3. Von Querdenkern und Träumen

44 10 3
                                    

Hexenzirkel. Ich bin eine Hexe. Ich habe von dir geträumt.

Nach dem Abendessen wollte ich noch eine Runde mit dem Rad fahren, um müde zu werden, weil ich mir sicher war sonst heute nicht schlafen zu können. Bereits nach ein paar Metern stellte sich jedoch heraus, dass ich keine neuen Batterien mehr für mein Licht hatte und die alten erst aufladen musste, somit war ich gezwungen wieder zurückzufahren, übellaunig und grübelnd, weil ich aus Astrids Worten einfach nicht schlau wurde. Natürlich hatte ich den Stein nicht mitgenommen, ich war doch nicht dämlich. Das würde bedeuten, dass ich ihr glaubte und das tat ich nicht, vielleicht, weil Linda ihr glaubte. Linda. Sie wäre nicht einverstanden gewesen. Gott, war ich wütend. Wütend und enttäuscht, weil sie Linda mir vorgezogen hatte.

Ich schlug mir mein Knie an, als ich das Fahrrad in die Garage zurückschob und fluchte. Mein Vater legte eine fürchterliche Unordnung an den Tag und er war ein Messie, zumindest, wenn es nach meiner Mutter ging. Obwohl sie ständig davon sprach, er solle mal zusammenräumen, tat er es nie und fand Wichtigeres, wie am alten VW herumzubasteln.

Ich rieb mir die pochende Stelle und schob mich an alten Eimern mit rostigen Nägeln vorbei, um wieder nach draußen zu gelangen. Da erschrak ich jäh und stieß mir den Kopf am halboffenen Garagentor an. „Verdammt", knurrte ich und starrte vorwurfsvoll die Katze an, die plötzlich vor mir hockte und zu mir hochstarrte.

„Was willst du eigentlich von mir?", fuhr ich sie an, „hast du nichts Besseres zu tun? Hasen töten zum Beispiel?"

Sie sah mich einfach nur an und ich bekam plötzlich das Gefühl, dass sie sich über mich lustig machte. „Ich habe dir Futter hingestellt", sagte ich gereizt und deutete in den Garten hinein, „hinter den Biomüll. Hast du gesehen? Geh und lass mich in Frieden." Ich hatte die Futterdose nach draußen gebracht, ehe meine Eltern nachhause gekommen waren. Mama hätte mir ansonsten einen Vortrag darüber gehalten, dass Straßenkatzen sich ihr Futter sehr wohl selbst suchen konnten und ich unser hart verdientes Geld nicht verschwenden sollte.

Als ich an der Katze vorbei wollte, begann sie sich um meine Beine zu reiben. Ich zuckte zusammen und wurde steif wie ein Brett. „Was ist denn?", fragte ich, betont ruhiger, „willst du gestreichelt werden?" Sie sah mich mit diesen schwarzen Glubschaugen an und ich konnte fast nicht widerstehen. Doch noch hielt ich mich zurück. Sie erinnerten mich an den Turmalin, den ich von Astrid bekommen hatte. Ehrlich gesagt war mir die Katze nicht geheuer. „Verfolgst du mich etwa?"

Da miaute sie. Ein leiser, süßer Laut. Ich kniff die Augen zusammen. „Du hast getötet, kleines, süßes Biest", murmelte ich und noch während ich zu Ende sprach, bückte ich mich auch schon. Dann sah ich einen Funken und spürte einen Schmerz, der bis in meinen Ellbogen hinein vibrierte. „Ah", stieß ich hervor, als ich einen ordentlichen Schlag abbekam. „Verdammt!", rief ich, obwohl die Katze natürlich keine Schuld traf. Doch da lief sie bereits mit aufgestelltem Fell davon, von meinem Ausruf vertrieben. „Warum passiert das?", stöhnte ich und rieb mir erst den Finger und dann den Kopf. Ich hatte die Schnauze voll und wollte nur noch ins Bett.

„Schon wieder zurück?", fragte mich Mama, die für die nächsten Tage vorkochte. Sie rührte in einem Topf um, als ich die Küche betrat. „Ist etwas passiert?" Natürlich fragte sie mich das. Ich konnte meinen Gesichtsausdruck nicht beherrschen. „Bist du gestürzt?" Nun klang sie wirklich besorgt. Ich ließ mich auf den Stuhl fallen. Im Hintergrund lief Fußball. Papa guckte fern. „Nein", antwortete ich endlich, nachdem ich mein Haar gelöst und mir mit den Fingern hindurchgefahren war. „Mich hat nur eine Katze gestromt." Gott, wie absurd sich das anhörte. Sie hob eine Braue hoch. „Eine Katze", wiederholte sie und runzelte die Stirn. „Trockene Luft?" Ich zuckte die Achseln. „Keine Ahnung." Sie warf einen Blick auf die Analoguhr an der Wand. Sie zeigte die Luftfeuchtigkeit an. „Ich kann von da nicht lesen." „Ist doch egal."

Die Wiese der toten TiereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt