Kapitel 51

1.8K 76 44
                                    

80k special

Mature Content Warning

(Playlist: Stay - Rihanna )

Der Schock sitzt bei uns allen tief.
Keiner sagt ein Wort.
Wir sitzen auf dem Gang im Krankenhaus und warten auf David.

Kathi weint in den Armen von Lias Mutter.
Ihr Vater sitzt stumm neben mir.
Tränen steigen erneut in meine Augen, ich wische sie weg.

So habe ich Lias Eltern so richtig kennengelernt.
In einem sterilen, weißen Krankenhausflur.
Knapp eine Woche nach unserem verabredeten Essen.
Wir alle bangen um das Leben ihrer Tochter.

Ich bekomme diese Bilder nicht aus meinem Kopf.
Egal, wie oft ich meine Augen schließe.

Ich stehe vor Lias Haustüre, ein Strauß ihrer Lieblingsblumen in der Hand, möchte klingeln.
Ich wundere mich, warum ein Fenster sperangelweit offen steht und nur in der Küche Licht brennt.
Da kann irgendwas nicht stimmen.
Es ist zu still.
Also klopfe ich bei einem Nachbarn, frage ihn nach einem Schlüssel für die Wohnung.
Er hat einen, er gießt manchmal ihre Blumen.

Er schließt leise die Tür auf, wir treten ein.
Und das Bild das sich uns bietet?
Es ist ein Bild des Grauens.

Lia liegt wehrlos am Boden.
Blutige Spuren zeichnen sich darauf ab.
Sie weint.
Die Hände schützen schwach ihr Gesicht.
Und über ihr?
Über ihr steht ein Mann.
Groß.
Schwarzhaarig.
Breit gebaut.
Und prügelt auf sie ein.

"Hey" brülle ich.
Meine Stimme versagt.
"Hey" brülle ich erneut, dieses Mal mit mehr Kraft in der Stimme.
Er fährt herum.
Grinst uns an.
Und hebt erneut die Hand.
Ballt sie zur Faust.

Und wie in Zeitlupe nehme ich alles wahr.
Die Faust, die sich Zentimeter für Zentimeter Lias blutigem Gesicht nähert.
Dem Gesicht der Frau, die ich über alles liebe.

Ich reise mich aus meiner Starre und stürme vorwärts, schubse ihn mit aller Kraft von ihr weg.
Ich will auf ihn einprügeln.
Ihn für das bluten lasen, was er Lia angetan hat.
Doch ich reiße mich zusammen.
Es gibt wichtigeres.
Der Nachbar hält ihn fest.

Ich schaue nach Lia.
Sie ist bewusstlos.
Zögernd lege ich meine Finger an ihren Hals, taste und hoffe.
Da.
Ihr Puls schlägt.
Schwach, aber er schlägt.
Ich atme erleichtert aus.
Greife nach meinem Handy, wähle den Notruf und die Polizei.

Bette Lias Kopf in meinen Schoß, versuche die Blutung an ihrem Kopf zu stillen und bete, dass alles gut wird.

Und beginne dann damit sie wiederzubeleben, als sie das Bewusstsein verliert.

Meine Hände auf ihrem Brustkorb, die in einem steten Rhythmus auf und ab drücken.
Während mir die Tränen die Sicht vernebeln.
Meine Finger, die verzweifelt nach Puls tasten.
Wahrscheinlich schreie ich gerade.
Keine Ahnung.
Alles, was ich mitbekomme ist:
Kein Puls.
Lia hat keinen Puls mehr.

Ich tätschle ihre Wange.
Keine Reaktion.
Ihr Kopf sackt zur Seite.
Ihre Augen schließen sich.

Ein Schrei bahnt sich den Weg tief aus meiner Kehle.
Voller Schmerz.

Der Rest der Erinnerungen ist schwammig.
Der Notarzt kam.
Die Polizei auch.

David, Kathi und die Eltern wurden informiert.
Lia ins Krankenhaus gebracht.
Der Nachbar stand ebenso unter Schock wie ich.
Konnte es ebenfalls nicht fassen.

Und nun sitzen wir hier, warten bis David aus dem Raum kommt.
Siehe da, die Tür geht auf.
David ist leichenblass.
"Sie will dich sehen" sagt er mit dünner Stimme und zeigt schwach auf mich.
Er ist vollkommen fertig.

Highway to love - A Nico Schlotterbeck Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt