16. Karaoke

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Die verschwitzten Leiber, der tanzenden Leute drängten sich gegen mich. Ich schob mich an ihnen vorbei, war mir sicher, bald einen blauen Schimmer zwischen ihnen erkennen zu können und hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass selbst in der Dunkelheit der Panther erschienen wäre. Tatsächlich fand ich kein Tier, nur Betrunkene, die im Takt zu ,Last Christmas' dahinschaukelten. Ich sah zur Bühne hoch und konnte meine Enttäuschung nicht verbergen. Hatte ich sie wieder verpasst?

Dann fiel mir ein flackerndes Licht mit einem Fluchtsymbol darauf auf und darunter eine Tür, die aufging und sich wieder schloss. Sie war neben der Bühne.

Ich setzte mich in Bewegung und mein Instinkt riet mir, dass ich richtig war.

Als ich davorstand, schlug mein Herz richtig schnell. VIP stand dort. Wer war dafür zuständig? Ich hatte keine Ahnung. Meine Kollegen hatten mir nichts davon erzählt. Konnte ich ...? Ehe ich mich versah, hatte ich eine Hand auf die Türklinke gelegt. Ich öffnete und trat ein.

Sofort spürte ich es. Es erschlug mich fast. Diese Angst, dieser Geruch, der sofort einen Panther in meinem Kopf erscheinen ließ. Und da war noch mehr. Ich schluckte schwer. Es roch, ich war mir nicht ganz sicher, nach einem Panda? Woher wusste ich überhaupt, wie ein Panda roch? Ich schüttelte den Kopf.

Ich stand in einem Gang, der zu beiden Seiten Türen hatte. Es waren nicht viele. Im flackernden grünen Neonröhrenlicht, sah ich fünf an der Zahl, wobei sie mit einer unterschiedlichen Markierung versehen waren. Man hörte Last Christmas kaum noch, stattdessen erklang eine andere Musik aus einem der Räume. Da waren ein Lachen und eine Stimme, die sang.

„Karaoke?", ich runzelte die Stirn.

Mein Instinkt riet mir Flucht und es war nicht leicht, sich dem zu widersetzen. Ich war größer, sie war kleiner. In der Realität hatte ich die Oberhand, oder so. Wenn sie mich angreifen würde, was ich nicht glaubte, konnte ich sie einfach packen. Aber sie hatte mich angelächelt. Bei dem Gedanken wurde mir ganz anders und die Todesangst ergab ab dem Punkt keinen Sinn mehr für mich. Wie konnte ich Anziehung und all das andere zur gleichen Zeit empfinden?

Ich versuchte mir eine Ausrede einfallen zu lassen, während ich die Alarmglocken in meinem Kopf ignorierte und losging.

Die letzte Tür war die, hinter der sie war. Ich war mir hundertprozentig sicher.

„Was machst du hier?"

Ich fuhr zusammen. Hinter mir stand Jo. Er grinste mich an. „Du weißt aber schon, wo die Toiletten sind?", fragte er mich. Als ich nicht antwortete, meinte er: „Hast du dich verlaufen?" Ich wollte etwas erwidern, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich schwitzte, meine Knie waren weich und ich glaubte, meine Beine würden gleich wegbrechen. „Halt das", er drückte mir das Tablett in die Hand und klopfte doch tatsächlich an.

Was...? Im Nachhinein hatte ich keine Ahnung mehr, wie ich es geschafft hatte einfach nur dazustehen und die leeren Schüsseln nicht fallen zu lassen.

„Ja, bitte?", es öffnete eine Frau, die ich noch nicht gesehen hatte, die aber einen Kakadu auf der Schulter hatte. Ich riss die Augen auf, weil ich mich erinnerte. Gleichzeitig strömte die Energie auf mich ein, die sich im Raum dahinter angesammelt hatte. Es erschlug mich regelrecht. Damit hatte ich nicht gerechnet.

Ich wusste, dass sobald ich eintrat...

„Bei Ihnen alles in Ordnung? Benötigen Sie noch etwas?", fragte Jo höflich und lächelte. Die Frau verzog das Gesicht, sah mich an und rümpfte die Nase. „Nein, Danke", dann schlug sie uns die Tür vor der Nase zu.

... ich mit Sicherheit sterben würde. Und doch...

„Ach, immer diese VIPS." Er sprach jeden Buchstaben einzeln und mit einer Spur Gereiztheit aus. „Komm. Gehen wir zur Küche." Er ging vor, blieb dann aber stehen, weil ich ihm nicht folgte. „Hilde?", er drehte sich zu mir um.

Die Wiese der toten TiereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt