Logo auf der Rückseite bestätigte dies.
„Ihre Eltern arbeiten in der Forschung?", fragte mich die Krankenschwester drei Stunden später, als sie mir mein Abendessen brachte. Ich hatte ein wenig gedöst, wobei mich meine kreisenden Gedanken einfach nicht ruhen ließen. „Forschung? Keine Ahnung", gab ich peinlich berührt zu und setzte mich auf, als sie mir einen kleinen Tisch ins Bett stellte. Es roch nach Brokkoli und Kürbis. „Verzeihen Sie mir, falls ich zu neugierig war, aber ihre Karte hat mir gefallen." Ich sah nach links, wo ich den Kontakt hingelegt hatte. Dann griff ich danach und sah sie mir erneut an. „Am Hügel Zwölf. Greinland", las ich die Adresse vor und runzelte die Stirn. Das kam mir verdammt bekannt vor. Obwohl ich einen riesigen Hunger hatte und das Essen köstlich roch, nahm ich mein Handy zur Hand und sah in meinem Posteingang nach neuen Nachrichten nach.
Mein Herz tat einen Satz.
Liebe Sabine K.,
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Die Wiese der toten Tiere
FantasyNiemand träumt. Es ist ein Märchen, ein Mythos, Hexerei. Und wenn es doch passiert, wird es von einem Forschungsinstitut in Grein erforscht. Man kann sich dort anmelden und an einem Programm teilnehmen, liest Hildegard im Internet und schreibt eine...