Teil2

639 51 14
                                    


Annalena saß eingekuschelt in eine weiße Decke auf dem Fensterbrett, Mélanie hatte dieses als kleine Leseecke ausgebaut, direkt am großen Fenster im 1. Stock. Aus dem Annalena nun nach draußen schaute. Es hatte tatsächlich über Nacht geschneit, nicht viel aber eine feine weiße Schicht lag über dem Gras und auf den Bäumen. Der Abend war schneller und anderes geendet als Annalena sich das gewünscht hatte.

----------------------------------------------------------------------------------------------

Mia kam ins Wohnzimmer, mit Tränchen in den Augen, sie konnte nicht schlafen, es war alles so ungewohnt und sie brauchte ihre Mama. Schweren Herzens stand Annalena auf, drückte Mélanies Hand und folgte ihrer Tochter. Das Gästeschlafzimmer war in der ersten Etage und verfügte neben einem großen Bett, in dem Luna schlafend lag, auch über ein kleines Bad und einen Balkon. Alles war in angenehmen Holztönen eingerichtet. Die Politikerin zog sich schnell um, ging ins Bad und schlüpfte dann unter die Decke. Mia kuschelte sich an sie, die Kleine schlief recht schnell wieder ein. Doch Annalena lag lange wach. Was hatte sie gerade getan? Ein Kuss, was hatte sie sich den dabei gedacht. Es hatte sich so gut angefühlt, nach der Zeit, in der sie sich nicht gesehen hatten. In ihren Armen zu liegen, einen anderen Körper zu berühren.

Bereits im August bei ihrem ersten Besuch in Kanada hatte sie dieses Kribbeln gespürt. Jede flüchtige Berührung hatte Schmetterlinge in ihr ausgelöst. Melanie und sie duzten sich, bezeichneten sich als Freunde. Die Medien hatten sich darauf gestürzt. „Zwei Frauen gegen Putin" war nur eine der Schlagzeilen.
Immer wieder ging Annalena die Ereignisse des Besuches durch. Das Dinner, bei dem sie Zeit hatten, mal zu reden, ohne dass eine Kamera auf sie beide gerichtet war. Die Unterhaltung mit dem Anwohner auf dem Mont Royal und immer wieder diese Blicke. Die Politikerin konnte nicht leugnen, dass sie diese Blicke nervös machten. Auf der Pressekonferenz hatte sie Schwierigkeiten gehabt zu antworten, wenn Mél sie direkt ansprach. In Dauerschleife liefen die Erinnerungen durch ihren Kopf, erschöpft von diesem Gedankenkarussell schlief dann auch Annalena ein.

Am Morgen wurde sie von einem stürmisch aufs Bett springenden Hund geweckt.

„Espèce de chien. Tu ne peux pas entrer lá-dedans" hörte sie Mél poltern. Der Hund stand über ihr und war versucht Annalena das Gesicht abzulecken.„Nein, nein, nein mein lieber das unterlassen wir duschen wollte ich zwar, aber nicht so!", sagte Annalena etwas verschlafen und streichelte Barker über den Kopf.

Mélanie betrat das Gästezimmer und schaute den Hund böse an, dieser quittierte den Blick mit einer Unschuldsmiene.
„Anna, es tut mir leid, er sollte nicht hier hochkommen. Barker jetzt komm runter von ihr, die arme Frau. Ich wollte dich nicht wecken. Barker komm jetzt her!" sagte Mél mit wechselnder Tonlage.
Annalena konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als Mélanie sie beim Spitznamen nannte. Vollkommen bescheuert dachte sie aber, die kleinen Schmetterlinge begannen den Turbo-Modus einzuschalten. Bevor sie etwas erwidern konnte, bewegten sich Mia und Luna. Barker sprang etwas erschrocken vom Bett und gesellte sich zu Mélanie. Diese stand in den Türrahmen gelehnt und beobachtete Annalena, die sich langsam im Bett aufrichtete.
„Ich mache Frühstück, wir sehen uns gleich", sagte Mélanie und zwinkerte Annalena zu, drehte sich um und ging die Treppe nach unten.

Die Kanadierin hatte angeboten, die beiden Mädels mit auf die Gassi-Runde zu nehmen, sodass Annalena mal ein bisschen Zeit ganz für sich hätte. Nachdem sie gefühlt 500-mal gefragt hatte, ob es für die Mädchen ok wäre, hatte sie dem Plan letztendlich zugestimmt.
POV Annalena
Nun saß ich also hier, ganz alleine. Es ist so still, dass ich meinen eigenen Herzschlag hören kann. Mein Körper tut so unendlich weh. Der ganze Stress hatte Spuren hinterlassen, auch wenn man diese im ersten Augenblick nicht sehen konnte, ging es mir nicht besonders gut. Ich wollte mich im Bett verkriechen und nichts tun, was als Mama aber einfach nicht ging.
Annalena zog die Decke ein Stück höher und lies in sich gekehrt den Blick über die Landschaft gleiten. Es war wunderschön hier, etwas abgelegen mitten in der Natur. Ein richtiger Rückzugsort. Zwischen den Bäumen entdeckte sie eine Gruppe, je näher sie kamen, desto klarer wurde, dass es Mél, die Mädchen und Barker waren. Sie tobten über die Schnee bedeckte Wiese. Als Mia und Luna ihre Mama am Fenster entdeckten, begannen sie aufgeregt zu winken.

POV Mélanie
Was hatte ich mir nur dabei gedacht, alleine mit den Mädchen rauszugehen. Wenn etwas passieren würde, könnte sie gar nicht richtig kommunizieren. Luna war 13, ihr Englisch nicht schlecht, aber ich hatte trotzdem Angst. Annalena würde mir das niemals verzeihen, wenn etwas passiert.
Wir starteten unsere Runde hinter dem Haus, zum Glück hatte Annalena für die Mädchen warme Wintersachen, Handschuhe und Mützen eingepackt. Kanadische Winter hatten es gerne mal in sich und begannen meist schon im November. Eine Zeit lang liefen wir schweigend nebeneinander her. Luna fasste sich ein Herz und begann mich auszufragen. Ob ich den auch immer soviel Arbeite, ob ich Kinder hätte. Sie erzählte mir kurz von ihrem „Onkel" Robert. Ich würde Annalena fragen. Aber ich war mir sicher, dass sie von Robert Habeck, dem deutschen Vizekanzler, sprach.
Plötzlich traf mich etwas am Rücken. Als mich umdrehte, sah ich Mia, die mehrere Schneebälle in der Hand hielt und ganz klar mir und ihrer Schwester den Krieg erklären wollte. Ich schaute Luna an und wir begannen zu rennen.
Wir kamen wieder auf meinem Grundstück an, mein Blick glitt am Haus nach oben und ich erkannte Anna. Sie saß im Fenster, meinem Lieblingsort, ich konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht gut ging. Am liebsten wäre ich nach oben gesprintet und hätte sie in meine Arme gezogen, sie umarmt, sie geküsst, irgendetwas gemacht, was ihr das Gefühl gibt nicht alleine zu sein. Gestern war sie so glücklich gewesen und diese lächelnde Anna wollte ich zurück.
Als die Mädchen ihre Mama entdeckten war der Schneeball Krieg beendet und wir begaben uns nach drinnen.

----------------------------------------------------------------------------------------------

Kurz nach dem Mittagessen hatte es wieder angefangen zu schneien. Mia und Luna hatten sich ins Gästezimmer zurückgezogen. Die eine wollte lesen und die andere zeichnen. Annalena wusste, dass die beiden dabei am liebsten ungestört stundenlang nebeneinander saßen. Sie hatten sich Musik angemacht, die Politikerin verließ das Zimmer und schloss die Tür leise.
Als sie nach unten kam, entdeckte sie Mélanie. Diese stand mit einem Schwamm in der Hand in der Küche. Annalena ging auf sie zu und strich ihr vorsichtig über den Rücken. Mélanie drehte sich zu ihr um und schaute ihr tief in die Augen. Das tiefe blau verschlang sie und sie konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Nach einigen Minuten führte die blonde Frau ihre Hand zum Spülbecken und begann einzelne Spritzer auf Annalena zu platzieren. Diese reißt panisch die Augen auf, löst den Blickkontakt und beginnt ebenfalls mit Wasser zu spritzen.
Die beiden lachen aus vollem Herzen. Als die Deutsche, nachdem Küchentuch greifen will, um abzutrocknen, hebt Mélanie sie hoch.
„Nein, Anna, du hast Urlaub! Du wirst hier nicht arbeiten"
Annalena schließt die Beine hinter dem Rücken der Kanadierin.
„Ich setzt dich jetzt hier auf die Arbeitsplatte und da bleibst du bis ich fertig bin und entspannst dich! Hast du das verstand?"
„Wie war das, ich spreche so schlecht Englisch" witzelt Anna.
„Du machst mich verrückt! Weißt du das? Hör nicht auf die, die meisten die sich beschweren können nicht ein Wort Englisch. Du. Kannst. Das." Mél war bei jedem Wort etwas lauter geworden und hatte ihr am Ende auf die Brust getippt.
Annalena griff nach Mél Gürtel und zog die andere Frau näher an sich heran.
„Danke", flüsterte sie und überwand dann die letzten Zentimeter zwischen ihnen. Melanie stellte ihre Hände neben Annalenas Körper auf die Arbeitsplatte und lehnte sich in den Kuss.3Der flüchtige Kuss wurde immer schneller und intensiver. Ein vorsichtiges Stöhnen ermöglichte es Annalena, mit ihrer Zunge in Mélanies Mund zu gelangen. Mél hatte inzwischen ihre Hände auf Annas Oberschenkel gelegt. Sie blickte ihr tief in die Augen und wartete auf ein Zeichnen, dass es ok war.
Annalena war in einer anderen Welt. Alle Emotionen bahnten sich jetzt einen Weg nach oben. Das Kribbeln, was immer mehr zu Verlangen wurde. Als ihr der Blick der anderen auffiel, nahm sie ihre Hand und drückte sie leicht. Mélanie unterbrach den Kuss und legte ein paar Zentimeter Luft zwischen die beiden. Ihr Blick glitt über den Körper der kleineren Frau und blieb wieder an ihren Augen hängen.
„Bist du dir sicher?", fragte die Kanadierin. Sie wollte auf keinen Fall das Verhältnis, der beiden zerstören, in dem sie zu weit ging. Annalenas Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Ja! Aber ich würde es gern bei Küssen belassen." stimmte sie dennoch zu.
Annalena schlang jetzt ihre Hände um Méls Nacken und zog sie so wieder näher zu sich. Der Kuss, der auf den erneuten Blickkontakt folgte, war nicht mehr so brav wie der vorherige. Mit feurigem Blick öffnete Annalena ihren Mund, um Mélanie Einlass zu gewähren. Ein leises Stöhnen war die Antwort darauf.

~ 19.08.2022 1500 Worte



Canada LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt