𝐌𝐄𝐑𝐋𝐈𝐀𝐇„Jaxon, jetzt warte verdammt nochmal!" wiederhole ich mich und besinne mich, das ich in den letzten zwei Tagen so viel Sport gemacht habe wie noch nie, was ich immoment auch deutlich in meinem Oberschenkeln spüre.
Ich weiß zwar nicht, wie es ist Wandern zu gehen, aber mit so einem wie Jaxon, der immer wie verrückt vorläuft, wäre es sicherlich unter den Top 10 auf meiner Liste der schlimmsten Erlebnisse.
Schnaubend sehe ich mit zusammen gekniffenen Augen dabei zu, wie der wandelnde Albtraum gerade um die Ecke biegt.
Jetzt auch noch Pakour?
Ich glaube ich spinne, der hätte auch einfach gradeaus laufen können.Aber weil ich meine hilfsbereite Gehirnhälfte gerade eingeschaltet habe, dackele ich ihm natürlich hinterher, wie die Küken ihrer Mutter und fühle mich dabei irgendwie in meiner feministischen Ader verletzt.
Wieso? Keine Ahnung.
„Der will mich doch verarschen", fluche ich, als ich sehe, dass er bestimmt schon um die 20 Meter Vorsprung hat und offensichtlich gleich wieder um eine Ecke muss.
Okay, sprinten oder ihn einfach weglaufen lassen und mich wieder wie ein normaler Mensch in den Unterricht setzen?
Im nächsten Gedanken stelle ich fest, das ich gar kein normaler Mensch mehr bin, wenn nur einer mit einem sehr verkorksten leben.Deswegen fällt Auswahl zwei weg und ich muss wohl oder übel sprinten.
Gib alles Merliah!
Diesen Gedanken, habe ich auch immer kurz vor den Bundesjugendspielen in meinen Kopf gerufen, hat natürlich nie etwas gebracht, aber vielleicht jetzt.
Ich sprinte mit meinen Convers, die mir dafür bestimmt einige Blasen bescheren werden, direkt auf Jaxon zu und bin überrascht, wie schnell ich mich seinem Körper nähere.
„So...und jetzt..bleibst du mal stehen", sage ich bei ihm angekommen völlig außer Atmen und Kralle meine Fingernägel dabei so tief in das Fleisch seines Unterarmes, dass er mir ja nicht mehr entwischt.„Ah, bist du bescheuert?" reagiert er blitzschnell auf meine barschen festhaltungs Methoden und start mich an, als wäre ich eine unverschämte Plage.
„Nein, aber du.
Du hättest ruhig mal stehen bleiben können, das nächste Mal wird es bestimmt nicht Option eins, dafür sorge ich!" werfe ich ihm das Wirrwarr aus meinem Kopf sauer entgegen und ziehe nach einem prüfenden Blick meine Hand zurück.
„Wie bitte?" fragt er und fährt mit seinen Augen die einkerbungen meiner Fingernägel auf seinem Unterarm nach.
Logisch dass er fragt, Gedankenlesen ist zu meinem Glück etwas, was nicht existiert.
Oder zumindest noch nicht, man weiß ja nie wie gruselig sich die Technik noch entwickeln wird.„Ach komm, egal", sage ich und winke ab.
Mit einem Blick in sein Gesicht wird mir bewusst, dass es kein harmloser Schlag war, sondern definitiv einer mit ordentlich Kraft dahinter.
Die Wange von Jaxon sollte in normal zu Ständen eigentlich nur noch leicht rot sein, aber sie ist im Gegensatz zu vorhin noch einige Nuancen dunkler geworden.
„Das muss gekühlt werden", meine ich kurz und knapp.
Jacob gibt einen prustenden Laut von sich, wie als wäre es lächerlich, das ich sowas kühlen möchte und sagt : „Das muss gar nichts, geht von alleine weg."„Mag sein", sage ich , „aber dass würde dann um einiges länger dauern, eventuell wird es sogar bläulich und wir wollen doch nicht, dass dein hübsches hübsches Gesicht die Mädels in Zukunft abschreckt, nicht wahr?"
Ich erfreue mich tierisch daran, mit dem Macho in meiner Kinderstimme zu reden und ihm dabei noch in die unverwundete Wange zu kneifen, als wäre er mein kleiner Neffe.
„Na hoffentlich schreck es dich ab." sagt Jaxon schelmisch grinsend.
Schön, dass er seine Überheblichkeit zurück hat, so schlecht geht es ihm dann damit wohl nicht.
„Halt's Maul", sage ich belustigt , „und sag mir bitte wo hier ein Sanitäter Raum ist oder so, es muss gekühlt werden."„Gibst du dann Ruhe?" meint Jaxon.
Toll, als wäre es etwas negatives für ihn was ich tun möchte, dabei mache ich es doch für ihn und nicht für mich.
Typisch Männer!
„Ja", antworte ich gedehnt und schicke ihn mit einer handgeste voraus, damit er mir den Weg zeigt.
„In jedem Flur ist ein Sani Raum, meistens ist es direkt die erste Tür..also." erzählte er mir und bleibt vor der ersten Tür stehen, nachdem wir um die Ecke gegangen sind, ganz wie er erklärt hat.
„Schüssel", weise ich an und halte ihm meine offene Hand entgegen.
Ohne Worte überreicht er mir einen Schlüssel aus seinen Hosentasche, ich glaube beinahe dass dieser Schlüssel der gleiche ist wie die jeweils vorherigen, er hat als Sohn des Direktors bestimmt einen Universal Schlüssel.Eventuell bekomme ich ja auch einen, so als Tochter eines guten Freundes, auch wenn der gute Freund tot ist.
Mit einem Klick sperrt sich die Tür auf und wir treten ein.
Jaxon schließt die Tür hinter sich und bedient den Lichtschalter, kurz darauf wird der Raum in ein gelbliches Licht getunkt, was von der einfachen Hänge Lampe über uns ausgeht.
„Hätte ich mir irgendwie luxuriöser vorgestellt", stelle ich laut fest und drehe mich einmal um die eigene Achse.
Hier sieht alles so aus wie auf meiner alten Schule.
Eine einfache Liege mit orangenem Polster, kahle weiße Wände an denen jeweils zwei Verbandskästen angebracht sind, ein Waschbecken und ein kleiner Kühlschrank.„Was hast du erwartet? Reines Gold an jeder Ecke?" fragt Jaxon und legt sich so krüppelhaft auf die liege, wie ein Schwerverletzter.
Ein Teil seiner Beine ragt dabei ein ganzes Stück über die liege hinaus, ist bestimmt nicht immer einfach mit dieser über Größe.
„Ja schon, nachdem ich das Boxspringbett und die Badewanne in meinem Zimmer gesehen habe, habe ich alles erwartet, nur eben nichts normales", stelle ich klar, während ich ein Kühlkissen aus den Kühlschrank hole und mit einem Taschentuch umwickele.
„Du hast ein ein VIP Zimmer bekommen und Lia ist deine Mitbewohnerin, weil..," unterbricht Jaxon sich plötzlich selber und presst seine Lippen ertappt aufeinander, als ich auf ihn zu gehe.„Was ist mit Lia", hake ich aufmerksam nach.
„...weil sie deine Freundin ist, natürlich." antwortet er mir, wenn auch etwas zögerlich und ich glaube ihm dabei kein Wort.
Da ich mir aber sicher bin, dass er sich irgendwann selbst verraten wird, lasse ich das Thema erstmals ruhen und kümmere mich um das Kühlen.
„Mach platzt und setzt dich aufrecht hin", fordere ich und gucke in seine blauen Augen, die gelbe Sprenkel haben, wie mir gerade auffällt.
Jaxon kommt meinen Forderungen ohne einen muchs von sich zu geben nach, weswegen ich mich entspannt auf die Liege setze, parallel zu seinen Knien und die Hand mit dem Kühlkissen behutsam an seine Wange lege.Wir schweigen einige Minuten und sehen uns einzig und allein still in die Augen, doch als mir plötzlich so warm wird, als würde ein Feuer neben uns brennen, obwohl ich etwas kühles in der Hand halte, kann ich die Stille nicht mehr ertragen.
„Was..," setze ich an, aus meinem Mund kommt aber nur ein heiserer Ton, weswegen ich mich vor dem weitersprechen räuspere.
„Was ist passiert, ich meine mit deiner Wange, wie ist es passiert?" Frage ich ihn und bin froh die Frage loszuwerden, die mir schon so lange auf der Zunge brennt.
Jaxon nimmt den Blick von mir und fixiert das Waschbecken zu meinem Rücken, während er sagt : „Ich habe deinen Vater beleidigt und mein alter Herr wird bei der Erwähnung von seinem Namen schon ganz schwach, bis vor ein paar Jahren wäre er dabei zusammengebrochen, wenn er von deinem Vater erzählt hätte.
Aber jetzt ist Trauer zu Wut geworden und es ist nunmal alles mit ihm durchgegangen, vertrau mir, er ist kein schläger Vater, der Fehler lag bei mir."Irgendwie rührend, aber andererseits ist Gewalt nie eine Lösung und Edmund tut mir so unheimlich leid.
Ich weiß nicht wie er sich fühlt, ich habe noch nie jemanden verlieren müssen.
Oder eher gesagt, hatte ich niemanden, den ich verlieren konnte.
„Merliah..," holt mich Jaxon mit einem Stöhnen zurück ins Jenseits.
Seine Hand liegt auf meiner und drückt sie etwas leichter an seine Wange, ich bin wohl in meinen Gedanken ganz weg gewesen.
„Tut mir leid, ich war in Gedanken", hauche ich und kann nicht aufhören auf seine mit Adern überzogene Hand zu starren.„Merliah." werde ich von ihm aufgefordert und einzig und allein seine Stimme, schafft es, meinen Blick wieder direkt auf ihn zu richten.
Auf seine Augen, die plötzlich so anders sind wie vorhin, aussehen, als könnte man sich für immer in ihnen verlieren.
Sie sehen aus, wie der pure Frieden.
Ebenso wie seine göttlichen Lippen, die sich meinen langsam nähern, im Augenblick wünsche ich mir nichts sehnlicher als einen Kuss von ihm.
Einen echten Dornröschen Kuss.
Wie aus dem Märchen.„Jaxon? Ach da seit ihr ja, ich wollte mich bei meinem Sohn...., oh, störe ich?"
Ich zucke heftig zusammen und werde mit einem Schlag wieder in die Realität gerissen.
In Lichtgeschwindigkeit entferne ich mich von Jaxon und kann in der schnelle gerade noch so mein Gleichgewicht halten.
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You're my overdose
Teen FictionBand I | Merliah lebt schon ihr gesamtes Leben nur mit Mädchen zusammen. Anders geht es auch gar nicht, da sie eine Mädchenschule ihr zu Hause nennt. Eltern waren ihr nie bekannt und irgendwann hat sie es aufgegeben darauf zu hoffen, dass ihre E...