Mein Körper fühlte sich schwerer und die Gravitation stärker an. Schwerfällig schleppte ich mich durch die Cafeteria, vorbei an all denen, deren Leben normal weiterging. Vorbei an denen, die gestern nicht den körperlosen Sarg ihrer besten Freundin in die Erde lassen mussten. Sie kannten nicht einmal die Wahrheit und dachten, sie sei durch ein chemisches Leck aus dem Hawkins Labor gestorben. Aber immerhin konnten Barbaras Eltern endlich Frieden finden und damit abschließen. Auch ich fühlte mich besser, da ich sie jetzt nicht mehr anlügen musste.
Ich war noch unschlüssig, wohin ich mich setzen sollte. In der Nähe hörte ich Chrissy und die anderen Cheerleader. Sie unterhielt sich mit Jason, einem Mitglied des Basketballteams. Schon seit einiger Zeit schwärmte sie für ihn und ich war mir ziemlich sicher, dass auch er von ihr angetan war. Ich beschloss, sie in Ruhe zu lassen und ihre Stimmung nicht zu ruinieren. Sie wirkte so glücklich. Also schlenderte ich weiter, entschied mich schließlich, allein zu essen und setzte mich an einen leeren Tisch. Ich packte mein Essen aus, welches ich mir immer selbstkochte, da der Fraß, den sie einem hier auftischten, ungenießbar war. Doch als das Essen schließlich vor mir stand, verging mir der Appetit. Ich seufzte tief und lehnte mich zurück. Lustlos stocherte ich in meinem Essen herum. Langsam blendete ich die überflüssigen Geräusche aus und lauschte den anderen Gesprächen. Vielleicht fand sich ja etwas Interessantes.
„Bist du dir wirklich sicher?", fragte ein Mädchen schockiert und senkte anschließend ihre Stimme.
Ein anderes antwortete. „Ja, zu hundert Prozent! Meine Periode hätte schon vor zwei Wochen kommen sollen!"
„Vor zwei Wochen?!"
„Ja, ich weiß, es war ein dummer Fehler!"
„Stacey, das ist nicht nur ein dummer Fehler! Warum hast du überhaupt mit Kyle geschlafen?"
„Naja, ich dachte, so könnte ich Billy eins auswischen... Vielleicht würde er dann eifersüchtig werden, wenn ich mit Kyle gehe!"
Ich blinzelte mehrmals. Bitte was? Billy? Eifersüchtig? Pah! Der war froh, als er dich endlich los war, Stacey. Lächerlich. Gelangweilt suchte ich mir ein neues Gespräch.
„Sieht wohl so aus, als würde ich dieses Jahr wieder sitzenbleiben.", sagte diesmal ein Junge und seufzte.
Der Freund, mit dem er sich zu unterhalten schien, schnaubte belustigt. „Dein Ernst, Eddie? Schon wieder?"
„Selbst, wenn ich mich jetzt richtig reinhängen würde, würde ich trotzdem in Englisch durchfallen. Der Alte hasst mich."
„Das stimmt schon, der hat es echt auf dich abgesehen. Aber was ist mit den anderen Fächern?"
Gespannt hörte ich zu, doch wurde plötzlich durch einen Knall aus meiner Konzentration gerissen. Erschrocken zuckte ich zusammen. Was war das denn?
Billy, der viel zu laut, sein Tablett auf dem Tisch ablegte, setzte sich neben mich. Natürlich. Wer sonst?
„Ich dachte, du hättest daraus gelernt?", fragte er neckend und ich wusste ganz genau, dass er mich angrinste.
Seufzend setzte ich mich auf. „Ja, hab ich auch, aber heute ist es mir so ziemlich egal."
Für einen Moment blieb er still und entschied sich dazu, auch vorerst so zu verweilen. Schweigend saßen wir am Tisch. Ich beschloss, lieber etwas zu essen, bevor sich der Hunger in mir aufstaute und am Abend zu einer Heißhungerattacke heranwuchs. Gerade wollte ich anfangen zu essen, da stellte ich fest, dass ich mir heute morgen die Hähnchenbrust nicht von Alex hatte schneiden lassen. Das war meine Chance. Es hatte bereits bei Chrissy funktioniert, warum nicht auch bei Billy?
Ich seufzte ein wenig lauter als sonst. „So ein Mist."
Billy hörte auf, zu essen. „Was ist?"
„Ich hab vergessen, meiner Schwester zu sagen, mein Essen zu schneiden."
Mit klopfendem Herzen wartete ich auf eine Antwort. Na, komm schon!
„Sieht wohl so aus, als ob du dir dein Hühnchen wohl aufspießen musst. Oder verhungerst.", sagte er und schnaubte belustigt.
„Sehr witzig!"
Dann wurde es wieder einen Moment still. Doch schließlich brach er die Stille mit meiner erhofften Antwort. Wusst' ich's doch! Hah!
„Na, gib schon her, ich schneid es für dich.", sagte er schließlich in einem sanften Ton, wie ich ihn noch nie bei ihm vernommen hatte. „Soll ich dich auch füttern?"
Ich lachte auf. „Tatsächlich könnte ich mir gerade nichts Unangenehmeres vorstellen."
Auch er musste lachen und schnitt mein Hühnchen in mundgerechte Stücke. Ich bedankte mich und wir aßen weiter. Dadurch, dass er mir geholfen hatte, war er ein Stück näher gerückt und wieder stieg mir der Duft seines Parfums in die Nase. Diesmal vermischte es sich mit seinem Eigengeruch und bildete einen Duft, den ich so schnell nicht vergessen würde. Er war mild, leicht süßlich mit einer würzigen Note, die seinem Parfum zu verdanken war. Dieser Duft war kaum vergleichbar mit dem, was ich bei unserer ersten Begegnung gerochen hatte. Obwohl ich mich mit der Intension an diesen Tisch gesetzte hatte, allein zu sein, stellte sich Billys Gesellschaft als durchaus erfreulich heraus. Doch auch er bemerkte, dass ich heute außergewöhnlich still war.
„Dot?"
„Ja?
„Willst du darüber reden?"
Ich sah zu ihm auf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Perplex blieb ich ruhig, da ich nicht wirklich wusste, was ich dazu sagen sollte. Billy schluckte und seufzte.
„Ich hab dich gestern bei der Beerdigung gesehen."
„Du warst auch da?"
„Nein, ich... Ich hab von Weitem zugesehen. Schließlich kannte ich sie nur aus deinen Erzählungen. Tut mir wirklich leid, was passiert ist. Ich dachte nur, dass mich wahrscheinlich niemand dahaben wollte. Das hätte nur für schräge Blicke gesorgt."
„Oh Billy, das... das wusste ich gar nicht. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, außer... naja, ich hätte dich gerne dabeigehabt."
Das hatte ich nicht ernsthaft gesagt, oder?
Billy schnaubte belustigt. „Danke, Dot... Das ist wirklich süß von dir."
War ich im falschen Film?
„Ach, übrigens...", begann er schließlich zögernd. „Ich weiß, es ist noch recht früh, aber... Es soll doch bald dieser Winter Ball stattfinden und eigentlich finde ich solche Veranstaltungen ohne Alkohol lächerlich, aber ich könnte mir vorstellen, dass es mit dir vielleicht auszuhalten wäre."
Ich nickte. „Vielleicht."
Billy lachte und während er versuchte, die richtigen Worte zu finden, stammelte er ein wenig. Ein Ereignis, dass auch nur stattfand, wenn alle Sterne in der richtigen Position standen.
„Dot, ich... Willst du mit mir zum Winter Ball gehen?", fragte er endlich und seufzte. „Ich weiß, wir hatten einen schweren Start, aber... ich hatte gehofft, wir könnten nochmal anfangen, weißt du?"

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Ich bin Dottie || Billy & Eddie Stranger Things Fanfiction
FanfictionDottie hat tatsächlich Superkräfte, aber nur wenige wissen davon. Die meisten denken, ihre Superkraft sei zu laufen und sich zu verhalten wie jeder andere, obwohl sie blind ist. Aber nur ihre Freunde und ihre Familie wissen, was für Kräfte sie wirk...