Kapitel 26

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𝐌𝐄𝐑𝐋𝐈𝐀𝐇

„Ihr Zustand ist schlecht...Nein, nein sie stirbt nicht, aber es war eine zu hohe Dosis an Chloroform", höre ich eine weibliche Stimme dicht neben meinem Kopf flüstern.
Sie klingt dabei sehr aufgeregt, beinahe schon hibbelig.
Aber ich könnte mich auch irren, denn das Rauschen in meinen Ohren welches sich auf meinen Kopf in Form von Kopfschmerzen überträgt ist kaum auszuhalten.
„Die Zeit drängt, wenn sie nicht bald aufwacht werde ich verschwinden müssen ohne ihr die Wahrheit sagen zu können", führt die weibliche Stimme weiter und ich bin mir fast sicher, dass es sich um ein Telefongespräch handelt. Es könnte natürlich auch sein dass sie Selbstgespräche führt oder die andere Person sehr sehr leise spricht.

„Ich muss auflegen, sie scheint aufzuwachen", haucht die Stimme und ich habe die Bestätigung für meine Vermutung.
Gleichzeitig wird mir ganz schlecht, weil ich nicht aufwachen will. Zu viel Angst tobt in mir. Ich habe keine Ahnung wo ich bin und warum diese Frau mich in die Ohnmacht zwingen musste.
Aber mein Körper sträubt sich dagegen die Augen weiterhin geschlossen zu halten, deswegen schlage ich meine Lieder langsam auf.
Die plötzliche Helligkeit zwingt mich allerdings einige Male zu blinzeln.
Als erstes nimmt die hellblaue Decke des Raumes meinen Blick in Beschlag.

Kurz darauf taucht der Kopf einer Frau über mir auf. Sie hat schwarze Haare, die unordentlich zu einem Zopf gebunden sind.
Ich schweige still und richte mich mit bedacht von dem Tisch auf, auf dem ich wahrscheinlich abgelegt wurde. Die Frau entfernt sich einen Schritt vom Tisch und lässt mir etwas Blick Freiheit. Meine Augen schweifen aufmerksam durch den Raum. Schnell erkenne ich dass es eines der Klassenräume in diesem Flur sein muss, denn der Klassenraum in den ich mich am Anfang verirrt hatte sah ebenfalls so aus.

Die Sirene ist mittlerweile ausgegangen, nur das blinkende Licht weißt noch auf eine bestehende Gefahr hin.

Da keine anderen Töne zu hören sind kann ich das Räuspern der Frau wahrnehmen. Ich nehme meinen Blick von der grünen Tafel und hefte die Augen auf ihre Gestalt. Sie ist in schwarz eingehüllt. Selbst die Hände sind verpackt in ledernen Handschuhen und an ihren Füßen trägt sie schwarze, sehr klobige Boots. Das Tuch was sie um ihren Hals trägt lässt mich bedenken, ob der Auslöser dieses Alarms nicht gerade genau vor mir steht.

„Merliah", flüstert die Frau und führt ihre rechte Hand vor den Mund. Es ist eine sehr geschockte Geste, beinahe so als könnte sie es nicht fassen mich in diesem Augenblick zu sehen.
Ich selber kann nicht anders als schweigen. Obwohl ich sie gerne anbrüllen würde und fragen möchte ob sie noch ganz dicht ist, mich in die Ohnmacht zu versetzten.

Ihre braunen Augen liegen direkt auf mir.
Sie scannt mein gesamtes Outfit ab und bleibt an meinen Chucks hängen. Die betrachtet sie mit einem schmunzelnden Blick, kurz danach sieht sie jedoch wieder direkt in meine Augen.

„Ich habe nicht viel Zeit dir zu erklären wer ich bin und was ich hier tue. Also bitte ich dich mir einfach zu zu hören, auch wenn ich weiß dass du mir einiges nicht glauben wollen wirst", gibt die Frau mir professionell an.

Ihre Haltung ist so grade und stabil, dass ich das Gefühl habe sie möchte mir eine neue Geschäftsidee für mein nicht existierendes Business vorschlagen.
Wie auf Knopfdruck nicke ich als Antwort. Gleichzeitig versuche ich Gefühle aus mir heraus zu locken. Angst, Trauer, Wut, Verwirrung, irgendwas dass mir zeigen würde, dass ich gerade nicht in einem gruseligem Traum gefangen bin.

Die Frau Blick mich unsicher an, von ihrem professionellen Blick ist plötzlich nichts mehr zu sehen.
„Ich bin deine Mutter.
Und ich weiß du willst das nicht. Ich weiß du willst nicht wieder aus deinem Leben gerissen werden, aber es muss sein. Jemand muss dir die Wahrheit erzählen, die du schon dein ganzes Leben verdienst", fängt sie ihre Aufklärung an. Schon bereits beim ersten Satz wird mir völlig schlecht.
Da sind sie plötzlich die Gefühle, die ich mir gerade noch so sehnlichst gewünscht habe. Aber jetzt können sie sich gerne wieder verabschieden.

„Ich glaube dir nicht. Und selbst wenn ich es würde, warum hast du mich als ‚Mutter' nicht schon früher aus dem allen herausgeholt", antworte ich ihr gekränkt und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Du hast keine Ahnung was im Untergrund passiert Merliah. Die Whites haben versucht dich um jeden Preis von der Unterwelt und auch von der außen Welt abzuschirmen. Niemand wusste von dir. Bis vor ein paar Tagen", ihre Stimme wird dünn bei den letzten Worten.

„Bis vor ein paar Tagen?", frage ich verwirrt, wobei die Kraft in meiner Stimme deutlich nachlässt.

„Sie haben dich aufgezogen wie eine Marionette. Bereit dazu dich im richtigen Moment auf das Spielfeld zu setzen. Es wurde öffentlich gemacht dass du lebst Merliah. Die Jagt hat begonnen, die ganze Unterwelt will das Kopfgeld was auf dich gesetzt ist", erläutert sie mir.

„Genauer."

„Die Whites haben ein hohes Kopfgeld auf dich gesetzt. Um genau zu sein das höchste was es jemals gab. Sie haben dich behalten, unterkontrolle gebracht und zu ihrem gemacht. Jaxon, May und Lia wurden Wochen darauf trainiert wie man deine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sie kennen deine Interessen, deine Hobbys, selbst das Essen was du verabscheust. Alle haben die Akte die über dich existiert studiert. Tag ein Tag aus, ich habe es beobachtet", spricht sie vorsichtig ihre Worte aus.

Mit entgleiten alle Züge aus dem Gesicht. Ich wehre mich energisch dagegen diese Tatsache zu glauben. Nicht schon wieder.
Ich darf nicht schon wieder auf eine Lüge reingefallen sein die mein Leben zerstört.

„Wenn ich dir glauben sollte. Woher weiß ich dass ich mich damit nicht schon wieder in die nächste Lüge stürze", meine ich kalt und rücke auf dem Tisch ein wenig in die Richtung der Frau.

Sie zuckt mit den Schultern und Antwortet : „Ich kenne mich in dem Business aus. Niemand sollte schnell vertrauen. Ich bin hier um dir Anhaltspunkte zu geben über die du nachdenken solltest. Dann legst du vielleicht endlich diesen Tunnelblick ab, der dich noch in die irre früheren wird."

Wieder nur ein Nicken von mir. Etwas anderes bringe ich nicht zu Stande. Mir fehlen wahrlich die Worte die man in dieser Situation benutzt.

„Warum haben sie dir kein Handy gegeben? Du hättest schon längst die Freiheit auf die sozialen Netzwerke bekommen sollen.
Und warum ist Informatik plötzlich ausgefallen? Hast du mal gefragt für wen es noch ausgefallen ist außer für dich und May?
Das entscheidende ist warum dir Tochter und Sohn des Direktors dieser Schule regelrecht auf Schritt und Tritt folgen", spricht die Frau schnell weiter.

Ich will mich gerade gegen ihr Argument aufbürden, da werde ich von einem drängenden Klopfen an der Tür unterbrochen.
„Merliah? Bist du hier drinnen?" definitiv die Stimme von Eron. Sie klingt Gegensatz zu unseren vorherigen Unterhaltungen sehr aggressiv.

Die Frau kommt schnell zu mir und packt mich am Arm.
„Überlege dir gut was du tust.
Lass mich auffliegen, aber dann werde ich sterben bevor zu jemals in der Wahrheit leben konntest", sagt sie.
„Und der Brief war nicht von deinem Vater.
Es war eine Fälschung von Edmund. Dein Vater hätte dich niemals wählen lassen ob du in die Mafia eintrittst oder nicht.
Er hat nicht ohne Grund versucht dich deine ganze Kindheit lang zu beschützen", fügt sie hinzu und öffnet eines der großen Fenster geschwinden.

Kaum so schnell wie ich gucken kann springt sie aus dem Fenster und ist danach genauso spurlos verschwunden, wie mein menschlicher Verstand in diesem Moment.
Ich stehe mitten im Raum wie eine Statue und verspüre einfach nur das Bedürfnis jeden, sowie alles hinter mir zu lassen.

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Na, habt ihr das erwartet? ;)

You're my overdoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt