Ufullkommenhet er en Form av Frihet

Kapitel 39

Seine Sicht

Ich war unfassbar froh, dass ich jetzt erstmal eine Pause vom Biathlon hatte. Meine Saison war einfach furchtbar gewesen. Ich hatte nach dem Ende der Saison überlegt meine Karriere zu beenden. Ich hatte mich einige tage mit diesem Gedanken herumgetrieben und hatte dann mit Liva über meinen Gedanken gesprochen. Sie hatte mir ausführlich zugehört und mir dann attestiert, dass ich zu schnell aufgab. Davon war ich zunächst sehr geschockt gewesen, aber dann hatte Liva mir erklärt was sie damit meinte. Und ich hatte verstanden, dass sie nur auf diese Saison anspielte und nicht auf meine Karriere. Sie hatte mir klar gemacht, dass ich es bereuen würde, wenn ich es nicht versuchen würde, 2022 die Spiele zu bestreiten. Danach hatte sie Kekse auf den Tisch gestellt und wir hatten die Saison für einige Stunden vergessen.

Jetzt, wenige Wochen später, stand ich zusammen mit Liva und Emil in Livas Schlafzimmer und musste gerade unfassbar lachen, weil Emil resigniert einen Karton mit Livas Büchern auf den Boden hatte fallen lassen und ihr erklärt hatte, dass sie mit ihrer Sucht von nun an alleine klarkommen müsste. Danach war er gegangen, um etwas zu trinken zu holen. Liva renovierte gerade ihre kleine Hütte und Emil und ich waren irgendwie auf die Idee gekommen ihr zu helfen. So war es gekommen, dass wir seit Stunden Bücher sortierten und in ihr Wohnzimmer brachen. Ich wusste nicht, wie viele ihrer Bücher ich mittlerweile in der Hand gehabt hatte, aber es waren viele gewesen. Liva hatte uns auf nachfrage gesagt, dass es ungefähr 500 wären, aber es kam mir vor, als wären es schon tausende gewesen.

Da war der Umzug meiner Ex-Freundin Gerda vor drei Jahren einfacher gewesen. Dafür war die Beziehung schlechter gewesen. Ich hatte Gerda 2010 kennengelernt und wir waren unfassbar schnell ein Paar geworden. Ich hatte vorher in der Schule schon zwei Freundinnen gehabt, aber mit Gerda war es zum ersten Mal etwas Richtiges gewesen. Unsere Beziehung hatte lange gehalten. Fast fünf Jahre lang, aber nur drei davon waren ansatzweise gut und gesund gewesen. Wir hatten beide dazu beigetragen, dass es eine sehr ungesunde Beziehung war, hatten es aber auch beide nicht gemerkt. Gerda war die erste Frau, die ich meinen Eltern vorstellte und die erste, die meine Teamkollegen kennenlernten. Ich hatte überlegt sie zu heiraten, doch kurz nach diesen Überlegungen ging einiges in die Brüche. Sie wollte Kinder und sie wollte, dass ich dafür meine Karriere beendete. Ich war nicht bereit dazu meine Karriere zu beenden. Damals kurz vor den Spielen in Sotchi war aufhören für mich keine Option. Ich vertröstete sie also damit, vielleicht nach den Spielen aufzuhören. Doch ich konnte nicht. Ich hatte mein Ziel einer Einzelmedaille nicht erreicht und war auch sonst noch nicht am Ende. Nach den Spielen hielten wir es noch ein Jahr miteinander aus, aber auch nur, weil wir uns sehr selten sahen. Und so zogen wir kurz nach Weihnachten 2015 den Schlussstrich. Wie Erlend bei den Weltmeisterschaften in der Saison 2016/17 so treffend bemerkt hatte, war nie klar geworden, wer es beendet hatte. Ich glaube wir waren uns beide bewusst, dass es Enden musste. Ich hatte danach Zeit gebraucht, um mit dem Ende der Beziehung klar zu kommen, aber ich hatte es geschafft und war wieder zu mir gekommen.

Ich wurde von einem Schnipsen aus meinen Gedanken gerissen. Liva stand vor mir und sah mich fragend an.

„Was? Was ist los?" ich sehe sie überfordert an.

„Du Träumer. Ich wollte wissen, ob du zum Essen bleibst?" sie sah mich breit grinsend an.

Ich sah auf meine Uhr. Kurz vor 13 Uhr. Ich könnte nicht bleiben.

„So verlockend das Angebot auch klingt. Leider muss ich ablehnen. Johannes will heute seinen Anzug kaufen gehen und braucht Beratung." Antworte ich Liva.

Johannes wir in Kürze heiraten und ich habe als Trauzeuge nun mal die Verantwortung, dass er in einem vernünftigen Outfit vor Hedda steht, wenn sie heiraten.

„Ach stimmt. Ich wünsche dir viel Spaß. Und sag Johannes liebe Grüße von mir." Gibt sie zurück.

Danach begleitet sie mich und auch Emil zur Tür. Emil wird auch nicht zum Essen bleiben, da er schon mit seiner Frau zum Essen verabredet ist. Liva umarmt ihren Bruder zum Abschied und gibt mir, nachdem Emil das Haus verlassen hat einen langen Kuss.

Ich würde Liva jetzt für eine Weile nicht sehen. Kurz nach Johannes Hochzeit würde es für mich ins Trainingslager nach Italien gehen und auch Liva würde unterwegs sein. Im August würde Liva dann nach Berlin fahren und ich würde sie erst Mitte August wieder sehen, da sie ein langes Trainingslager über den gesamten Juli geplant hatte, um ihren Urlaub im August kompensieren zu können. Aber ich wusste auch, dass wir über Telefon und Face Time in kontakt bleiben würden und uns gegenseitig über die Trainingsfortschritte informieren würden.

Die lange Zeit, in der wir uns nicht sehen würden, kam auch dadurch zustande, dass Liva abgelehnt hatte, meine Begleitung zu Johannes Hochzeit zu sein. Sie hatte mir erklärt, dass es für sie zu früh war, meine gesamte Familie kennenzulernen und dann auch noch alle auf einen Schlag. Ich hatte ihren Wunsch verstanden, dass sie es langsam angehen wollte und lieber in kleinen Gruppen meine Familie kennenlernen wollte. Ich hätte mich vermutlich für eine ähnliche Taktik entschieden. Die Größe meiner Familie war manchmal sogar für mich selbst einschüchternd.

Trotzdem war sie froh gewesen, dass ich sie gefragt hatte. So hatte sie es mir zu mindest versichert. Und darüber war ich froh. Im ersten Moment hatte ich nämlich Angst gehabt, ihr auf den Schlips getreten zu sein. Jetzt war ich froh darüber, dass es nicht so gewesen war.

In dieser Saison war mir viel Mist passiert, aber Liva war auf gar keinen Fall etwas, was dazu gehörte. Sie ist um ehrlich zu sein, dass beste, was mir die ganze Saison über passiert ist und ich kann immer noch nicht beschreiben, wie froh ich darüber bin, sie in meinem Leben zu haben. Wir sind vielleicht noch nicht lange zusammen, und vielleicht wird unsere Beziehung nicht halten, aber im Moment ist alles wunderbar, wie es ist und mit dieser Zuversicht lässt es sich schon um einiges leichter in die nächste Saison starten.