Kapitel 52.1

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Lias P.O.V

Mein Ex Freund wird heute angeklagt.

Die Verhandlung kam zum Glück sehr schnell.
Dieses Mal hatte die Polizei keine Zweifel.

Und ich weiß nicht, wie es mir damit geht.

Die Angst ist zurück.
Die Panik.
Der Schmerz.
Die Hilflosigkeit.

Zitternd sitze ich neben Nico und David.

Mein Ex Freund starrt mich die ganze Zeit an.

Selbst, als David und Nico ihre Aussagen zu Protokoll geben.
Der Nachbar, der Nico zu Hilfe kam ebenfalls.
Sie belasten ihn schwer.
Er wird ins Gefängnis wandern.
Und doch sieht er mich einfach nur an.

Und lacht.

Dieses grausame Lächeln.
Das Lächeln, das mich Nacht um Nacht den Schlaf gekostet hat.

Schließlich gebe ich meine Aussage zu Protokoll.
Ich zittere am ganzen Körper.
Und ich glaube, ich breche jeden Moment zusammen.

Ich weiß nicht mehr, wie ich wieder auf meinem Platz lande.
Die Verhandlung zieht an mir vorbei.
Ich fühle mich benommen.

Schließlich kehren die Richter von ihrer Beratung zurück.
Mein Ex Freund wird in allen Punkten für schuldig befunden.
Er geht für mehrere Jahre hinter Gitter.
Jahre, die mir leider alle die verlorenen Jahre nicht wieder bringen.
Jahre, die mir das Erlebte nicht nehmen.

Die Polizeibeamten ziehen ihn auf die Füße.
Doch er sieht nur mich an, als er aus dem Saal eskortiert wird.
Nur mich.

Dann hebt er die Hand.
Die Handschellen klirren.
Es ist ein grässliches Geräusch.
Metall reibt an Metall.

Er hebt seine Hand auf brusthöhe an.
Seine Finger formen den Lauf einer Waffe.
Er richtet sie auf mich.
Tut so, als würde er den Abzug betätigen.
"Peng" formt er mit den Lippen.

Und dann lacht er.
Lauthals.
Irrsinnig.
Völlig von Sinnen.
Krankhaft.

Nico zieht mich in seine Arme.
Schirmt mich ab, aber ich habe es längst gesehen.
Natürlich habe ich es gesehen.

Wie betäubt verlassen wir den Gerichtssaal.
David fährt nach Hause.
Nico und ich auch.

An dem Abend rede ich zu Hause kein Wort.
Ich weine.
Ich weine hemmungslos.

Nico zieht mich in seine Arme.
Hält mich fest.
Gibt mir halt.

Und als ich meinen Kopf von seiner Brust hebe und in seine Augen sehe, da sehe ich die Tränen in seinen Augen.
Nico weint stumm.

Ich nehme sein Gesicht in meine Hände.
Sehe ihn an.
Nico bricht in Tränen aus.
Schluchzer schütteln seinen Körper.
Ich lehne meine Stirn an seine.
Halte ihn fest.
Und weine ebenfalls.

Ich gebe mir noch einen Tag.

Einen Tag, um alles zu vergessen.
Einen Tag, um damit abzuschließen.
Einen Tag, um dann nach vorne zu blicken.

24 Stunden, um wieder zu lachen.

In meinen Therapiesitzungen ging es viel darum, wieder zurück zur Normalität zu finden.
Zum Alltag.
Zum Leben vor dem traumatischen Ereignis.

Ich tue mich leichter damit, als Nico.
Ich weiß, ab morgen wird es anders werden.
Normaler.
Ich bin auf einem guten Weg.

Aber Nico?
Nico berührt mich immernoch so zart, als wäre ich immmernoch verletzlich.
Dabei will ich doch einfach nur so angefasst werden, wie zuvor.

Ich bin bereit mit meiner Vergangenheit abzuschließen.

Mein Ex kommt hinter Gitter.
Also passiert dasselbe mit meinen Erinnerungen.
Mit dem Schmerz.
Dem Trauma.
Ich schließe sie weg.

Ab morgen.
Ja ab morgen, da bin ich einfach wieder Lia.

Nico hingegen lässt mich einfach nie aus den Augen.
Wenn er nicht da ist, ist es Kathi.

Und jeder frägt mich in den vergangenen Tagen immer dasselbe.
Wie geht es dir?

Und ich kann diese Frage nicht mehr hören.
Sie meinen es gut, sie machen sich Sorgen.

Aber ich will einfach normal behandelt werden.
Einfach nur normal.
Und ich hoffe sie erfüllen mir diesen Wunsch.

Denn solange ich die Person sehen oder hören kann, die mich anfässt.
Dann ist alles in Ordnung.

Am nächsten Tag bricht Nico früh ins Gym auf.
Und ich bin das erste Mal allein zu Hause.

Es hat mich ziemlich viel Überzeugung gekostet.

"Ich kann alleine zu Hause bleiben Nico" sage ich sanft und streiche ihm über die Wange.
"Ich weiß nicht" murmelt er.
"Ich brauche Normalität" antworte ich "Behandle mich so, wie vor dem Vorfall."
"Ich versuchs" entgegnet er, tut sich schwer damit.
"Küss mich so, wie vorher. Fick mich so, wie vorher und lieb mich so, wie vorher. Hörst du?" flüstere ich leise.
"In Ordnung" antwortet er.

"Ich bin immernoch Lia" sanft ziehe ich seinen Kopf zu mir herab.
Nico nickt.

"Die Lia, die so hoffnungslos in dich verliebt ist.
Die Lia, die dir am liebsten dieses Shirt ausziehen will."
Er lacht leise.
"Du bist wundervoll" antwortet er dann, drückt meine Hand.
Kräftig, so wie früher.

"Das was wir haben" sage ich.
"Das kann uns keiner mehr nehmen" ergänzt Nico, unterbricht mich mitten im reden.
Ich nicke stumm.
Es ist alles gesagt.

Und nach einem letzten sanften Kuss geht er durch die Tür.
Er lächelt.
Ich lächle.

Die Tür fällt ins Schloss.
Ich bin zum ersten Mal wieder allein und mir ist langweilig.
Also räume ich auf.
Packe endlich mal meine Sachen aus.
Sortiere die Klamotten im Schrank und gleichzeitig meine Gedanken.
Schaffe die Bedingungen für meinen Neustart hier in Dortmund.

Die Normalität ist wieder eingekehrt.
Zum Glück.

Es ist Freitag.
Zwei Tage, bevor Nicos Zeit beim BvB offiziell beginnt.

(Kurzes Kapitel, aber knackig 🤝🏻
Ab jz wirds wieder happy hier keine Sorge 😅)

Highway to love - A Nico Schlotterbeck Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt