Kapitel 13

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Seine Sicht

Die Saison verging nach der WM unfassbar schnell und ich konnte mir nicht erklären, wo die Zeit geblieben war. Heute war das Saisonfinale und in Oslo war die Hölle los. Neben dem Saisonfinale der Biathleten fand auch das der Langläufer und Skispringer statt. Zum ersten Mal seit Jahren ging es in Oslo mal wieder so richtig her. Es war lange her, dass alle Saisonfinals gleichzeitig in Oslo stattgefunden hatten. Es war einfach nur super, eine so atemberaubende Atmosphäre zu haben. Und ich war froh, zwischen den Rennen viel Zeit mit Liva verbringen zu können. Na gut, zu mindest wenn Emil nicht in der Nähe war.

Heute sollte der Abschließende Massenstart stattfinden. Ich hatte vor, ein vernünftiges Resultat zum Ende der Saison zu erzielen. Johannes hatte immerhin schon einen dritten platz erkämpfen können. Bei dem Rest von uns sah es nicht ganz so rosig aus. Trotzdem war ich froh heute nochmal an der Startlinie stehen zu können. Mit dem Startschuss begab ich mich auf die Strecke. Die letzten Kilometer der Saison. Ich hielt mich zu nächst an meinen Bruder, um eine gute Ausgangsposition zu bekommen. Und meine Taktik ging auf. Ich erreichte den Schießstand und konnte relativ früh zu schießen beginnen. Als ich alle Scheiben abgeräumt hatte, begab ich mich guter Dinge auf die Loipe. Auch die zweite Runde und das zweite Schießen liefen unfassbar gut. Besser als bei den letzten Weltcup Stationen. Und auch die dritte Runde lief sich gut. Ich konnte es schon fast nicht glauben. Und auch beim dritten Schießen konnte ich es fast nicht glauben, dass ich alle Scheiben abräume, wo ich doch gerade beim stehend schießen im Moment nicht gerade eine Bank war. Ich begab mich also guter Dinge in die vierte Runde und war fest davon überzeugt, die dritte Position, auf der ich gerade lag zu halten. Doch es kam wie es kommen musste. Der letzte Schuss ging daneben und zwar grandios daneben. Mit der zu laufenden Strafrunde hatte ich auch jegliche Chancen auf einen Podestplatz vergeben. Verdammter Mist. Es war doch so gut gelaufen. Im Ziel belegte ich Rang vier. Und konnte mich leider nicht so für den Sieg von Johannes freuen, wie ich es eigentlich sollte. Immerhin hatte er es bis auf Rang drei der Gesamtwertung geschafft. Allerdings schaffte ich es erst bei der Medaillenvergabe, mich ein bisschen für ihn zu freuen. Nach dem wir unsere Medaillen bekommen hatten, machten wir uns als Team zusammen auf den Weg zum letzten Langlaufwettbewerb. Aus irgendeinem Grund hatte Siegfried darauf bestanden, dass wir ihn ansehen sollten. Vermutlich wären wir sonst aber ehe von Emil gezwungen worden. Immerhin würde Liva sich heute nach einer unfassbar guten Saison zur Königin der Langläuferinnen krönen können. Zum Schluss der Saison stand noch einmal der Klassiker über die 10km statt. Liva war seit der gesamten Saison in dieser Distanz ungeschlagen. Etwas, was in der jüngeren Geschichte so noch nicht vorgekommen war. Sie hatte die Konkurrenz wirklich unter Kontrolle.

Von unseren Plätzen aus konnten wir die Zielgerade und den Start perfekt verfolgen und natürlich auch die Stadiondurchfahrt nach der ersten Runde. Der Start ging relativ schnell von statten und man konnte Liva sehr gut im gelb roten Trikot erahnen. In der ersten Runde blieben alle relativ nah beieinander und es wunderte mich, dass niemand einen Versuch startete sich abzusetzen. Auch Liva hatte sich eher zurückhalten im Windschatten einer anderen Läuferin begeben. Als die Athletinnen durch das Stadion liefen wurde es bei uns auf den rängen sehr laut und wir taten alles, um die norwegischen Athletinnen anzufeuern. Aber es passierte auch auf der zweiten Runde nichts. Keine sah so aus, als ob sie gewinnen wollte. Doch bei der anfangenden Durchfahrt zum Stadion sah man plötzlich, wie Liva und auch Charlotte Kalla eine Attacke setzten. Mit viel Kraft schafften sie es sich einige Meter abzusetzen. Es waren vielleicht noch 250m bis zur Zielgeraden und die Beiden battelten sich ohne Unterlass. Aber sie waren ja auch selbst schuld. Immerhin hätten sie auch früher angreifen können. Letzten Endes schaffte es Liva mit einer winzigen Fußspitze Vorsprung ihre Serie ungeschlagen über die 10km zu sein, zu halten.

Zusammen mit Emil begab sich unser Team in die Mixed Zone um ihr zu gratulieren. Liva war quasi die Schweiz, da sie zwar Langläuferin war, aber Emil auch ihr Bruder. Deshalb war die Rivalität von uns Biathleten zu ihr eher klein.

Lachend kam Liva auf uns zu gelaufen und viel Emil um den Hals, der sie fest an sich drückte.

„Glückwunsch Kleine. Oder soll ich lieber sagen Frau Gesamtweltcupsiegerin?" Emil sah sie lächelnd an.

Liva lachte nur und machte sich von Emil los und sammelte von uns anderen die Glückwünsche ein. Nur Händeschütteln. Niemand sollte merken, dass zwischen uns mehr lief.

Allerdings musste Liva auch gleich wieder los, was uns beiden eine peinliche Situation ersparte, immerhin wollte der König sie empfangen. Und Liva war deswegen unfassbar aufgeregt. Ich kannte das Gefühl. Man war schließlich nicht jeden Tag in der Loge des Königs. Ich erinnere mich noch daran, wie aufgeregt ich war, als er mir zum Gesamtweltcupsieg gratuliert hat.

Ich sehe ihr also dabei zu, wie sie völlig hibbelig in Richtung des Königs verschwindet, während Siegfried ankündigt jetzt erst einmal die letzte Team Besprechung der Saison abhalten zu wollen, was von Patrick, dem Damentrainer unterstützt wird. Einzig und allein Sanna sieht über diese Entscheidung nicht glücklich aus und dass bringt sie auch zum Ausdruck.

„Muss das jetzt sein? Roberts Wettkampf beginnt in 10 Minuten. Ich habe ihm versprochen da zu sein." Sie sieht echt genervt aus.

„Ja, Sanna es muss. Wir müssen mit dir eh nochmal unter vier Augen sprechen." Patrick sieht sie an.

Ich meine ein Augenrollen erkennen zu können. Aber ich verstehe sie. Ich würde es auch nicht unbedingt gut finden, wenn ich mir den Wettkampf meiner Lebensgefährtin nicht ansehen könnte. Vor allem nicht nach der Bomben Saison, die sie gehabt hatte. Sie hatte zwar nur knapp den Gesamtweltcup gewinnen können, aber sie war auch erst 19. Aber egal.

Ich griff nach meinem Handy und schrieb Liva. Ich fragte sie, ob wir uns bald treffen wollten, um die Saison zu feiern und vor allem auch ihre Erfolge.

Ufullkommenhet er en Form av FrihetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt