Der große Palast, der sich in meinem Sichtfeld erhob, brachte mich schon fast zum Staunen. Überall befanden sich schwarze Türme und hohe Mauern. Nirgends hatte ich bisher mehr unterschiedliche Wesen gesehen als hier. Skelette, Geister, Wölfe, Höllenhunde und was nicht noch alles.
"Und wie kommen wir jetzt an den Mantel von Asmodeus?", stellte Seungmin dann die entscheidende Frage. "Gute Frage", antwortete Chan lediglich und strich sich leicht überfordert durch seine schwarzen Haare. "Erstmal gehen wir da rein. Verkleidet euch und dann benutzen wir den Federkiel von Leviathan. Dann sind wir zumindest doppelt abgesichert, falls etwas schief geht. Immerhin hat das Unsichtbar-Machen vorhin nicht so funktioniert, wie es sollte. Deshalb sieht man uns ja jetzt auch wieder. Kommt", beschloss ich dann einfach und konnte nur hoffen, dass alles klappen würde.
So schnell es ging, entwendeten wir also einige Sachen, schminkten uns - dieses Mal hoffentlich glaubwürdiger - und versammelten uns wieder hinter einer Ecke. "So, Arme her. Dieses Mal schreibe ich alles. Nicht, dass ihr euch verschreibt und am Ende noch in Flammen steht oder so", sprach Chan und schnappte sich als erstes meinen Arm. Schnell hatte er den Federkiel angesetzt und fing an mir schmerzhaft einen Buchstaben nach dem anderen auf den Unterarm zu schreiben. Direkt auf meine Pulsader. Wieder brannte mein Arm wie Feuer, die Buchstaben leuchteten leicht rötlich auf, verfärbten sich dann aber recht schnell wieder in ein mattes Schwarz. Erneut musste ich meine Zähne fest zusammenbeißen und drückte mir die Fingernägel meiner anderen Hand in meine Handfläche; so doll ballte ich meine Faust. Ich hatte schon Sorge, dass es eine bleibende Narbe hinterlassen würde. "Nächster", sprach Chan dann endlich und erlöste mich somit von dem Massaker, das er auf meinem Arm veranstaltet hatte. Mein Unterarm war blutverschmiert, allerdings schmerzte er nicht mehr. Meine rechte Hand war dazu allerdings der Ausgleich. Blutige Wunden taten sich an meiner Handfläche auf und schnell hielt ich Minho die schmerzende Hand vors Gesicht. Er sollte etwas tun. Ich wusste nicht was, aber irgendwas eben. Es sollte nur aufhören weh zu tun und zu bluten. Sonst würde ich am Ende noch eine Blutspur durch das ganze Anwesen legen und jeder könnte uns finden.
"Komm her", sprach er dann, griff nach meinem rechten Arm, zog mich ein kleines Stück von den Anderen weg und riss ein Stück von dem Ärmel seines langarmigen Shirts ab. Das wickelte er fest um meine Hand und zog den Knoten dann straff zu. Schnell bedankte ich mich bei meinem besten Freund und wir widmeten uns wieder den Anderen.
"Minho, wir beide werden hierbleiben, falls etwas schief geht. Außerdem sind wir uns sehr einig, dass du dich nach der Sache mit Luzifer erstmal auruhen solltest, nicht wahr, Huynjin?", äußerte Chan seine Frage und sah mich abwartend an. "Aber-", setzte Minho an, doch wurde von mir unterbrochen. "Ihr habt wohl Recht. Minho, du solltest hier bleiben und dich etwas ausruhen. Außerdem könntet ihr beide dann nach Hause gehen, wenn etwas schief gehen und wir zu lange brauchen sollten. Bitte, Minho", bat ich ihn. Minho nickte dann ergeben und akzeptierte schließlich unsere Entscheidung. Immerhin würde er Jisung wiedersehen wollen.
"Na dann mal los", sagte Seungmin und versuchte uns so aufzumuntern. "Nicht hilfreich", erwiderte Changbin nur trocken und schon begaben wir uns zum Eingangstor. Schnell schlängelten wir uns zwischen den restlichen Wachen durch und betraten letzten Endes das riesige Anwesen. "Junge, der ist doch auch reich. Warte- haben die hier unten überhaupt sowas wie Geld?", staunte Changbin dann und kassierte dafür nur einen Schlag von Seungmin. Diese Zwei waren wirklich unverbesserlich.
"Ich hab' Angst, Leute", sagte Seungmin irgendwann und tröstend nahm ich den Jüngeren leicht in den Arm. Dann liefen wir schnell weiter und hatten schlussendlich so eine Art Thronsaal erreicht. "Da hinten ist eine große Truhe. Denkt ihr, da könnten seine Mäntel drin sein?", fragte ich hoffnungsvoll. Beide zuckten ratlos mit ihren Schultern und schnell öffnete Changbin besagte Truhe. "Wir haben echt Glück, dass er gerade nicht hier ist; oder zumindest sieht es so aus", sagte Seungmin. "Nur Schwerter", stellte Changbin nach einem Blick in die Truhe fest und schloss diese wieder. "Wo könnte man noch Mäntel aufbewahren?", fragte er dann. "Schlafzimmer, oder nicht?", sagte Seungmin dann. Schnell nickte ich zustimmend und wir machten uns auf die Suche nach Asmodeus' Gemächern.
"Hier", sagte ich irgendwann und öffnete eine schwere Tür. Als ich jedoch sah, was sich dahinter befand, machte ich schockiert einen Satz nach hinten. "Er ist doch hier", sagte Seungmin. "Und schläft", ergänzte nun auch Changbin. "In seinem Mantel", ergänzte ich die letzte Tatsache und somit erkannten nun auch die anderen Beiden das Problem. Asmodeus war in seinem Anwesen und schlief auf einem großen steinernen Bett. Allerdings hatte er seinen Mantel beschützend unter sich begraben und nur einige kleine Ecken lugten hervor.
"Nimm das hier", sprach Changbin und drückte mir sein geliebtes Taschenmesser in die Hand. Schnell öffnete ich dieses und zückte die kleine Schere, die sich darin befand. Langsam schritt ich auf das sogenannte Bett zu und näherte mich somit dem schlafenden Höllenprinzen. Vorsichtig und möglichst leise setzte ich einen Fuß vor den Anderen und stoppte letztendlich auf Kopfhöhe. Vorsichtig wollte ich schon das Ende des rauen Stoffs greifen, als der Fürst plötzlich seine Augen öffnete und somit eigentlich direkt in meine Augen sehen könnte. Ich hielt erschrocken die Luft an und wagte es nicht mich zu bewegen. Innerlich betete ich, dass der Federkiel doch funktioniert hatte.
Glücklicherweise schlossen sich die Augen von Asmodeus schnell wieder und er drehte sich mit dem Rücken zu mir. Kurz atmete ich erleichtert durch, ehe ich es wieder wagte mich zu bewegen und schnell ein kleines Stück seines Mantels abtrennte und in meiner Tasche verschwinden ließ. Langsam und noch vorsichtiger als vorher begab ich mich wieder zur Tür, an der meine Freunde angespannt das Schauspiel beobachtet hatten. Schnell öffneten wir die schwere Tür erneut und schlossen sie genauso schnell wieder. Erleichtert atmeten wir aus und sahen uns freudig an.
"Hast du es?", flüsterte Changbin nochmal um sicherzugehen, dass wir das hier nicht erneut machen müssten. Schnell nickte ich. "Dann nichts wie weg. Ich denke nicht, dass der Typ noch sehr lange schlafen wird. Außerdem wird er sicherlich nicht begeistern sein, dass jemand seinen Mantel zerschnitten hat", stellte Seungmin fest. Sofort drehten wir uns herum und fingen an zu rennen. Nichts wie raus hier. Die Zeit war ohnehin schon nicht auf unserer Seite. Uns blieben noch 50 Minuten. "Beim ersten Höllenfürst! Schickt mir einen Diener und verriegelt umgehend das Anwesen. Der, der diesen Mantel beschädigt hat, wird hier nicht unbeschadet rauskommen", hörten wir plötzlich eine sehr wütende und tiefe Stimme brüllen. Sofort fingen wir an noch schneller zu laufen. Die Tore dürften sich nicht schließen bevor wir draußen waren, sonst wären wir hier gefangen.
"Schneller", flüster-schrie ich als ich das Tor sah, dass schon zur Hälfte geschlossen war. Meine Beine gaben langsam nach und ich fürchtete schon, dass ich gleich fallen würde und auf Ewig hier gefangen war. Changbin sah das jedoch anders, schnappte sich meinen Arm und fing an mich hinter sich her zu ziehen. "Wehe du gibst jetzt auf. Wir machen das für dich. Du wirst sicherlich nicht hierbleiben", sprach er mit einer bedrohlichen Stimme, die ich vorher noch nie bei ihm gehört hatte.
Keine 5 Sekunden bevor sich das Tor endgültig schloss, schlüpfte Seungmin hindurch. Direkt danach folgte Changbin, welcher mich gerade noch rechtzeitig hinterhergezogen hatte, sonst wäre ich wohl von den schweren Gittern zerquetscht worden.
Erschöpft rannten wir noch ein Stück weiter bis zu unseren Freunden. Dann ließ ich mich auf den Boden fallen und kämpfte förmlich darum, dass Luft in meine ausgelaugten Lungen strömte.
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Bloody Moon | Hyunlix
ФанфикDer Blutmond. Er war atemberaubend schön und trotzdem kannten ihn nur die Wenigsten. Hyunjin würde lebendig durch die Hölle wandern, einen Engel verärgern, Satan selbst herausfordern oder sogar sein eigenes Leben geben, um sein Ziel zu erreichen. N...