~9~ Gespräch

385 43 13
                                    


"Jay, du bist eine starke Frau", stottere ich nun mit Tränen in den Augen.

"Ich gebe mein Bestes..."

"Danke Jay, dass du so einen wundervollen Sohn auf die Welt gebracht hast."

Ich wische mir mit der Hand über meine Augen, lasse die Tränen in meinen Ärmel einziehen.

"Pass auf ihn auf, ja?"

Vergebens versuche ich zu nicken. Stattdessen flüstere ich ihr leise ein paar Wörter zu. Als ich vorsichtig ihre kalte Hand ergreife, klopft es an der Türe. Ein Mann mit weißen Kittel kommt herein, schickt mich heraus.

"Ich bleibe hier, komme nachher noch einmal."

Sie drückt mit einen Kuss auf die Wange, bevor ich das Zimmer verlasse. Sofort kommt Louis auf mich zu gerannt, möchte an mit vorbei. Ich halte ihn auf, lege meine Arme um ihn.

"Was ist mit ihr? Harry? Geht's ihr gut?"

"Es geht ihr den Umständen entsprechend."

"Aber wieso, wieso ist der Arzt herein gerannt?"

"Lass uns nach draußen gehen."

Ich drücke ihn noch einmal fest an meine Brust, bevor ich ihn los lasse und wir zusammen das Krankenhaus verlassen. Schweigend laufen wir neben einander her, wechseln kein Wort. Die Stille erdrückt mich. Mein Herz pocht schnell.

"Also Harry, was hat der Arzt da drin gemacht?"

"Ihre Hand... sie war ganz kalt Lou. Ich weiß nicht. Sie schafft das...ganz bestimmt."

Ich reise das Moß aus der Steinkante, auf der wir sitzen. Louis spielt mit seinen kleinen Fingern, lässt sie knacken. Sofort springe ich auf, stelle mich zwischen seine Beine, die ich auseinander gedrückt habe, nehme seine Hände in meine und schaue ihn tief in die Augen. Sofort verliere ich mich. Das Blau, ein wenig rot unterlaufen, was meinem Herz einen Stich versetzt.

"Du musst stark sein, okay? Wir schaffen das, sie schafft es."

"Wie kannst du so optimistisch sein? Du, Mama, du hast sie selbst gesehen..."

"Weil ich weiß, wie stark Jay ist. Und das weißt du auch. Aber weshalb ich dich heraus gezerrt habe, ich möchte mit dir reden. Über alles. Ich habe es Jay versprochen. Und auch ich möchte endlich meinen inneren Frieden damit finden."

"Das, das finde ich schön. Ich habe jeden Tag an dich gedacht, jede Sekunde überlegt, wie ich Kontakt zu dir herstellen kann. Mich erklären kann. Aber dann sind wir weg gezogen, habe erfahren, dass du einen Freund hast. Und damit wollte ich, als dein Ex, deine Vergangenheit nicht aufreißen. Und erst Recht nicht deine Beziehung zerstören, da ich weiß, wie unschön es ist, wenn der Ex plötzlich wieder ein Thema im Leben ist."

"Du bist viel mehr als ein Ex Louis. Ja, ich habe einen Freund. Einen Freund, den ich seit zwei Jahren liebe. Aber das ist nicht das Problem. Ich bin ein freier Mann, kann Freunde haben, auf die er keinen Einfluss hat. Das ist eine gesunde Beziehung."

Vorsichtig nickt er. Auch ich lasse seine Hände frei, trete einen Schritt zurück und setze mich wieder neben ihn.

"Was ist damals passiert Louis? Ich möchte gerne deinen Teil hören, bevor ich meinen erzähle."

"Es war damals noch beim Fussball. Du hast es ja gesehen. Ich sage im Vorhinein, ja ich habe Schuld. Ich möchte nicht die ganze Schuld weg schieben, aber ich erzähle dir, wie es abgelaufen ist.

Es war nach dem Training, ich habe auf dich gewartet. Die anderen aus meiner Mannschaft, du weißt vielleicht noch, dass sie nicht die tolerantesten waren, vielleicht auch noch sind. Aber ich stande draußen, bin zu den anderen noch hin, weil ich dich nicht sehen konnte. In der Gruppe, stande auch Eleanor. Ein Mädchen aus meinem Jahrgang. Ich wusste, sie steht auf mich. Aber ich habe noch nie Interesse an ihr gezeigt, geschweige haben wir uns schon Mal mehr als drei Sätze lang unterhalten.

Aufjedenfall hat sie dann jemand geschubst, in meine Richtung. Sie hat damit nicht gerechnet, wäre fast hingefallen. Ich habe sie auf gefangen, wollte sie dann aber wieder los lassen. Doch dann hatte ich schon ihre Lippen auf meinen. Die anderen haben uns zugerufen, immer wieder. Ich habe den Kuss zuerst nicht erwidert, doch irgendwann, vielleicht nach ein paar Sekunden, habe ich mit gespielt. Wollte Hetero wirken. Ich habe mich nicht für dich geschämt, bitte denk das niemals.

Du warst mein wertvollster Besitz.

Und dann, dann habe ich dich gesehen. Wie du uns anschaust, danach bist du weg gerannt. Und ab dann weißt du glaube ich alles."

Ich schlucke. Lasse seine Worte sacken. Er hat mich tatsächlich betrogen. Aber er hat nicht angefangen. Ein Zuspiel, aus vielen Faktoren.

"Danke, dass du es mir erzählt hast."

"Du verdienst du Wahrheit. Du verdienst nur das Beste."

"Ich muss, ich muss darüber nachdenken. Ich melde mich bei dir, versprochen. Zuerst sage ich deiner Mutter noch tschüss, fahre dann nach London zurück. Du bist immer in meinem Herzen Louis. Ich bin nicht böse auf dich, hab bitte kein schlechtes Gewissen. Es ist alles blöd gelaufen."

"Ich gebe mir die Schuld, an allem was damals passiert ist. Das wird immer so sein, egal was du sagst Haz. Ich habe selbst eine Therapie gemacht. Habe gelernt, damit umzugehen. Ich möchte dir jetzt kein schlechtes Gewissen machen, aber die Zeit danach, als ich wusste ich habe dich für immer verloren, war extrem schlimm. Ich habe glaube ich 15 Kilo abgenommen, war nur in meinem Zimmer, habe alles gemieden. Aber ich habe gelernt wieder zu leben, wie du auch. Ich bin stolz auf dich, dass du das alles meisterst. Du bist stark, so liebevoll und ein guter Mensch. Guiliano kann sich glücklich schätzen, so einen Freund zu haben."

Loving is the antidote {Larry Stylinson}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt