Kapitel 5

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"Ok. Das ist eine verdammt lange Geschichte. Naja, so lang jetzt auch nicht. Also, erstmal musst du wissen dass ich damals 5 und Eddie 9 war. Das ist relevant für die Geschichte. Außerdem hat unser Vater sich schon immer gerne betrunken. Nicht zu viel, aber manchmal schon. Unsere Mutter wollte mich einmal vom Kindergarten abholen, und danach Eddie von der Schule. Allerdings hatte sie einen sehr sehr schweren Autounfall. Sie lag 4 Monate im Koma, bevor sie dann am Geburtstag unserers Vaters gestorben ist. Das hat und natürlich alle komplett zerstört. Papa hat angefangen, viel mehr zu trinken als früher, und auch härtere Sachen. Irgendwann hat er dann auf einmal uns die Schuld an Mamas Tod gegeben. Sie wollte uns abholen und hatte dann einen Unfall, also war es für Papa unsere Schuld. Er hat angefangen uns zu schlagen. Und es ist immer und immer schlimmer geworden. Es lief immer gleich ab. Er würde eine halbe Vodka Flasche oder so trinken, dann Eddie oder mich zusammen schlagen und dann schlafen gehen. Das ganze ging fast 2 Jahre lang so. Zum Glück hat irgendwann eine Lehrerin meine blauen Flecken entdeckt und uns von unserem Vater weg geholt. Er ist dann wegen Kindesmisshandlung und zahlreichem Diebstahl ins Gefängnis gekommen. Anscheinend hatte er den Alkohol nie bezahlt. Er sitzt immernoch hinter Gittern. Er ist zwar 3 mal raus gekommen, hat dann allerdings wieder Straftaten begangen und ist wieder eingesperrt worden. Danach sind wir hierhin gezogen, zum Bruder unserer Mutter. Eddie und ich besuchen Papa einmal alle 6 Monate im Gefängnis, keine Ahnung warum. Ich hoffe, er bleibt für immer im Knast."

Erst jetzt merkte ich, dass eine Träne über meine Wange lief. Max schloss mich nach meiner Geschichte ohne zu zögern in eine feste Umarmung. Es kostete mich ziemlich viel Kraft, um nicht zu weinen. Die ganzen Erinnerungen nochmal zu durchleben war schrecklich gewesen.

"Wow Stella, ich wusste nicht dass du soviel durchgemacht hast. Du bist wirklich stark." murmelte Max. Ich kicherte. "Sind wir beide." meinte ich.

Danach legten wir uns schlafen, wir lagen Rücken an Rücken. Und zum ersten Mal seit 10 Jahren, fühlte ich die Zuneigung einer weiblichen Person. Diese Zuneigung hatte seit dem Tod meiner Mutter gefehlt, sie erfüllte mein inneres mit einer wohligen Wärme und ich fühlte mich zum ersten Mal seit einer Weile wieder richtig gut.

Danach versuchte ich zu schlafen, jedoch konnte ich es nicht. Ich musste die ganze Zeit an Eddie denken und Max' Anwesenheit beruhigte mich zwar, machte mich aber gleichzeitig auch irgendwie nervös. Und ich wusste nicht mal, warum das so war. Mein Herz klopte wie wild in meiner Brust.

Ich konnte an Max' Atmung hören, dass sie mittlerweile eingeschlafen war. Also stand ich vorsichtig und so leise wie möglich auf, und ging rüber zu ihr. Ich starrte sie an. Sie sah so schön aus, sogar beim schlafen. Trotzdem konnte ich sehen, dass sie selbst beim schlafen traurig aussah. Das konnte nicht so weitergehen. Schnell ging ich in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen.

Wieder musste ich an Eddie denken. War das sein Schrei gewesen? Warum war er so schnell weggefahren? Wenn er nur etwas in der Schule vergessen hatte, wäre er doch mittlerweile zurück. Was war passiert?

Ich schüttelte den Kopf. Darüber konnte ich mir morgen noch lange genug den Kopf zerbrechen. Doch nun sollte ich schlafen. Mein Körper brauchte Ruhe. Schnell trank ich das Glas aus und schlich wieder zurück in Max' Zimmer. Ich legte mich ins Bett, doch ich konnte weiterhin nicht schlafen. Ich hatte mich mehrmals hin und her gedreht und dabei Max fast geweckt, bevor ich mich aufsetzte, mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht pustete und genervt aufstöhnte.

Ich hatte alles versucht, doch ich konnte einfach nicht einschlafen. Langsam wurde es lächerlich. Mein Körper war müde, mein Kopf sah den Fakt dass Max neben mir lag, jedoch anscheinend als Grund um die ganze Zeit wach zu bleiben. Es war frustrierend. Ich legte mich wieder hin und versuchte, meine Gedanken einfach ziehen zu lassen.

Ich dachte an Mama. Sie würde von oben auf mich herabschauen und sich freuen, dass ich mich so gut mit Max verstand. Ich dachte an Papa. Ganz egal was er grade machte, ich hoffte dass er leidete. Ich dachte an Onkel Wayne. Er arbeitete grade wahrscheinlich fleißig in der Fabrik. Ich dachte an Eddie. Ich wusste nicht wo er grade war, doch ich hoffte dass es ihm gut ging.

Ich dachte an Mike und Dustin, die grade sicherlich tief und fest schliefen. Ich dachte an Lucas, der grade bestimmt noch mit dem Basketball Team den Sieg feierte.

Ich dachte an Elfi, Will und Jonathan. Wie sehr ich sie vermisste. Die 3 saßen gerade wahrscheinlich noch beim Abendessen.

Und ich dachte an Max, die grade neben mir lag und schlief. Ich dachte an ihre Schönheit. Ihre roten Haare, ihre blauen Augen. Ihre sarkastische Art. Ihre Stimme.

War das Liebe? Verliebte Ich mich in Max?

Oh verdammt.

The freak and the lonerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt