Kapitel 61.1

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Lias P.O.V

Nach dem bisschen dirty talk am Telefon heute Abend, schlummert Nico bestimmt wie ein Kleinkind.

Mit einem "Ich liebe dich" hat er sich sanft von mir verabschiedet.

Ein starker Kontrast zu den Worten davor.

"Gott, sag mir das du dieses hübsche Set aus roter Unterwäsche trägst."

"Du siehst so heiß auf diesem Foto aus."

"Schick mir noch eins."

"Ich wünschte, es wäre deine Hand um mich."

"Gott, ich bin so hart wegen dir."

"Sag mir, dass du genauso heiß auf mich bist."

"Gott Baby, ich will dich auf mir."

"Ich würde dich so hart nehmen, dass du morgen nicht mehr laufen kannst."

"So hart, dass du jeden anderen Mann vergisst."

"Ich will sehen, wie du für mich kommst."

"Ich will hören, wie du meinen Namen schreist."

"Ich will dich auf meiner Zunge schmecken."

Jap, offenbar hat dieses Telefonat Nico ziemlich erregt.

Seine Stimme klingt rau, deutlich tiefer als sonst.
Die Lust darin ist kaum zu überhören.

Die Decke raschelt im Hintergrund.
Leises stöhnen und keuchen dringt durchs Telefon.
Die Geräusche von Haut auf Haut.
Heftiges atmen.
Ein erstickter Laut.
Geflüsterte Worte, was er gerade tut, woran er denkt.
Lautes stöhnen.
Mein Name, der leise über seine Lippen kommt.

Seinen Spaß hab ich ihm dann lieber mal nicht versaut.

Ich hatte nämlich nicht dieses rote Unterwäscheset an, dass er so liebt.
Sondern eins dieser schwarzen Hemden von ihm, die ich so liebe.

Mittlerweile ist es ziemlich zerknittert.
Egal.
Es riecht noch schwach nach ihm.
Ich liebe es.

Nach diesem Telefonat war mir schon heiß, aber dringend nötig hatte ich es nicht.
Nico offenbar schon.
Das Bild war wohl ein voller Erfolg.
Vielleicht sollte ich das öfter tun.
So ein Bild in der Trainingstasche wäre doch eine ganz nette Idee.

Und jetzt liege ich wach.
Nico schläft wahrscheinlich längst.

Ich knöpfe Nicos Hemd bis oben hin zu.
Ziehe den Kragen nach oben, schließe ihn um meinen Hals.
Ziehe dann die Decke bis zum Kinn.

Ich bin alleine.

Und kaum ist Nico weg, kriecht die Angst wieder aus ihren Löchern.

Nimmt Witterung auf.
Streckt ihre langen, dünnen, düsteren Finger unter der Tür hindurch.
Kratzt daran und will hinein gelassen werden.

Ich taste nach dem Lichtschalter.
Knipse das Licht an.
Der sanfte Schein treibt die Angst wieder zurück in ihren Käfig.
Dreht den Schlüssel herum, schließt sie ein.

Nicos Seite des Bettes ist noch immer genauso unordentlich, wie heute morgen.
Die Decke liegt zerknittert auf der Matratze.
Und kurzerhand lege ich mich einfach dort hin.

Atme den vertrauten Duft nach seinem Parfüm und dem Waschmittel ein.
Ziehe mir seine Decke über die Schultern.
Lege meinen Kopf auf sein Kissen, dass für meinen Geschmack eigentlich viel zu niedrig ist.

Auf seinem Nachttisch steht eine Kerze.
Manchmal zündet er sie abends an, weil er weiß, ich hasse die Dunkelheit.

Ich suche in seinem Nachttisch nach Streichhölzern und finde eigentlich nur tausend andere Dinge.
Die Kerze bleibt aus.

Und damit auch der warme Schimmer, der mich so beruhigt.

Zu sagen, es würde mir nicht gut gehen, wäre eine Untertreibung.
Ich fühle mich beschissen.
Absolut beschissen.

Alleine.
Einsam.
Hilflos.

Mir ist danach, zu weinen, so richtig heftig zu weinen.
Mir ist danach, mir den Schmerz von der Seele zu schreien.
Laut.

Der Schmerz lastet schwer auf meinen Schultern.
Egal, wie oft ich es versuche, meine Mundwinkel wollen sich einfach nicht zu einem Lächeln verziehen.

Heute ist einer dieser schlimmen Tage.
Tage, an denen ich es einfach nicht aus dem Bett geschafft habe.
Tage, an denen ich einfach keine Kraft habe.
Tage, an denen ich mich hinsetze und einfach weine.
Tage, an denen ich fast nichts esse.
Tage, an denen ich einfach nur rumliege.

Es ist ein beklemmendes Gefühl.

Die Tabletten im Bad existieren längst nicht mehr.

Allein diese Nacht zeigt, was für eine Wirkung Nico auf mich hat.

Er beruhigt mich.
Lässt mich lächeln.
Nimmt mir die Angst.

Angst, die jede noch so winzig kleine Schwachstelle findet und wieder angreift.

Ihre spitzen Krallen in mein Herz schlägt und es zu Fetzen zerreißt.
Die Finger eiskalt um meinen Nacken legt und mir die Luft abschnürt.

Die Angst ist in dieser Nacht mein treuer Begleiter.

Das Licht brennt die ganze Nacht über.

Nico fehlt.
Nico fehlt so sehr.

Seine Arme, die mich fest an ihn ziehen.
Die Dunkelheit vertreiben und mein Herz beschützen.

Seine Lippen, die den Schmerz fort küssen.
Mich die Welt vergessen lassen und mir das Paradies zeigen.

Ich vermisse sogar die Art, wie er sich an mich presst.
Darauf bedacht, mich ins Bett zu kriegen.
Vermisse die Art, wie seine Hände über meinen Körper gleiten.

Alles ist mir lieber, als alleine in dieser Angst zu liegen.
Alleine die Tränen trocken zu müssen.

Ich betrachte die Narben an meinen Beinen.
Im hellen Licht heben sie sich deutlich von der Haut ab.

Es sind unzählige Striche.
Striche, die meine Beine verunstalten.

Ein unordentliches Muster.
Genauso wirr, wie meine Gefühle.

Ich fahre die Narben mit den Fingern nach.
Erinnere mich an den Moment, als Nico jede einzelne davon geküsst hat.
Jede einzelne Narbe.

Nico liebt mich.
Er liebt mich, trotz der ganzen schwarzen Flecken auf meiner Seele.
Trotz der traumatischen Ereignisse.

Andere Männer hätten schon längst den Abgang gemacht.
Hätten sich lustig gemacht.
Hätten mich als Opfer abgestempelt.

Doch Nico nicht.
Nico würde sich niemals lustig machen.
Er würde mich niemals als Opfer sehen.

Weil Nico, Nico ist.

So überaus fürsorglich.
Liebevoll, zärtlich.
Lustig, sanft.

Und er weiß genau, was ich will.
Er weiß genau, was ich brauche.

Er ist die Luft, die ich zum atmen brauche.
Die Droge, nach der ich süchtig bin.
Die Sterne, die meinen Horizont erleuchten.
Das Blut, das durch meine Adern fließt.
Die Knochen, die mich stützen.

Das Licht, das meine Angst vertreibt.

Er ist alles, was ich jemals wollte.
Alles, was ich brauche, um zu überleben.

Ich lege meine Hand auf sein Kissen, so als würde ich meine Hand auf seine legen.

Und ich weiß, Nico tut genau dasselbe, bevor er schlafen gegangen ist.

Es ist, als könnte ich seine Berührung für einen Moment spüren.

Federleicht.

Es beruhigt mich.
Lässt meine Augen zu fallen.

Und hält die Dunkelheit in dieser Nacht fern, während ich einschlafe.

( an solchen Kapiteln, kann man immer ganz gut meine aktuelle Stimmung erkennen 💀
Eigentlich sollte es dieses Kapitel gar nicht geben, habs aber gestern Nacht einfach spontan geschrieben 👀🤝🏻)

Highway to love - A Nico Schlotterbeck Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt