Wärme durchströmte mich. Mein einziger Gedanke galt Su-ji. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Mein Oberkörper begann zu leuchten, das Licht blendete mich und bald war ich nicht mehr die Einzige, die schrie. Es vibrierte, pulsierte, wurde heiß und ich war mir sicher, dass meine Haut verglühen würde. Fest flog in einem hohen Bogen durch die Luft. Er schlug gegen die Mauer und rutschte daran entlang wie eine zerbrochene Vase. Der Wachmann landete auf der anderen Seite.
Das Licht zog sich zurück und meine Beine wurden schwach, sodass ich auf die Knie fiel. Ich zitterte. Reflexartig wollte ich mich mit meinen Armen abfangen, doch einer gehorchte mir nicht, weshalb ich mit dem Kinn am Boden aufschlug.
Ich weinte und flüsterte ihren Namen.
Jemand packte mich am Bein, rollte mich herum. Ich starrte in das verwaschene Gesicht von Johann Fest hoch, der zwar am Kopf blutete, aber ansonsten heil zu sein schien.
„Ich will das auch können!", quetschte er aus sich hervor. Ich sah, dass er sich auf die Zunge gebissen hatte. Da war eine Gier in seinen Augen, die mir Angst einjagte.
„Lass von ihr ab, sonst blas ich dir den Schädel weg", die Drohung kam von der Tür.
Fest blickte auf und dann verzog sich sein Gesicht zu einer wütenden Fratze. Ich schaffte es die Schluchzer zu unterdrücken, warf einen Blick über meine Schulter und sah, dass Ben im Türrahmen stand. Er hielt eine Schusswaffe in der Hand. Sein Gesicht ähnelte einer steinigen Maske. Und Su-ji... Su-ji starrte ihn an, während sie wild herumtastete und offenbar nicht glauben konnte, dass sie nicht getroffen worden war. Ben hatte auf den Mann geschossen.
„Du kannst mich nicht töten", Fest ließ tatsächlich von mir ab, „wie kommst du überhaupt hierher?"
Doch Ben sagte nichts. Die Blutspritzer auf seinem weißen Sakko ließen nur erahnen, wie er hierher gelangt war.
„Du bringst mich jetzt zu ihr. Su-ji, H. Steht auf." Ben's Ausstrahlung hatte sich verändert. Weder Su-ji noch ich wagten zu widersprechen. Fest lachte. „Gern. Ihr kommt hier ohnehin nicht lebend raus", war er sich sicher.
Als sich Su-jis Augen mit meinen kreuzten, konnte ich nicht aufhören zu heulen. Ich war so froh und der Strom aus meinen Augen ebbte nicht ab. Sie lächelte mich an und mein Herz wurde warm und weit. Ich liebte sie. Su-ji stand auf und kam auf mich zu, dann nahm sie meine Hand, Fest ließ es zu und zog mich in die Höhe. Ihre Umarmung war grob und ich vergrub meinen Kopf auf ihrer Schulter.
„Ich hatte dir doch gesagt, dass du aufpassen musst", sagte Ben zu Su-ji wie ein Vater zu seiner Tochter. Dann wandte er sich an Fest. „Führ uns." Sein Blick jagte mir Schauer den Rücken hinunter.
Fest spielte tatsächlich mit. Er führte uns in einen Raum, der wie ein Schlafzimmer eingerichtet war und an den Raum erinnerte, den wir am Forschungsinstitut gefunden hatten. Nur war er diesmal vollgeräumt und das Bett mit all seinen Gerätschaften war belegt.
Darauf lag eine Frau. Wir sahen ihr Gesicht nicht, doch daneben stand Astrid, die sofort in die Höhe sprang, als sie uns reinkommen sah. „Was soll das", stieß sie hervor und ihre Augen suchten die Umgebung ab, als rechne sie mit einem Angriff.
„Ich hatte also Recht", sagte Su-ji, „sie ist hier!"
Ben sagte nichts dazu. Er deutete Fest und der lachte erneut. „Geh beiseite", befahl er Astrid und die gehorchte. Ich sah, dass sie einen großen blauen Fleck auf der Wange hatte. Sie tat mir leid trotz allem, was sie getan hatte.
Su-ji blieb verdattert stehen: „Aber das ist doch..."
Sogar ich erkannte, wer da auf der Liege lag. Es war Astrids Mutter.
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Die Wiese der toten Tiere
FantasyNiemand träumt. Es ist ein Märchen, ein Mythos, Hexerei. Und wenn es doch passiert, wird es von einem Forschungsinstitut in Grein erforscht. Man kann sich dort anmelden und an einem Programm teilnehmen, liest Hildegard im Internet und schreibt eine...