Epilog

12 4 0
                                    

„Der gesuchte Vorstand von B.F.A Industries wurde erschossen im Casino Grein gefunden. Seine Familie wird derzeit verhört. Unschuldsvermutung wird nicht ausgeschlossen."

Die Nachrichten waren voll davon. Ich konnte es nicht mehr hören. Selbst mein Gesicht erschien gelegentlich in den Zeitungen, weshalb ich mir einen Anwalt genommen hatte, weil ich das nicht wollte. Ich wollte endlich damit abschließen.

Meine Eltern hatten mich sofort im Krankenhaus besucht. Zum Glück hatte keiner von ihnen einen groben Schaden davongetragen. Es ging ihnen gut, zumindest körperlich. Mein Vater musste therapiert werden, denn er konnte nachts nicht mehr schlafen, was mich nicht verwunderte. Meine Mama hatte sich die Augen aus dem Kopf geweint und mich gedrückt, bis ich keine Luft mehr bekommen hatte, trotz Schusswunde. Die Ärzte hatten gemeint, dass es ein Wunder war, dass ich nicht am eigenen Blut erstickt war.

Obwohl die Göttin befreit und Fest tot war, meine Panikattacken verschwunden waren, schlief ich dennoch schlecht.

Im Bad ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich auf meine makellose Brust starrte. Es störte mich. So wie ich das Traumland gemieden hatte, so sehr vermisste ich es jetzt und wollte zurück. Doch mein Totem war zerstört.

Nachdem man mich aus dem Krankenhaus entließ, wurde ich verhört. Doch ich tat genau das, was Su-ji mir geraten hatte. Ich sagte ihnen, dass ich mich an Nichts erinnern konnte. Trotzdem traf es mich hart, als ich erfuhr, dass Ben gestorben war. Ich log und sagte, dass er ein Fremder für mich war und musste eine große Menge an Beherrschung aufbringen, um nicht loszuheulen.

Ich hatte die Liebe gespürt, die die Göttin empfunden hatte und es tat mir leid. Ich hoffte, dass es ihr gelungen war Ben ins Traumland zu sich zu ziehen, wo sie zusammen sein konnten. Nachdem er nun von seiner körperlichen Hülle befreit war, so dachte ich, könnte es theoretisch funktionieren. Aber in Wahrheit konnte ich nur Vermutungen anstellen.

„Hildegard, kannst du mir bitte helfen?" Wir standen im Garten. Es war Sommer und Mama riss an den Sträuchern herum, die mittlerweile die halbe linke Gartenhälfte in Beschlag genommen hatten. Ich half ihr beim Abzwicken und schleppte die Äste auf einen Haufen. Papa rief: „Willst du das wirklich Anzünden? Das Grünzeug wird die Nachbarn vollstinken!"

„Aber ja", erwiderte sie in gleicher Lautstärke und überreichte mir die Schere. „Ich komm da nicht hin. Kannst du bitte übernehmen?" Sie schwitzte im Gesicht und der Schweiß perlte von ihrer Stirn ab. Ich lächelte. „Klar." Dann ging ich in die Knie und benutzte beide Hände, weil ich zu wenig Kraft in einer hatte. Es knackte und der Ast war ab. „Mehr beim Boden", Mama beugte sich über mich, „da, genau." Ich setzte direkt am Boden an und meine Finger verkrampften, als ich die Schere zusammendrückte. Man war verwundert gewesen, dass ich meinen Arm wieder bewegen konnte, doch ich musste trotzdem noch zur Physiotherapie. Es war mir gleich, ich bekam es ohnehin von B.F.A bezahlt, wo ich im Übrigen doch noch den Job angenommen hatte. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob es eine gute Entscheidung gewesen war.

Ich schnaufte, als ich abrutschte und die Schere in die Erde stieß. „Hast du dir wehgetan?", schob meine Mama sofort Panik und kniete sich neben mich hin.

„Was ist das?", murmelte sie daraufhin. „Wie kommt denn die her?"

In der Erde steckte eine kleine Figur. Ein Hase.

Mein Herz tat einen Satz. Ich griff danach. Und dann sah ich ihn. Er saß direkt neben mir und seine Augen sahen mich treuherzig an.

Ich hatte ihn wieder.

Su-ji, du kannst nicht ewig vor mir davonlaufen.

Die Wiese der toten TiereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt