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Ein lautes Knallen weckt mich. Sofort springe ich auf und falle beinahe gleich wieder um. Mein ausgestreckter Schwanz ist am Waschbecken hängen geblieben und hätte mich fast umgeworfen. Das Badezimmer ist zwar groß, aber für einen Luna-Wolf ist es trotzdem zu klein – selbst wenn er noch nicht ausgewachsen ist.

Nachdem ich mich wieder ordentlich hingestellt und wachsam umgeschaut habe, entspanne ich mich. Der Knall war mein Weckzauber, damit ich mich zurückverwandeln kann, bevor Alice ins Bad kommt. Meistens werde ich zwar sowieso vor ihr wach, aber eben nicht immer.

Blöderweise habe ich gestern nicht daran gedacht, meine Schuluniform mitzunehmen, so muss ich noch mal ins Schlafzimmer. Das ist nicht nur unpraktisch, sondern könnte die anderen darauf hinweisen, dass ich ihnen etwas verheimliche.

Nachdem ich mich verwandelt habe – die Kleidung verwandelt sich zum Glück mit – nehme ich die Zauber vom Badezimmer und schleiche ins Zimmer, in der Hoffnung, von niemandem bemerkt zu werden. Noch nie war der Weg zu meinem Bett so weit. Lily, Mary und Dorcas wachen sicher nicht so schnell auf, aber um Alice mache ich mir schon ein wenig Sorgen. Sie hat keinen so festen Schlaf. 

Sicher komme ich am Bett an und kuschle mich unter die Decke. Ich will zwar nicht nochmal einschlafen, aber wenn das Bett nicht zerwühlt ist, schöpft sicher jemand Verdacht. Üblicherweise mache ich es erst in der Mittagspause oder in einer Freistunde. Hin und wieder räume ich dann sogar meine Sachen, die auf meinem Nachttisch und im Umkreis meines Koffers am Boden liegen, ein wenig zusammen.

Ungefähr fünf Minuten später stehe ich wieder auf, packe meine Schuluniform und gehe ins Bad. Diesmal in normaler Lautstärke, wenn Alice jetzt wach wird, macht das nichts. Schnell ziehe ich mich erneut um und putze mir die Zähne. Gewaschen und Haare gebürstet habe ich vorher schon.

Als ich ins Zimmer zurückkomme, schläft Alice immer noch. Erleichtert atme ich auf. Meine erste Vollmondnacht in Hogwarts ist gut verlaufen, niemand wird mein Geheimnis herausfinden. Trotzdem will ich so bald wie möglich einen Weg finden, diese Nächte draußen zu verbringen. Es ist einfach nicht dasselbe, wenn ich nicht durch den Wald laufen kann.

Beim Frühstück wandert mein Blick immer wieder zu Remus. Er sieht vollkommen fertig aus. Noch schlimmer als in den letzten Tagen. Da haben ihn zumindest die anderen aufgemuntert, im Gegensatz zu heute. Potter liegt mit dem Kopf in seinem Rührei und schnarcht, Pettigrew lehnt an seiner Schulter und schläft ebenfalls, während Black mit geschlossenen Augen über einer riesigen Tasse Kaffee hängt. Eigentlich sieht Remus sogar am besten aus, obwohl er definitiv auch nicht viel geschlafen hat. Interessant finde ich nur, dass niemand außer mir die Vier beachtet. Neugierig stupse ich Dorcas an, die neben mir sitzt: „Kommt es öfter vor, dass die Jungs beim Frühstück schlafen oder warum fällt es sonst niemandem auf?", frage ich sie. Dorcas folgt meinem Blick und grinst: „Hey Mädels, das solltet ihr euch ansehen". Darauf sehen auch die anderen drei hinüber. Mary und Lily lachen lauthals los, während Alice nach einem kurzen Blick anfängt in ihrer Tasche zu kramen. Gerade will ich fragen, was sie sucht, als sie auch schon eine Kamera herausholt und ein Foto von den Rumtreibern schießt. Dann lässt sie die Kamera sinken und erklärt: „Eigentlich wundert bei den Vieren niemanden mehr irgendwas. Aber so wie heute sind sie alle paar Wochen einmal drauf. Wahrscheinlich schleichen sie in der Schule rum und spielen irgendwem einen Streich. Zumindest wüsste ich nicht, was sie sonst tun sollten". Uninteressiert zuckt sie mit den Schultern.

Die anderen wenden sich wieder ihrem Frühstück zu, während ich meinen Blick nicht von Remus lösen kann. Was wenn...? Nein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht der einzige Wolf an der Schule bin, liegt bei Null.

Und trotzdem... Er ist seit Tagen schlecht drauf, heute sind sie alle unglaublich müde und fertig, und ich werde von ihm angezogen. Remus ist sicher kein Luna-Wolf, davon wüsste ich, aber er könnte ein Werwolf sein. Für seine Freunde ist es zwar zu gefährlich, bei seiner Verwandlung dabei zu sein, aber sie würden sicher eine Möglichkeit finden, um ihm beizustehen. Vielleicht sollte ich meiner Urgroßmutter Silly einen Brief schreiben...

Wölfe wie wirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt