Kapitel 2

32 5 0
                                    

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich nicht bereit für den Tag. Ich machte mich auf den Weg ins Badezimmer, um schnell zu duschen und vielleicht etwas wach zu werden, denn in weniger als einer Stunde musste ich vor meinem Laptop sitzen und bei meiner Genetik Vorlesung anwesend sein. Heute hatte ich nicht sonderlich viel vor, ich habe für eine Stunde eine Vorlesung und muss dann in das kleine Lokal, in der Nachbarstadt, um dort ein wenig zu kellnern. Den Minijob habe ich vor ungefähr einem Jahr angenommen, eigentlich hatte ich vor, im Labor in der Uni für 450 Euro auszuhelfen und die neuen Studenten zu unterrichten, aber da es zu viele Interessenten gab, wurde ich nicht genommen. Ich habe mich also anderweitig umgeschaut und eine kleine Stellenanzeige in der Zeitung gefunden.

Professorin Foster war heute Morgen anscheinend schon putzmunter. Es war gerade mal 9 Uhr und sie erzählte uns ganz freudig mit, welche Themen wir uns heute ganz grob befassen werden. Wobei ich jetzt schon sagen kann, dass wir die letzten Themen nicht einmal ankratzen werden. Professorin Foster geht sehr gerne auf die Fragen ihrer Schüler ein und versucht auch, dass jeder ohne unklare Aspekte den Saal wieder verlässt. Das tue ich zumeist aber immer, da ich mich nicht wirklich traue, Fragen zu stellen. Das Problem hatte ich schon meine ganze Schulzeit über. Ich habe grundsätzlich schlechtere Noten bekommen, weil ich mündlich nicht am Unterricht teilgenommen hatte. Ich hoffe immer, dass andere dieselben Fragen haben wie ich, damit ich sie nicht stellen muss, sondern es jemand anderes tut. Ich weiß, das ist eher unproduktiv und genau deswegen darf ich auch mehr lernen, aber ich schaffe es einfach nicht, mich auch nur einmal zu melden, dafür liegen zu viele Augenpaare auf mir, wenn ich reden würde. Während unsere Professorin uns ganz eindringlich versuchte zu erklären, wie Mutationen unsere DNA komplett verändern können und wie sich diese Mutationen dann auch weitervererben würden an unsere Nachkommen, saß ich hier vor meinem Laptop und kam nicht hinterher. Ich hoffe, die Folien sind alle schon im Forum hochgeladen und wenn nicht, dann hoffe ich, dass Professorin Foster das nicht wieder vergisst. Sie ist echt ein Engel und man merkt auch, dass sie extrem viel Spaß bei ihrem Job hat, aber sie vergisst sehr schnell mal einiges, weil sie sich in irgendwelchen Gesprächen immer total verplappert.

Nach dieser elendig langen Vorlesung und ein paar Versuche unserer Professorin zu sagen, dass sie bitte die Folien nicht vergessen soll, mache ich mir etwas zu essen, denn ich hatte Kohldampf nach der ganzen Zeit. Bis ich arbeiten muss, dauert es auch nicht mehr lange. Meine Schicht geht heute von 12 bis 15 Uhr, so hatte es mir Karolin, meine Chefin, gestern noch geschrieben. Hoffentlich ändert sich das nicht mehr.

Ungefähr um 10 vor 12 machte ich mich fertig. Der Weg zum Lokal war nicht sonderlich lang und da es mittags mitten in der Woche war, war auch nicht viel los in den Straßen. Es dauerte auch nicht lange und ich stand nun mit einer schwarzen engen Jeans, einem weißen T-Shirt und meiner Schürze um die Hüfte gebunden vor dem ersten Tisch und nahm deren Bestellungen auf. Das Lokal war nicht sonderlich voll, und somit konnte ich mich eigentlich auf recht entspannte Stunden freuen. Früher hatte ich immer gedacht, dass ich niemals ein Tablett auf einer Hand balancieren könnte, schließlich sind mehr als die Hälfte der Gläser bei uns zu Hause meinetwegen kaputtgegangen, aber je länger ich hier als Kellnerin arbeite, desto einfacher fällt es mir auch und wer hätte es erwartet, mir ist bisher noch nichts heruntergefallen. Meine Chefin war auch recht zufrieden mit mir, ich meckere schließlich nicht wie ein paar meiner Arbeitskollegen. Erstens bin ich dafür sowieso viel zu schüchtern und zweitens bin ich Karolin so dermaßen dankbar dafür, dass ich hier arbeiten darf. Ich weiß nicht, wie ich mein Studium ohne diesen Job finanzieren sollte.

Nach meiner Schicht begab ich mich wieder nach Hause, ich musste noch ziemlich was nachholen aus den Vorlesungen. Zu Hause sah ich, dass Stacy mir geschrieben hatte.

Stacy: Lass morgen nach der Uni mal in die Innenstadt gehen, ich muss noch ein paar Besorgungen machen.

Ich: Geht klar, aber gehst du dann morgen persönlich in die Vorlesungen oder bleibst du im Bett?

Stacy: Da wir danach ja in die Stadt wollen, gehe ich persönlich hin, ich kann dich ja nicht mit den ganzen Idioten alleine lassen.

Im Anschluss an die Nachricht folgte ein zwinker Smiley. Es ließ mich schmunzeln und ich legte mein Handy weg, um heute noch wenigstens etwas zu lernen.

Gegen 19 Uhr war ich dann auch fertig. Ich habe heute bei weitem mehr verstanden als sonst, was mich sehr zufrieden macht. Den Abend könnte ich jetzt auf verschiedene Weisen ausklingen lassen, aber ich entschied mich dazu, noch eine kleine Runde laufen zu gehen. Oft gehe ich zwar nicht laufen, aber an manchen Tagen habe ich einfach spontan Lust dazu und heute ist so ein Tag. Ich zog mir also eine Leggings an, da es draußen doch recht frisch für den Frühling war, ein T-Shirt und noch meine Laufjacke. Ich weiß absolut nicht mehr, warum ich mir das Ding gekauft habe und warum ich dann auch noch die in einem sehr auffälligen Blau genommen habe, aber ich bin doch recht froh, sie zu besitzen. "Mom, Dad, ich bin noch schnell eine Runde laufen", schrie ich durch die Wohnung, als ich mir meine Schuhe anzog. "Aber das Essen ist doch jetzt gleich fertig"

"Ich esse dann einfach später."

"Aber das wird dann doch kalt."

"Mom, du vergisst auch immer wieder, dass wir eine Mikrowelle haben, oder?" Meine Mutter erwiderte daraufhin nichts und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.

Meine Joggingrunde war nicht allzu lang, sie ging, wenn es hochkommt, fast einen Kilometer und führte nur einmal um den Block, aber um sich von der Uni und anderen Stress abzulenken, reicht das allemal.

Ich will dich nicht verlierenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt