Kapitel 2

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𝐌𝐄𝐑𝐋𝐈𝐀𝐇

„Das ist ein Scherz oder?" frage ich hektisch lachend in das Schweigen des Raumes herein.
Miss light und Diana haben ihre Blicke beide nach unten gerichtet, als wenn sie es nicht aushalten würden mich anzusehen.
„Jetzt sagt doch endlich was! Sagt mir, dass es ein Scherz ist, verdammt nochmal!" schreie ich nun beinahe.

Diese beiden Menschen sind mir Rechenschaft schuldig, ich werde mich nicht mit zwei schweigenden Frauen zufrieden geben.
„Nein." rückt Diana nun mit brüchiger Stimme raus und richtet ihren Blick wieder etwas auf.
„Was nein? Sprich in ganzen Sätzen Diana." antworte ich ihr angesäuert und sehe stur auf das Landschaftsgemälde hinter ihr.

„Nein es ist kein Scherz. Alles ist wahr.
Kein geschriebenes Wort deines Vaters ist gelogen und auch keines von Miss lights Worten.
Der Brief wurde vor fünf Jahren für dich hinterlegt Merliah, an dem Stempel erkennst du dass es keine Fälschung ist." sagt Diana gefasst und sieht mir mit einem Tunnelblick entgegen.

„Also wusstest du auch davon?" frage ich mit zitternder Stimme.
„Es tut mir leid Merliah, ich...,"
„Hör auf!" unterbreche ich sie den Tränen nahe und springe mit dem Brief in der Hand auf, um den größtmöglichen Abstand zu schaffen.
„Weißt du was du für mich warst?"
Keine Antwort. Nur ein kurzes, verzweifelndes öffnen ihres Mundes, der sich aber schnell wieder schloss.
Also mache ich weiter.
„Du warst Familie für mich, die ich nie hatte.
Die Oma die ich nie haben durfte und die Person, der ich maßlos vertraut habe.
Hast du in all den Jahren überhaupt mal daran gedacht mich aufzuklären? Was hast du gedacht, als ich mich jeden Tag darüber aufgeregt habe, dass ich die Technik nicht benutzen darf?
Was hast du gedacht, als ich dich gefragt habe wer meine Familie ist?
Sag schon, was hast du gedacht?" brülle ich Diana entgegen und schmettere ihr den blöden Brief entgegen.

Mit tiefem ein- und ausatmen versuche ich mich zu beruhigen, während ich auf eine Antwort warte.
Doch es kommt nichts, sie schweigt, nur dieses erdrückende schweigen.
„Okay. Dann keine Antwort, du hättest mich wahrscheinlich sowieso wieder nur angelogen." richte ich einen letzten Satz an Diana.

„Und du!" sage ich auf dem Weg zur Tür und richte meinen Finger drohend auf Miss light.
„Ich wusste, dass etwas nicht stimmt, aber so eine gewaltige Lüge, hätte ich selbst hinter deiner Strenge nicht erwartet."

Ohne mich nocheinmal umzudrehen stürme ich nach diesen Worten aus der Küche, durch die Schule, ins Treppenhaus, in mein Zimmer.
Auf dem Weg schlagen mir pausenlos lügen entgegen, überall wo ich hinsehe, wurde mir eine neue Lüge aufgetischt.
Egal ob in den Unterrichtsräumen an denen ich vorbeikomme, an den Computerräumen oder in meinem eigenen Zimmer. Alles ist voll mit ihnen und ich habe das Gefühl, in einem Berg von falschen Erzählungen zu versinken.

Erleichtert stoße ich die braune Holztür ins Zimmer auf und steure direkt mein einfaches Holzbett an, in das ich mich fallen lasse.
Fünf Minuten liege ich stumm da, mein Kopf wie leergefegt.
Doch mit Alyas eintreten in unser Zimmer wird das zerstört und alle Gefühle, sowie Gedanken kehren mit einem Mal zurück.

Langsam richte ich mich auf und erkenne den schwarzen Umschlag in ihren Händen sofort.
„Oh nein, lass mich bloß in Ruhe damit!" schleudere ich meiner Freundin sofort entgegen, bevor sie auch nur ein Wort rausbringen kann.
Doch damit ist es bei Alya nicht getan, denn sie ist niemand der leicht locker lässt, deswegen fängt sie trotzdem an zu reden.
„Bitte Merliah, es ist dein Vater der Tot ist, du hast ihn nicht gekannt und kannst jetzt wahrscheinlich nicht mit der Ungewissheit umgehen." ertönt ihre tröstende Stimme.

„Das interessiert mich immoment zugegeben sehr wenig, mehr schockt mich der Aspekt dass...," stoppe ich abrupt und es fühlt sich so an, als würde ich ihr gesagtes gerade erst realisieren.
„Woher weißt du von meinem Vater? Sag nicht du hast mich auch belogen?" frage ich Alya direkt und starre auf ihre goldene Kette, die ich ebenfalls besitze.
Ihr schweigen genügt mir als Antwort.
Wutentbrannt stürme ich zu meiner Kleiderstange und krame den grünen Koffer, der sich dahinter befindet hervor.

Diesen hebe ich auf mein Bett und fange an meine Klamotten von der weißen Metall Kleiderstange zu ziehen. Nach und nach landet alles davon unordentlich in dem Koffer.
Entschlossen mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer, um meine Sachen dort ebenfalls zusammen zu fischen.
„Hör auf Merliah. Du handelst jetzt überstürzt, weil du die Wahrheit erfahren hast, dass ist aber kein Grund jetzt abzuhauen." sagt Alya als ich dicht an ihr vorbei gehe, da sie nah an der Badezimmer Tür steht.

Ich ignoriere ihre Aussage und schmeiße alle Kosmetikprodukte von mir in eine rosafarbene Kulturtasche, die ich mir vor kurzem zugelegt habe und verschwinde dann direkt wieder aus dem fröhlich eingerichteten Badezimmer.
Die Kulturtasche landet jetzt auch in meinem Koffer, danach Hocke ich mich hin und ziehe eine Kiste unter dem Holzbett hervor. In dieser befinden sich Bettbezüge und meine Unterwäsche, von beidem packe ich etwas ein.

„Merliah!" unterbricht mich Alya erneut.
Dieses Mal drehe ich meinen Kopf in ihre Richtung und erblicke ihre protestierend verschränkten Arme.
„Was willst du von mir hören?" frage ich sie scharf, während ich aufstehe.
„Das du meiner Aufforderung jetzt nachgehst und erstmal runterkommst." antwortet Alya mir ernst und zupft ihren lilafarbenen Pullover zurecht.

Schnaubend schüttle ich den Kopf und antworte ihr : „Was würdest du tun, wenn dich alle belogen hätten, wenn du somit auch keine einzige Bezugsperson mehr hast.
Wenn du durch einen Brief, deinen gesamten Blick auf die Welt verändern musst?" sage ich in Gedanken, dabei schließen meine langen Finger flink den Koffer und ich stelle ihn auf dem grauen Parkettboden ab.

„Ich würde auf meine verdammte Freundin hören und erstmal wieder auf mein Leben klarkommen, bevor ich wie eine verrückte meine Sachen packe und wegrenne!" schildert Alya mir ihre Meinung konkret. Es schockt mir zutiefst, dass sie mich in keinster Weise verstehen kann. Aber anmerken, lasse ich mir das nicht.

Ohne ihr zu antworten, ziehe ich mein Koffer in Richtung Tür, nehme meine dicke Winterjacke von dem Hacken rechts daneben, schmeiße sie mir schnell über die Schultern und gehe daraufhin einige Schritte auf sie zu.
Auf Augenhöhe stehen wir uns nun gegenüber, doch sie bringt kein Wort mehr raus.
Deswegen reiße ich ihr den schwarzen Umschlag aus der Hand und sage zum Abschied : „Wie schön, dass ich nicht du bin."
Mit diesen Worten schnappe ich mir mein Gepäck und knalle die Tür mit voller Wucht zu.


" Mit diesen Worten schnappe ich mir mein Gepäck und knalle die Tür mit voller Wucht zu

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