Kapitel 9

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Seit dem Vorfall im Weingut habe ich kaum noch gut geschlafen. Dass Dain mich einfach zu rausgeschmissen hatte, hat mich mehr mitgenommen, als es hätte sein sollen. Wir beide haben nichts mehr miteinander zu tun, da ist es eigentlich sein gutes Recht, mich nicht sehen zu wollen. Trotzdem nahm es mich ziemlich mit.

In der Mensa angekommen, nahm ich mir ein Tablett und ging zu einem der Köche, um mein Essen entgegenzunehmen. Danach ging ich weiter, um zu bezahlen. Stacy und Finn saßen schon an einem Tisch. Ich hatte den beiden gesagt, dass sie schon einmal vorgehen sollten, da ich noch auf die Toilette musste. Eigentlich wollte ich aber nur etwas Zeit, um alleine zu sein. Ich wollte heute auch gar nicht zur Uni kommen, meine Mutter hatte mich dann aber doch überzeugen können. Sie meinte, dass ich mich nicht von dem Vorfall so runterziehen lassen sollte und dass ich mir über einen dahergelaufenen Typen keine Gedanken machen sollte. Sie wusste, dass es Dain war, aber sie denkt auch, dass er kein Teil meines Lebens mehr ist und somit nicht wichtig ist. Dennoch weiß sie, wie viel er mir damals bedeutet hat.

"Da bist du ja endlich, ich habe mir schon etwas Sorgen gemacht", sagte Stacy, als ich mich zu ihnen setzte. "Tut mir leid, aber es waren so viele Leute auf der Toilette, da musste ich warten.'' Ich setzte mich hin und machte mich an meinem Essen zu schaffen. Ich wollte eigentlich nichts essen, aber es muss trotzdem sein. Finn und Stacy unterhielten sich ausgiebig. Es ist nun anscheinend herausgekommen, dass Stacy ihrem Freund nicht fremdgegangen sein soll, weil der Fremde einfach nur neben ihr eingeschlafen ist und die beiden nichts miteinander getan haben. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass dies nicht stimmt, aber erstens: Ich will Stacys gute Laune nicht zerstören und zweitens: Ich erinnere mich kaum noch an den Abend, also habe ich keine Beweise. Ab einem gewissen Punkt stocherte ich nur noch lustlos in meinem Essen herum. Ich bekam keinen Bissen mehr herunter. "Kylie, ist alles gut bei dir?" Finn schaute mich besorgt an. "Jetzt, wo du das sagst, ich habe schon den ganzen Tag das Gefühl, dass Kylie wie ein Zombie ist. Sie hat auch kaum Farbe im Gesicht." Nun schaute auch Stacy mich an. "Ach, es ist nicht. Ich werde einfach nur krank."

"Bist du dir dabei sicher?" Finn schien nicht nachgeben zu wollen. Ich nickte daraufhin einfach nur. "Wenigstens fängt das nach euren Klausuren an." Mehr sagte er nicht mehr. Ich gebe ihm dabei recht. Wenn ich vor den Klausuren von Dains Übernahme des Weinguts gewusst hätte und dann hingefahren wäre, dann hätte ich die Klausuren wahrscheinlich komplett verhauen. "Ich glaube dir nicht", sagte Stacy. "Dich bedrückt doch irgendwas. Kylie, ich bin deine beste Freundin, vielleicht auch deine einzige, du wirst nicht einfach nur krank, da ist was anderes."

"Es ist alles ok. Ich werde wirklich einfach nur krank."

"Nein."

"Was nein?" Ich sehe sie verwirrt an. "Du wirst nicht krank. Wenn dies der Fall wäre, dann würdest du mir die ganze Zeit die Ohren deswegen vollheulen."

"Würde ich gar nicht. Das machst du immer."

"Ladies, es reicht!" Finn ging dazwischen. "Stacy, ich glaube, dass Kylie besser weiß, was mit ihr ist." Danach wandte er sich an mich. "Kylie, wenn irgendwas ist, dann kannst du immer mit uns reden, das weißt du doch, oder?" Stacy schmollte neben ihm und ich seufzte, dann erzählte ich ihnen von Montag. Dass ich eigentlich nur einen alten Freund besuchen wollte und er mich dann eiskalt einfach rausgeschmissen hatte. "Siehst du, das war doch nicht so schwer." Finn lächelte mich freundlich an. "Ich kann verstehen, dass dir das Sorgen bereitet. Er war dir damals sehr wichtig und das Kind in dir hat anscheinend immer noch diese Ansicht, deswegen enttäuscht es dich umso mehr, dass er dir gegenüber so kalt war. Hat er dich überhaupt erkannt?"

"Ich glaube schon. Ich trage doch immer die Kette mit der Sonnenblume als Anhänger, die habe ich damals von ihm geschenkt bekommen und ich glaube, er hat mich anhand der Kette erkannt, aber ganz sicher bin ich mit nicht."

"Wenn er nur mit 'Verschwinde' geantwortet hat, dann hat er dich definitiv erkannt", warf Stacy in den Raum, worauf Finn ihr zustimmte. "Hast du Lust, etwas zu unternehmen? Vielleicht lenkt dich das ab."

"Ich kenne hier in der Nähe einen Klub, wir-" Ich unterbrach Stacy. "Nein! Bitte nicht schon wieder." Beleidigt schob sie die Unterlippe nach vorne. Finn musste schmunzeln. "Na gut, dann nicht."

Nach dem Mittagessen trennten sich unsere Wege. Ich ging nach Hause, da ich keine Lust mehr hatte, vorerst unter Menschen zu sein und ich einiges an Schlaf nachzuholen hatte. Nach der Vorlesung am Nachmittag schickt Stacy mir noch die Aufzeichnungen, die sie gemacht hat. Meinen Nachmittag und Abend verbrachte ich größtenteils nur im Bett und verließ es nur, wenn es dringend nötig war.

Ich will dich nicht verlierenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt