Seine Sicht
In Oberhof war es kälter geworden. Ausgerechnet für unser erstes Rennen bei dieser Weltmeisterschaft schneite es wie verrückt. Und ausgerechnet heute lastete ein wahnsinniger Druck auf der norwegischen Biathlonmannschaft. Vor allem nachdem die Langläufer gestern alle anderen deklassiert hatten. Bei den Herren war das ganze Podium norwegisch gewesen und bei den Frauen hatte Liva vor Therese gewonnen und fasst eine Minute Vorsprung auf die Finnin gehabt. Jetzt erwartete man natürlich von uns eine ähnlich gute Leistung. Die Frauen hatten zumindest eine Bronzemedaille gewinnen können. Sanna hatte bei der Windlotterie die besten Karten gehabt und es noch auf den Bronzerang im Einzel geschafft. Jetzt waren wir dran. Johannes war schon längst auf der Strecke und auch Emil hatte schon das erste Schießen hinter sich. Bisher war noch niemand mit null Fehlern durch das Rennen gekommen. Ich stand mittlerweile im Starthäuschen und wartete auf meinen Start. Vor mir war Martin Fourcade auf die Strecke gegangen und ich hoffte einfach ihn nutzen zu können. Zwar lagen wir 30 Sekunden auseinander, aber es war immer hilfreich zu sehen, wie andere Athleten vor einem auf der Strecke aussahen.
Dann begann das Piepen. Und ich stürzte auf die Strecke. Die erste Runde lief wirklich gut. Ich war schnell beim Schießen angelangt und legte mich auf eine der mittleren Matten. Ich hackte mein Gewehr ein und fokussierte die Scheiben durch meinen Diopter. Gerade ging es mit dem Wind und ich wollte diese Chance nutzen. Also schoss ich. Und es klappte. Ich schaffte es mit einem sehr kontinuierlichen und ruhigen Schießen alle Scheiben abzuräumen. Gut gelaunt machte ich mich wieder auf den Weg in die Loipe.
„Heia Tarjei, Heia. Du schaffst das. Lauf Tarjei."
Es war Livas Stimme, die mich von der Seite antrieb. Genauso wie ich es gestern getan hatte. Sie war ein wirklich toller Mensch.
Ich lief weiter. Wenig später gab mir ein Betreuer durch, dass ich im Moment auf Zwei hinter Martin Fourcade lag. Das klang doch ganz gut. Mal sehen, was da noch nach vorne geht. Ich wollte wirklich gerne eine Medaille gewinnen. Ich schob mich mit meinen Stöcken immer weiter. Wenig später stand ich bereits wieder auf einer Matte zum Schießen. Es klappte erneut gut, bis auf den letzten Schuss. Verdammter Mist. Ich hatte ihn nicht getroffen. Gut. Noch war nicht alles verloren. Ich musste nur hoffen, dass mir jemand an der Strecke mein Trefferbild und eine Korrektur für das nächste stehend Schießen geben würde. Unter den erneuten Anfeuerungen von Liva begab ich mich zurück auf die Strecke. Und tatsächlich hatte ich glück und ein Betreuer gab mir an einer Streckenstelle mein Trefferbild durch und auch, dass ich nichts ändern müsste, weil der Schuss nur ganz knapp daneben gegangen war. Von Vorteil für mich.
Das zweite liegend Schießen funktionierte dann wieder ohne Fehler und Sverre, der Mann von Marte gab mir durch, dass ich nur wenige Sekunden hinter Platz 2 lag. Ich konnte es schaffen, auf dass Podium zu laufen. Ich musste jetzt nur alle Scheiben treffen. 5 kleine Scheiben in 50 Meter Entfernung. So schwer kann es ja gar nicht sein. Ich machte das ganze immerhin schon seit Jahren.
Jetzt kam das letzte Schießen. Ich stellte mich auf die Matte und platzierte mein Gewehr. Ich verkroch mich hinter meinem Diopter und fokussierte die Scheiben. Ich drückte ab. Er erste Treffer saß. Auch Treffer zwei und drei folgten. Und dann traf ich plötzlich die fünfte Scheibe und nicht die vierte. Ich war nicht konzentriert genug. Ich atmete noch einmal tief durch und drückte dann ab. Ein Jubel ging durch die Menge. Ich hatte getroffen. Ein Glück. Jetzt musste ich nur noch schnell laufen.
Und das tat ich jetzt. Ich lief in meinen Gefühlen um mein Leben. Und dann auf derZielgerade hörte ich wieder Livas Stimme.
„Komm Tarjei. Hopp, hopp. Hol dir die Medaille. Komm schon." Sie brüllte mich wirklich sehr an.
Aber sie puschte mich. Ich hatte wie einen erneuten Energieschub und schaffte es noch einmal mein tempo für die Zielgerade anziehen. Ich fühlte mich wirklich wohl. Dann überschritt ich die Zielgerade. Sofort sah ich an die Videoleinwand. Platz 2 hinter Martin Fourcade. Jetzt musste ich nur warten. In der Mixed Zone sah ich als erstes Liva, die schnell zu mir kam und mir zu meinem Rennen gratulierte, bevor sie zurück zu Emil lief, welcher mir hinterher auch noch gratulierte. Emil selbst hatte drei Fehler geschossen und war damit nicht in Reichweite einer Medaille gewesen. Und auch Johannes hatte keinen guten Tag erwischt. Vier Fehler waren auch bei seiner guten Laufform nicht mehr zu holen gewesen.
Zwei Stunden später war ich dann stolzer Besitzer einer silbernen WM-Medaille. Anton Schipulin war zwar noch ziemlich nah an mich herangekommen, aber ich hatte es trotzdem geschafft. Nach der Siegerehrung lief ich alleine zum Hotel zurück. Die anderen hatten sich noch zusammen in Richtung eines Restaurants aufgemacht, aber ich hatte irgendwie nicht mehr wirklich Lust gehabt noch einen langen Abend zu haben.
In der Hotellobby fand ich dann eine lesende Liva vor.
„Na, was machst du denn hier?" ich sah sie an.
„Ich hatte keine Lust auf Therese." Gab sie schlicht an mich weiter.
Ich setzte mich neben sie und sah sie an.
„Was ist los Tarjei? Du bist gerade Vizeweltmeister geworden und schaust trotzdem drein wie drei Tage Regenwetter." Sie sah mich an.
„Bei mir ist alles in Ordnung. Ich bin nur etwas müde."
Sie sah mich wieder an und beugte sich dann in meine Richtung.
"Darf ich etwas probieren?" Sie sieht mich an.
"Klar gerne."
Ich hatte keine Ahnung, was jetzt passieren würde. Kurze Zeit später spürte ich ihre Lippen auf meinen. Ich war überfordert und löste mich von ihr. Sie sah mich unsicher an und begann sofort wieder sich zu entschuldigen.„Oh Gott, Tarjei. Es tut mir so leid. Ich hätte es nicht tun dürfen. Ich dachte, ich ..." sie brach ab.
Und ich griff einfach nur nach ihrer Hand und zog sie in Richtung meines Zimmers. Wir würden etwas Zeit haben, bevor die Anderen aus dem Restaurant kommen würden. Vor meiner Zimmertür sah ich sie an und küsste sie dann so richtig. Es fühlte sich einfach unglaublich an. Ich öffnete die Zimmertür und ließ sie ins Schloss fallen, als wir beide im Zimmer waren.
DU LIEST GERADE
Ufullkommenhet er en Form av Frihet
FanficSie ist die kleine Schwester seines besten Freundes. Die Sache ist klar. Sie ist Tabu. Doch schon das erste Treffen ändert alles.