Kapitel 15: Feuerwerk

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„Ist sie wach?"
„Kann sie sehen?"
„Was ist ihre Augenfarbe?"
„Sind ihre Augen immer noch weiß?"
„Atmet sie überhaupt noch?"
„Kann sie uns hören?"
„Laut und deutlich.", sagte ich schließlich leise und plötzlich hielten alle gespannt den Atem an.
Mein Körper fühlte sich schwer und meine Gliedmaßen taub an. Ich musste meine Augen zukneifen, da mich das künstliche Licht blendete. Als sich meine Augen endlich an das Licht gewöhnt hatten, blinzelte ich mehrmals. Schnell stellte ich fest, dass ich mich nicht in einem Krankenhaus befand. Gott sei Dank. Wie sollte man so etwas einem normalen Arzt erklären? Ich schien auf unserer Couch zu liegen, Gandalf auf meinen Beinen schlafend, wie ich feststellte, als ich diese zu bewegen versuchte. Langsam drehte ich meinen Kopf zu meiner Linken und sah das Gesicht meiner Mutter dicht vor mir. Ich konnte sie tatsächlich sehen. Sofort kamen Tränen der Freude in mir hoch.
„Mutter?", hauchte ich und musste weinen. Auch Mutter konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und nahm mich in den Arm. Vorsichtig half sie mir dabei, mich aufzusetzen und Gandalf sprang empört auf den Boden und verließ erhobenen Hauptes das Wohnzimmer. Als ich von Mutter aufsah, stellte ich fest, dass sie scheinbar ganz Hawkins zusammengerufen hatte... nur kannte ich kein einziges Gesicht. Doch zuerst war es Alex, die auf mich zukam und mir um den Hals fiel, wie auch Betsy, Hailey und Gwendolyn. Sie sahen alle so viel älter aus, als in meiner Erinnerung, was auch Sinn ergab, da wir uns noch immer in der Pubertät befanden und zwei Jahre einen großen Unterschied machten. Schließlich kam auch Cordelia zu mir und umarmte mich. Francesca stand im Türrahmen zur Eingangshalle und sah nur zu. Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich sehen, dass ihre Augen und die Haut darum gerötet waren. Sie hatte geweint. Nun lächelte sie mich kurz an, nickte anerkennend und ging schließlich wieder nach oben. Ich würde definitiv noch mit ihr sprechen wollen, doch zunächst konzentrierte ich mich auf diejenigen, die jetzt hier waren.
Als ich meinen Blick wieder zur Hawkinsversammlung wandte, wusste ich nicht, wo genau ich hinsehen sollte. So viele neue Gesichter.
Mutter setzte sich schließlich neben mich und lächelte mich an.
„Ich hatte mir gedacht, dass wir vielleicht mit einer kleinen Vorstellungsrunde beginnen. Wie wäre das?"
Ich schnaubte belustigt. „Ja klar, warum nicht?"
Erwartungsvoll sah ich zu den anderen, die sich Blicke zuwarfen, weil sie nicht wussten, wer anfangen sollte. Während sie sich noch absprachen (jedoch ohne Worte, weil es die Überraschung vorwegnehmen würde), musterte ich sie. Ein hübsches Mädchen, mit langen roten Haaren und Sommersprossen. Daneben ein dunkelhäutiger, großer Junge. Ein Mädchen mit braunen Haaren in Kinnlänge. Neben ihr ein schlaksiger Junge mit wuscheligen, dunklen Haaren, der irgendwie so aussah, als hätte er was Bestimmtes geraucht. Ein kleiner Junge, mit Topfschnitt (wer auch immer dachte, dass das eine gute Idee sei) und großen Augen. Ein weiterer kleiner Junge, mit Kappe und Lockenkopf. Das konnte nur Dustin sein! Unwillkürlich musste ich grinsen. Dann ein älteres, zierliches Mädchen mit einem lockigen Bob. Ein Junge, mit unordentlichen Haaren und lässigen Klamotten. Ein weiterer mit perfekt gestylten Haaren, der leicht genervt erschien. Und ein großer, muskulöser Junge, mit Jeansjacke. Am Tisch saß eine kleine, dunkelhaarige Frau und ein ziemlich großer, Schnauzbärtiger Mann in Polizeiuniform. Das konnten nur Joyce Byers und Sheriff Jim Hopper sein. Warm lächelten sie mich an und ich lächelte zurück.
Nach einiger Zeit haben sie sich endlich geeinigt und sich in der richtigen Reihenfolge aufgestellt. Ich musste kichern.
Mutter seufzte erleichtert. „Also, habt ihr euch endlich geeinigt?"
Sie nickten und es ging los.
„Also, ich fange mal an. Ich bin Nancy."
„Hey, ich bin Max."
„Ich bin Elfie."
„Mike."
„Lucas."
„Na, Dottie? Ich bin's! Dustin!"
„Und ich bin Will!"
„Jonathan."
„Steve."
Der letzte zwinkerte mir zu. „Billy."
Sofort blieb mein Herz stehen und ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen stieg. Ich blinzelte mehrmals und musste schlucken. Billy grinste und zog die Augenbrauen hoch.
„Hab ich dich enttäuscht?", fragte dieser neckend.
Schnell räusperte ich mich. „Was? Nein! Ich... Es ist nur... Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du... naja... Ist auch nicht so wichtig."
Um meine Unbeholfenheit zu überspielen, stand ich schließlich auf und blickte in die Runde. Dies stellte sich jedoch als gar nicht einfach heraus, da meine Augen nur aufgeregt und völlig überfordert von einer Person zur nächsten sprangen und wieder zurück.
„Ich... Danke. Danke, dass ihr alle hier seid. Und..."
Nervös und reizüberflutet stand ich vor ihnen und bekam plötzlich keinen Satz heraus. Noch immer verstand ich nicht, was geschehen war. Die Erinnerungen aus der Dunkelheit und New Orleans überwältigten mich.
„Endlich bin ich frei". Diese Worte hallten noch immer in meinem Kopf wider und wollten einfach nicht verstummen. Ich versuchte, die Gedanken wegzublinzeln und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Doch Billy bemerkte, dass was nicht stimmte und sah mich besorgt an. Vorsichtig legte er einen Arm um mich und sah mir in die Augen.
„Dot? Willst du dich lieber setzen? Komm, ich helf dir."
Langsam begleitete er mich zum Sofa und setzte sich neben mich. Mit großen Augen musterte ich ihn und konnte noch immer nicht fassen, dass es wirklich Billy war, der neben mir saß. Er hatte halblange, lockige, blonde Haare, sanfte blaue Augen, ließ sich einen Schnauzer wachsen (das wusste ich bereits, jedoch wurde mir das jetzt erst wirklich bewusst) und hatte das charmanteste Lächeln, das ich je gesehen hatte. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Jetzt wusste ich, warum so viele Mädchen mit ihm gehen wollten. Billy lachte und ich konnte einfach nicht aufhören, ihn anzuhimmeln.
„Warum hat mir niemand gesagt, dass du...", sagte ich leise vor mich hin, ohne meinen Blick von ihm zu wenden.
„Was nicht gesagt?"
Ich blinzelte mehrmals. Schließlich sah ich meine Schwestern vorwurfsvoll an.
„Ihr habt mich einfach so mit ihm rumlaufen lassen und mir nichts gesagt?!"
Betsy zuckte mit den Schultern. „Naja, hätte dich wahrscheinlich eh nicht interessiert."
„Genau. Du hattest ihn sowieso dafür verachtet, dass er nur auf sein Äußeres zählt."
Ich seufzte. „Das war doch bevor wir ein Paar waren!"
„Hab ich was verpasst?", fragte Billy verwirrt und blickte sich um. Sein Blick wanderte von meinen Schwestern zu mir und wieder zurück. „Was ist passiert? Sehe ich nicht gut genug aus?"
Ich lachte auf und meine Schwestern taten es mir gleich. Noch immer verstand Billy nicht, was das Problem war.
„Wohl eher im Gegenteil.", erklärte Alex und wippte mit den Augenbrauen. Daraufhin blinzelte Billy mehrmals und lächelte mich schließlich an. Auch ich musste sein Lächeln erwidern und er nahm mich in den Arm.
„Das ist ja alles schön und gut, aber...", begann Dustin schließlich uns zu unterbrechen. „Du hast immer noch nicht gesehen, wie gut ich beim Schnee Ball aussah!"
Will nickte aufgeregt. „Oder meine Zeichnung von Zombie Boy und Psychic Witch!"
„Oder ein Foto von Barb.", fügte Nancy traurig lächelnd hinzu.
Ich sah in die Runde und begann strahlend zu nicken. Mit einem Mal begriff ich, wie viele wundervolle Freunde ich hatte. Und sie endlich sehen zu können, überwältigte mich. Mehr als alles andere hatte ich mir gewünscht, sie alle lächeln zu sehen. Dieser Moment würde mir für immer in Erinnerung bleiben. Aufgeregt setzte Dustin sich zu meiner linken auf die Couch. Auch die anderen versammelten sich um uns herum. Sie zeigten mir Fotos von Halloween, als Dustin, Will, Lucas und Mike als Ghostbusters verkleidet waren und das war so ziemlich das niedlichste, das ich je gesehen hatte. Das konnte nur von einem Bild von Dustin getoppt werden, wie er sich für den Schnee Ball schickgemacht hatte. Dieses Lächeln, diese Frisur und dieser kleine Anzug verschönerten meinen Tag um ein Vielfaches. Endlich sah ich auch Barb, mit ihrer großen Brille, den Sommersprossen, ihren roten Haaren und wunderschönem Lächeln. Sie auf dem Foto zu sehen, ließ mich endlich begreifen, dass ich sie niemals wirklich sehen würde. Weinend und lachend, lagen Nancy und ich uns in den Armen. Dann sah ich auch endlich Wills Zeichnungen, die er für mich angefertigt hatte. Der Kleine hatte wirklich Talent und dabei war er noch so jung! Dankend nahm ich ihn in den Arm. Max versprach mir noch, mir ihre Tricks auf dem Skateboard zu zeigen, Dustin wollte mich nochmal mit in die Arcade nehmen und Will wollte mir das Zeichnen beibringen. Aufgeregt schmiedeten wir jede Menge Pläne und ich konnte für einen Augenblick all meine Sorgen vergessen.

Ich bin Dottie || Billy & Eddie Stranger Things FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt