Kapitel 34

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𝐌𝐄𝐑𝐋𝐈𝐀𝐇

„Wir gehen seit einer halben Ewigkeit durch den Wald, das kann doch nicht stimmen", rede ich eher mit mir selbst als mit Liam und kicke mit meinen Covers einen Ast zu Seite.

„Vertrau mir", antwortet er mir trotzdem, obwohl ich ihn nicht direkt angesprochen habe.

„Du bist lustig", erwähne ich ernsthaft und gucke in den Himmel, da die Dämmerung schon langsam beginnt.

„Nicht, dass ich mir dem nicht bewusst bin, aber warum sagst du sowas jetzt?", hakt er nach und blickt im Gegensatz zu mir auf den matschigen Boden.

„Der Spruch mit dem Vertrauen war herzlos und überflüssig. Ich vertraue doch keinem Menschen, den ich erst seit ein paar Stunden kenne", erläutere ich ihm ehrlich meine Gedanken.

„Du solltest aber schnell lernen mir zu vertrauen, کم اهمیت", meint Liam und kneift die Augenbrauen nachdenklich zusammen.
Keine Ahnung aus welchem Loch diese Emotion bei ihm jetzt schon wieder gekrochen kam, kann man ja bei Männern nicht vorhersagen.

„Leichter gesagt als getan Mr. Ich tauche einfach auf und nehme sie mit", äffte ich seine Stimmlage so gut wie möglich nach, was mir sogar ein bisschen Spaß bereitete.

„Du hattest die Wahl, ich habe dich zu nichts gezwungen", rechtfertigt er sich mit zuckenden Schultern.

„Ja, genau, die Wahl in tausenden von lügen zu leben und durchzudrehen oder mit einem Fremden durch den Wald zu spazieren. Tolle Auswahlmöglichkeiten, echt!", trage ich ihm voller Ironie in der Stimme vor und fuchtle dabei wütend mit meinen Händen in der Luft.

„Ich hätte mich für letzteres entschieden", sagt er und grinst mich dämlich an.

„Klar", antworte ich augenverdrehend und erwidere sein verrücktes Grinsen.

Das ist so ein Moment, den ich gerne festhalten würde, um ihn mir später noch einmal anzusehen. Wie ich mit einem wild Fremden durch den Wald spaziere und wir uns dabei wie durchgeknallte anlachen.

„Du scheinst dich sehr zu amüsieren, Hayden", ertönt eine kratzige Stimme, die zu dem Mann gehört, der gerade hinter einem großen Baum hervor kommt, welcher ungefähr 30 Meter vor uns liegt.

Hektisch gucke ich zu Liam, denn dieser wirft mir gerade ebenfalls einen geschockten Blick zu.

„Fuck, damit habe ich nicht gerechnet", zischt Liam zwischen seinen Zähnen hervor, damit man nicht sehen kann dass er spricht.

Ängstlich drücke ich mir meine Fingernägel in die Haut und versuche somit einen Ausgleich zwischen meinem Herzen zu finden, dass gerade so schnell schlägt wie das eines Marathonläufers, was bei mir also definitiv nicht normal ist.

„Und die kleine Stone hast du auch dabei, wie schön, dann können wir uns den Weg sparen", führt der um die 40 - Jährige Mann seinen Plan vor und stellt sich gegenüber von uns auf.

Ich schalte äußerlich nicht mehr, wie erstarrt stehe ich da, dafür gehen in meinem Kopf umso mehr Sachen vor. Gewarnt wurde ich davor, was passiert, wenn mein überleben ans Licht kommt oder ich verfolgt werde.

Hilflos sucht mein Blick den von Liam. Dieser steht jedoch völlig starr neben mir und malmt seine Zähne aufeinander, währenddessen er jedes kleinste Zucken von diesem Mann beobachtet.

Entschlossen tue ich es ihm gleich und bemerke kurz darauf, wie eine kurze Handbewegung von ihm aus geht.

Daraufhin stürmen bestimmt um die 20 Menschen, wie eine wilde Pferdeherde aus dem tiefen des Waldes hervor und stellen sich neben dem Kerl auf.
Sie alle sind schwarz eingehüllt, genau wie Liam und haben zusätzlich eine Pistole in der Hand, die mir in diesem Moment auffällt.

„Du hast keine Chance Hayden, gib uns das Mädchen und dann hau ab!", brüllt der Mann großkotzig, für mich klingt er beinahe schon verrückt.

Aus dem Augenwinkel sehe ich ein minimales heben von Liams Mundwinkeln, eventuell habe ich es mir aber auch nur ein gebildet, denn die Angst vernebelt meinen Verstand vollkommen.

Liam streckt seinen Arm nach mir aus und zieht mich am Hosenbund dicht hinter ihn, sodass ich seine Körperwärme spüren kann. Allerdings werden meine Augen groß, als er seine Sweatjacke von hinten hoch schiebt und eine schwarze Pistole hervor zieht.

„Liam!", krächzte ich geschockt und kralle mich in seine schwarze Jacke, obwohl ich eigentlich eher den Drang verspüre vor ihm wegzulaufen.

„Du unterschätzt mich andauernd Evans, gib auf", ruft Liam selbstsicher zu dem Mann rüber und ich kann kaum glauben, was in der nächsten Sekunde passiert.

Mindestens 60 Männer und Frauen tauchen hinter und vor uns auf. Wir werden kreishaft umzingelt und wenn ich mir diesen Evans jetzt so ansehe, sieht er ganz schön niedergeschmettert aus, auch wenn er versucht es zu verbergen.
Seine Leute dagegen sind nicht enttäuscht, sondern blicken unheimlich ängstlich in unsere Richtung.

Grund dafür ist, dass all diese Menschen die uns umzingeln, wie Soldaten in einer dunkelblauen Uniform bereit zum kämpfen stehen.
Einige haben bereits ihre Pistolen auf Schusslinie gebracht, eine scheint größer als die andere!

Ich fühle mich wie in einem Actionfilm, nur dass ich mir jetzt nicht einreden kann, dass es doch nur Schauspieler sind, nein, das hier ist die brutale Realität.

„Holt die Autos", spricht Liam deutlich, aber immer noch leise genug aus, damit uns die anderen nicht hören können.

Kaum merklich lösen sich 6 Leute aus der Umstellung, es wird aber Sekunden schnell aufgerückt. Was dazu führt, dass es nicht einmal mir aufgefallen wäre, hätte ich nicht explizit darauf geachtet.

„Verschwinde endlich Evans, sie gehört mir!", erläutert Liam diesem Evans ein weiteres Mal und zieht mich zur Bestätigung etwas hinter seinem Rücken hervor.

„Beruhig dich Hayden, viel Glück mit der kleinen, sie sieht aus wie Mike. Erzähl mir doch bitte was du mit dem Geld anfangen wirst", spricht dieser Mann jetzt, als wären die beiden die besten Freude und hebt zusätzlich seine Hände ergebend in die Höhe.

„Lass dich nie wieder in ihrer Nähe blicken!", knurrt Liam und ich spüre unter meinen Fingern wie sein Körper dabei förmlich vibriert.

Der Mann zieht sich im Anhang von seinen Mitgliedern zurück in die Tiefe des Waldes.
Erst in diesem Moment schaffe ich es meine Finger von Liam zu reißen und mich mit gehörigem Abstand von ihm zu entfernen.

„Was.. was hat er da gerade gesagt? Was d..du mit dem Geld anstellen wirst?", stottere ich panisch vor mich hin und begebe mich in eine Position, in der ich schnell die Flucht ergreifen könnte, aber es würde nichts bringen, denn seine Leute könnten mich nach den ersten zehn Metern wieder abfangen.

Ich bin in seinen Fängen.
Warum war ich nur so dumm ihm zu glauben?
Mein Leben liegt jetzt in den Händen von Liam, der mysteriöse Kerl wird über meinen Zustand entscheiden.

You're my overdoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt