Kapitel 31

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𝐌𝐄𝐑𝐋𝐈𝐀𝐇

„Sie werden mir schlimme Dinge antun, wenn ich es dir erzähle und sie es mitbekommen.
Augen und Ohren sind überall verteilt", beginnt sie und gnubbelt dabei an ihren Fingern herum.
Ich weiß von Alya dass das der Nervosität bedingt ist, weil ich es früher immer getan habe und sie mich vollgequatscht hat.

„Ja, bist schließlich eine davon", nörgle ich an ihrer Anregung mit den Augen und Ohren.
Einfühlungsvermögen kann mir gestrichen bleiben, dass hat sie sich eindeutig versaut.

„Ich wiederhole mich May.
„Entweder du erzählst mir was hier passiert oder du verschwindest, ich werde dass schon ganz gut alleine schaffen", füge ich hinzu, nachdem sich ihr Stillschweigen für meinen Geschmack viel zu lange hinzieht.

Sie zögert einen Moment, aber dann hebt sie ihre Finger an den Kopf und zieht sich einfach in null Komma nichts diese extreme Zahnspange vom Kopf, wie eine Maske.
„Vorab, die Zahnspange ist nicht echt.
Wir wurden alle so angepasst, dass wir deinem Beuteschema entsprechen und dich anlocken.
Ich zum Beispiel hatte die Rolle als das stille, ausgeschlossene Mädchen dein Mitleid zu erlangen und dadurch solltest du dich neben mich setzen", erklärt May mir ungeheuer ruhig.

Schneller als gewollt erkenne ich ihre eigentliche Persönlichkeit.
Sie ist das Gegenteil von allem was sie sein musste. Wie sie mir so gegenübersitzt, die Hände in den Schoß gelegt, eine aufrechte Haltung und ein großes Lächeln im Gesicht, dass einen direkt ansteckt.
Ich freue mich aus unerklärlichen Gründen ihr wahres ich kennenzulernen, gleichzeitig bereitet es mir aber mehr als Angst wie gut sie ihr wahres ich verstecken konnte.
Wie weit sind wohl Jaxon und Lia gegangen?
Wer sind sie eigentlich?

„May, ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was ich sagen soll," beginne ich, „ich meine wer bist du eigentlich? Heißt du wirklich May? Wer sind die Anderen? Wer sind Lia und Jaxon?
Bist du jetzt wirklich so, wie du dich mir gerade präsentierst?"

„Halt mal kurz die Luft an!", schneidet mein gegenüber meine Leitung an fragen einfach so ab, als hätte sie irgendwie so eine unsichtbare Schere dabei.

Mich ärgert ihre entspannte Stimmlage so dass alles in mir hoch fährt und ich spüre wie das Blut in meinen Wangen pulsiert.
Meine Hände werden langsam schweißnass und ich will May jede Beleidigung an den Kopf werfen die ich jemals gehört habe, sie soll einfach aufhören mit mir zu sprechen als wäre ich ein unartiges Kleinkind, dass noch nichts versteht!

„Du hast überhaupt kein Recht mir zu sagen, dass ich mich beruhigen soll!
Ich bin nicht diejenige die sich als andere Person ausgegeben hat und Menschen zu ihren Zwecken ausnutzt!", zische ich zwischen meinem zusammengepressten Kiefer hervor.
Ich hoffe so ein hysterisches Brüllen als Antwort zu verhindern, dem ich mehr als nahe bin.

„Es tut mir leid, okay?", antwortet May mir mit weinerlicher Stimme.
„Es tut mir so leid.
Sie haben uns eingeredet du würdest unser Leben und unsere Mafia gefährden, weswegen wir dich mit Erfolgen aus dem wegräumen müssten.
Aber ich habe vor ein paar Tagen mit Lia gesprochen, du bist ahnungslos los, du hast keine Ahnung was in den nächsten Monaten auf uns zu kommen wird.
Und ebenfalls bist du eine ehrliche Freundin, die es nicht verdient hat von uns hintergangen zu werden", schüttet sie mir ihr Herz aus und hebt ihren Kopf, der während des Ausbruches gesunken ist, wieder hoch auf Augenhöhe.

Ich selber kaue unruhig an meiner Lippe und versuche mein vor Angst pochendes Herz zu ignorieren.
„Du weißt, dass ich dir nicht sofort verzeihen werde? Und dass es taten brauchen wird um mein Vertrauen zurückzuerhalten?", frage ich May deutlich, nachdem ich so tief eingeatmet habe, dass mein Körper sich erst ganz aufgerichtet hat und dann wieder in sich zusammengebrochen ist.

Nachdem aussprechen meiner Worte beginnt May sofort heftig zu Nicken.
Ein winziges Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht, weil es endlich wieder jemanden gibt mit dem ich sprechen kann.
Auch wenn es kompliziert werden wird, May hat mir einen Teil des großen Rätsels offenbart und ich werde nicht alleine sein, wenn ich Hilfe brauche.
Natürlich kann es auch sein dass das alles schon wieder ein Spiel von allen ist, aber für heute reicht es mir.
Ich will einfach nur diesen Triumph genießen und morgen geht es dann weiter auf Monster jagt.

„Warte May!", rufe ich nach kurzem zögern und verhindere damit dass sich May weitere zehn Meter von mir entfernt.

„Du hast nichts von Jaxon erwähnt, er ist doch sicherlich auch anderes oder?", frage ich und stecke nervös die Hände in die Hosentaschen während ich hoffnungsvoll Grinse.

May dreht sich langsam wieder um und sieht mich zerknirscht an, als hätte sie gehofft dass ich bloß nicht von Jaxon anfangen.
Allerdings weiß ich selber, dass ich ihn vergessen sollte, trotzdem muss ich es wissen.

„Merliah, bitte sei nicht traurig aber Jaxon ist nunmal Jaxon. Als es uns erläutert wurde diese Rollen einzunehmen hat er sich gewehrt wie ein Tier. Er ist der einzige den du wirklich kennen gelernt hast, so wie er ist", antwortet sie deutlich.

„Okay", antworte ich und winke ihr schnell zum Abschied, damit sie geht bevor die Tränen beginnen mein Gesicht zu überrennen.

You're my overdoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt