Kapitel 31

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Seine Sicht

Wenige Stunden nach dem Frühstück ging unser Flug nach Oslo. Die Stunden dazwischen hatte ich fast vollständig mit Liva verbracht. Wir waren spazieren gewesen und hatten einige Fotos gemacht, da weder ich noch sie wirklich zeit für diese Art von Dingen gehabt hatten. Danach hatten wir uns verabschiedet um die restliche Zeit zum Kofferpacken nutzen zu können. Bei mir und Johannes war das Kofferpacken in einem Chaos ausgeartet. Wir hatten unsere eh schon stark verteilten Klamotten kaum auseinanderhalten können und auch sonst war es ein Wunder gewesen, dass wir überhaupt pünktlich zu den Bussen gelangt waren. Von Siegfried hatten wir für unsere leichte Verspätung böse Blicke abbekommen, aber sonst waren wir ohne größere Probleme davongekommen.

Im Flugzeug hielt dann zunächst Patrick Oberegger die obligatorische Traineransprache ab.

„Liebe Sportler. Meine Trainerkollegen geben mir sicher Recht, wenn ich sage, dass man vor euch nur den Hut ziehen kann. Ihr habt bei diesen Spielen alles gegeben und dafür gesorgt, dass Norwegen wieder die stärkste Nation geworden ist."

Im Flieger wurde es etwas lauter. Bei mir blieb die Freude ein klein wenig aus.

„Morgen werdet ihr in Oslo dann auch erfahren, was der Preis für euren Erfolg ist."

Patrick sah belustigt in die Menge. Wir wussten alles, worauf er anspielte.

„Ab morgen um 10 Uhr dürft ihr euch am Osloer Flughafen mit euren Fans rumschlagen. Ich wünsche euch jetzt schon viel Spaß. Und nochmal unsere herzlichen Glückwünsche. Habt einen angenehmen Flug."

Patrick legte das Mikro beiseite und wir beklatschten ihn noch einmal. Danach wand ich mich wieder meinem Handy zu. Doch der Friede wehrte nur kurz, denn Johannes brüllte auf einmal durch den halben Flieger.

„Tarjei. Gib mir dein Geld. Ich habe die Wette gewonnen." Völlig überfordert sehe ich in seine Richtung. Dann fällt mir auch ein, worüber wir gewettet hatten.

Wir hatten vor beginn der Spiele hatten wir teamintern und mit den Skispringern darum gewettet, wann sich Sanna und ihr Skispringerfreund endlich verloben würden. Anscheinend war es mittlerweile geschehen. Doch noch bevor ich Johannes antworten konnte, schaltete sich Emil ein, der neben mir im hinteren Teil des Flugzeuges saß.

„Mach mal langsam klein Bö. Noch haben wir nicht alle Einzelheiten. Du hast immerhin nicht nur auf ihre Verlobung gewettet, genauso wenig wie wir anderen."

Tatsächlich hatten wir alle auf ziemlich viel getippt. Auf das Datum der Verlobung, den Ort und einige sogar auf die Form des Rings. Die Wette war aus einer sehr dummen Idee von Johannes entstanden und war dann etwas eskaliert.

Emil und ich bewegten uns dann in Richtung Johannes, da wir jetzt alle Einzelheiten wollten.

Doch zunächst einmal schaltete sich eine sehr überforderte Sanna ein.

„Ihr habt Wetten darüber abgeschlossen, wann wir uns verloben?" sie war wirklich schockiert.

Ich konnte sie verstehen. Es war auch wirklich böse von uns gewesen auf so etwas privates zu wetten. Worauf Johannes einfach mit einem stumpfen ja antwortete. Noch schockierter waren Robert und Sanna nur noch, als Siegfried, der sich ebenfalls an der Wette beteiligt hatte, einschaltete und seinen Gewinn abholen wollte.

Sanna und Robert sahen uns und auch den Skispringern völlig überfordert dabei zu, wie wir die Gewinne verteilten. Am Ende hatte Johannes das meiste Geld abgeräumt und ich war einer größeren Schande vor allem durch das Versagen von Daniel Andre Tande entgangen. Nach dem verteilen der gewinne mussten wir Sanna und Robert nur versprechen, dass wir nichts öffentlich machen würden, aber das war selbstverständlich.

Danach begab ich mich zusammen mit Emil zurück zu unseren Plätzen. Doch wir wurden von Liva aufgehalten, die in der gangreihe saß. Wieder mit Stricknadel und ihrer moosgrünen Wolle bewaffnet sah sie uns entgeistert an.

„Wirklich? Emil, Tarjei sowas hätte ich von euch nicht erwartet. Wie könnt ihr nur auf so was Privates wie eine Verlobung wetten? Das gehört sich doch nicht." Sie war anscheinend wirklich schockiert von uns.

„Sie haben es mit Humor genommen Ingrid. Also alles gut." Emil grinste sie an.

„Wenn du so was irgendwann bei mir abziehst, dann schwöre ich dir, hast du das größte Problem deines Lebens." Sie grinst Emil und mich an.

Danach wendet sie sich wieder ihrem Strickzeug zu und Emil und ich lachen sie ein bisschen aus, was sie mit einem Verdrehen der Augen quittiert.

Wenige Stunden später kamen wir dann in Oslo an und Patricks Prophezeiung trat wirklich ein. Unzählige Fans und Reporter wollten irgendwas von uns und wir waren quasi in einem Blitzlichtgewitter gefangen.

Vor allem Liva und Marit wurden von allen in Beschlag genommen, aber auch der Rest von uns hatte durchaus zu kämpfen. Ich war wirklich froh, als ich eine Stunde später im Parkhaus des Flughafens stand. Ohne große Umschweife setzte ich mich in mein Auto und machte mich auf in Richtung meiner Wohnung, die sich in der Nähe des Holmenkollen befand. Ich fuhr eine gute Stunde bis zu meiner Wohnung und war schließlich unendlich froh, auf mein Sofa fallen zu können. Ich war völlig fertig. Kurze Zeit später bekam ich eine Nachricht von Liva. Sie wohnte gut eine halbe Stunde von mir entfernt auf der Halbinsel Landoya etwas außerhalb von Oslo.

In ihrer Nachricht stand der folgende Text:

Hei Tarjei,

ich hoffe, dass du gut zu Hause angekommen bist. Hast du zufällig Lust morgen zu mir zum Mittagessen zu kommen?

Alles Liebe Liva

Ich fand es unfassbar lieb von ihr mich danach zu fragen.

Bin sehr gut zu Hause angekommen. Ich würde dir morgen sehr gerne Gesellschaft beim Essen leisten. Soll ich irgendwas mitbringen?

Ich fand es wichtig, zu fragen, ob ich mich irgendwie beteiligen konnte. Und schon wenige Minuten später kam ihre Antwort.

Du kannst gerne was zu Trinken mitbringen. Wenn du Lust hast auch gerne einen Wein.

Ich schlage vor, dass du so gegen 12:30 Uhr zu mir kommst. Bis morgen.

Ha det!

Zufrieden mit ihrer Antwort schrieb ich ihr zurück, dass ich einen Weißwein mitbringen würde und pünktlich bei ihr sein würde.

Danach legte ich ziemlich glücklich mein Handy zur Seite und begann damit meine Tasche auszupacken und die Klamotten in meine Waschmaschine zu sortieren. Ich würde jetzt einige Tage zu Hause sein und war auch ganz froh darüber.

Ich hatte mir vorgenommen ein bisschen zu entspannen und mich wieder neu zu fokussieren. Ich wollte die Saison noch irgendwie gut zu Ende bringen.

Ufullkommenhet er en Form av FrihetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt