Kapitel 55

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Ich sitze in der Umkleidekabine und schnüre meine Fußballschuhe.
Es ist mein erster Tag im Training mit der Mannschaft.
Das erste Mal im schwarz gelben Trikot.

Davor aber erstmal Leistungsdiagnostik.
Würg.
Jude, Karim, Niklas Süle und Marco Reus sehen auch so gar nicht begeistert aus.
Erst am 11. Juli geht's dann so richtig für uns los.

Ich ziehe mir das Tshirt über den Kopf, greife dann nach dem Trainingsshirt.
"Junge..." kommt es schockiert von Jude, offenbar betrachtet er gerade das Kunstwerk auf meinem Rücken.
Und ich Idiot mache den Fehler mich umzudrehen.
Sein Blick landet auf meiner Brust.
Begutachtet die vielen, blauen Knutschflecken darauf.
Und all die, die so viel tiefer liegen.
Ich ziehe den Bund meiner Hose weiter nach oben.
Offenbar haben ich und Lia gestern Nacht noch einiges getrieben.

"Was zur Hölle?" stammelt Jude.
Karim schüttelt nur den Kopf.
"Du siehst aus, als hätte dich eine Raubkatze angefallen" Jude lacht leise.

"Lia zeigt gerne Krallen" entgegne ich grinsend und ziehe mir das Trainingsshirt an.
Jude lacht nur und schüttelt dann den Kopf.
"Zum Glück wohne ich nicht neben euch, da würde ich kein Auge zu tun."
"Ich wusste gar nicht, dass Lia so laut ist" murmelt Karim leise.
Hört zum Glück keiner.
Und ich denke an meine Freundin, in der Nacht auf der Kommode.
Gott Lia.

Lia ist bei mir, korrigiere bei uns, zu Hause. Kathi passt auf sie auf.
Kein Grund sich Sorgen zu machen.
Zumindest versuche ich mir das einzureden.

Ich bin irgendwie abwesend, bekomme es nicht mal hin meine Schuhe aufzuknoten.
Das blau erinnert mich zu sehr an ihre Blutergüsse.
Blutergüsse die mittlerweile nur noch ein zarter Hauch auf ihrer Haut sind.

"Was ist denn los mit dir?" flüstert Karim mir zu. Er hat keine Ahnung was passiert ist.
Die gute Laune ist verflogen.
Tränen beginnen wiedermal in meinen Augen zu brennen.
Nicht weinen Nico, sage ich mir, nicht hier.
Bloß nicht hier.
"Nico?" frägt Karim sanft.
Ich schweige.

Es klopft an der Tür, der Physiotherapeut steckt den Kopf in die Kabine, er sieht freundlich aus.

"Auf geht's Jungs" sagt er und klatscht freudig in beide Hände.
Zuerst geht's aufs Fahrrad.

Die anderen unterhalten sich teilweise leise, ich schweige größtenteils.
Beantworte Fragen nur mit ja, nein, vielleicht, weiß nicht.
Kein lockerer Spruch auf den Lippen, wie sonst.
Karim wechselt die Station und sitzt auf das Rad neben mir.

"Du hast doch was" sagt er erneut und ich seufze.
Er ist hartnäckig.
Ich tue mich schwer darüber zu reden, obwohl Lia es mir ja erlaubt hat.
Andernfalls ist Karim mein bester Freund.

"Lia war im Krankenhaus" sage ich schließlich.
Karims Augen werden groß.
Er hört auf zu treten.
"Ist was schlimmes passiert?" frägt er erstaunt.
Ich nicke nur und trete weiter.

"Was ist denn passiert?" hackt er nach.
Die anderen haben unser Gespräch bemerkt, es ist still geworden im Raum.
Bei den Worten "Krankenhaus" und "schlimm" hört wohl irgendwann jeder zu.

Ich atme tief durch, meine Augen brennen schon wieder verräterrisch.

"Vor ein paar Tagen" beginne ich leise.
"Vor ein paar Tagen wurde meine Freundin zum zweiten Mal Opfer häuslicher Gewalt."

Im Raum wird es totenstill.
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Keiner atmet.

"Was?" entfährt es Karim schockiert.

"Als sie letztens am Wochenende zu Besuch war, habe ich sie gefragt, ob sie bei mir einziehen will, sie hat zugestimmt. Sie war in Hoffenheim, in ihrer alten Wohnung um ihre Sachen zu holen, ihr Ex Freund ist einfach dort aufgetaucht."

Highway to love - A Nico Schlotterbeck Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt