Kapitel 12

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Ich hörte Reifen quietschen. Die anderen waren da. Schnell rannte ich zum Fenster. "Freust du dich so sehr auf Max?" witzelte Eddie hinter mir. In Gedanken warf ich ihn mit einem Kissen ab.

Ich konnte Max durch das Fenster sehen, sie sah aber irgendwie überhaupt nicht glücklich aus. Das wunderte mich zuerst nicht. Max sah in letzter Zeit öfter so aus.

Die Tür zur Garage wurde aufgemacht und die anderen kamen rein. Sofort umarmte ich Dustin und Max. Währenddessen sah ich zu Steve, der ebenfalls sehr unglücklich aussah. Das ließ mich skeptisch werden.

"Was ist los?" fragte ich Dustin, als wir die Umarmung lösten. "Erzähl ich dir gleich." antwortete dieser. Schnell verabschiedete ich mich von Eddie und ging mit den anderen zurück zum Auto.

"Was ist los?"  fragte ich nun nochmal mit Nachdruck.

"Es ist passiert." erklärte Dustin.

"Was ist passiert?" wollte ich wissen.

"Ich habe Vecnas Uhr gesehen. Ich werde heute sterben." meinte Max.

Mein Atem stockte und mein Augen füllten sich mit Tränen. Sofort umarmte ich Max so fest ich konnte. Sie umarmte mich zurück. Wissend dass ich nichts dagegen tun konnte, löste ich mich nach einigen Sekunden von ihr und wischte meine Tränen weg.

"Was machen wir denn jetzt?" fragte ich verzweifelt. "Wir hoffen, dass alles gut wird." meinte Steve. "Es wird aber nicht alles gut werden! Ich werde heute sterben, dass ist jetzt nunmal so!" erwiderte Max sauer.

"Das heißt, wir nehmen es jetzt einfach als gegeben hin, dass Max irgendwann im Laufe des Tages in die Luft fliegt und ihre Knochen brechen?" fragte ich ungläubig.

"Naja, wir klappern erstmal noch Orte ab, die Max nochmal besuchen möchte." erklärte Dustin.

Wir setzten uns in Steve's Auto und fuhren los. Ich saß mit Max auf der hinteren Fahrbank und hatte den Kopf ans Fenster gelehnt. Meine Hände lagen in meinem Schoß und ich ließ meine Gedanken umher ziehen.

Sollte ich Max heute noch meine Liebe gestehen? Wenn ich es heute nicht tat würde ich es nie tun können. Aber ich wusste genau, dass ich mich im richtigen Moment niemals dazu aufraffen könnte, den Mund aufzumachen.

Aber ich musste es heute tun. Sonst würde ich den Rest meines Lebens damit zu kämpfen haben, dass ich es ihr heute nicht gesagt hatte.

"Stella?" riss Max mich aus meinen Gedanken. "Hm?" antwortete ich, nahm meinen Kopf vom Fenster und sah sie an.

"Den wollte ich dir noch geben." erzählte Max und hielt mir einen Brief entgegen. Ich nahm ihn an. "Ließ ihn erst... Wenn es passiert ist." meinte Max und drehte ihren Kopf wieder in Richtung Fenster.

Ich starrte unschlüssig auf das kleine Stück Papier in meinen Händen. Doch ich kam nicht mehr dazu, noch etwas zu sagen, da wir anhielten. Ich sah aus dem Fenster. Wir waren im Trailer Park.

Ich konnte meine Wohnung sehen. Die gelben Absperrbänder, die im Wind flatterten. Es war so seltsam, zu wissen, dass in meinem Zuhause jemand gestorben war.

"Das muss jetzt aber schnell gehen Mayfield." meinte Steve. "20 Sekunden." murmelte Max, schnallte sich ab und stieg aus dem Auto.

"Hat das Ding eigentlich Batterien drin?" fragte Steve und zeigte dabei aus das Walkie - Talkie, dass Dustin in den Händen hielt. "Auf die Frage antwortete ich gar nicht erst." meinte Dustin.

Ich hörte dem Gespräch nicht weiter zu. Gerade jetzt hatte ich Zeit die neusten Informationen zu verarbeiten. Max würde heute sterben und ich konnte nichts dagegen tun. Eine Träne lief über meine Wange. Meine Vorstellungen, davon ihr meine Liebe zu gestehen, konnte ich jetzt begraben.

Das einzige was ich tun konnte war meine vielen, gut durchdachten Pläne über Bord werfen und Max sobald wie möglich damit zu überfallen. Es wäre sowieso egal. Wir würden niemals zusammen kommen.

Immerhin wäre es auch egal, wenn Max mich als krank oder verrückt bezeichnen würde. Denn wir würden uns sowieso nie wieder sehen.

"Wo bleibt sie denn?" fragte Steve und ich zuckte zusammen. Dustin und Steve stiegen aus dem Auto und ich tat es ihnen gleich.

Nach ein paar Minuten kam Max zurück gehetzt. Sie hatte Tränen in den Augen. "Das waren mehr als 20 Sekunden." meinte Steve. "Hey Hey Hey, alles gut?" fragte er, als er Max' Gesichtsausdruck sah. "Mir geht's gut. Können wir losfahren?" antwortete Max und stieg ins Auto. Wir taten dasselbe.

"Was ist passiert?" wollte ich wissen. "Gar nichts! Können wir bitte einfach losfahren?" wies Max mich ab. Steve startete den Motor und das Auto setzte sich in Bewegung.

"Wohin willst du denn jetzt?" fragte Dustin. "Roane Hill Friedhof."

"Da liegt doch Billy oder nicht?" stellte Steve fest. "Ja, deswegen will ich ja dahin. Ich hab... auch noch einen Brief für ihn." meinte Max.

The freak and the lonerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt