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Am ersten September bin ich sehr früh am Bahnhof. Trotzdem steige ich sofort in den Zug ein, suche mir ein gemütliches, leeres Abteil und ziehe die Schuluniform an. Vielleicht kommt später noch jemand, aber ich habe meinen Platz sicher.

Wie erwartet kommen kurz vor der Abfahrt die Rumtreiber ins Abteil. Unerwartet ist nur, dass sie ungewöhnlich still sind. Zwar nicken mir alle vier zu, aber das wars auch schon. Kurze Zeit beobachte ich sie, dann zucke ich mit den Schultern und wende mich wieder meinem Notizbuch zu. Normalerweise passe ich auf, dass ich es nicht verwende, wenn jemand in der Nähe ist, aber am Ende des letzten Schuljahres habe ich es mit einem Zauber belegt, dass nur ich darin lesen kann.

Wie im Flug vergeht die Fahrt, und unterwegs sind auch die Jungs etwas lauter geworden. Immer noch verdächtig ruhig, aber eigentlich ist es mir egal. Im letzten Schuljahr hatten wir zwar etwas miteinander zu tun, aber außer an Vollmond bin ich kein Teil der Gruppe. Das macht mir nichts. Wenn ich nicht allein sein will, kann ich etwas mit den Mädels aus meinem Schlafsaal oder Remus unternehmen.

Erst in der großen Halle sehe ich meine Schlafsaalkameradinnen wieder und setze mich zu ihnen. „Hey!", begrüße ich sie, „Wie waren eure Ferien?" Noch während die anderen von ihren Erlebnissen erzählen, schweifen meine Gedanken etwas ab. Die Rumtreiber sitzen nicht weit von uns am Tisch und tuscheln zwar miteinander wie alle anderen auch, aber irgendetwas ist anders als im letzten Jahr.

Auch während der Einteilung denke ich darüber nach. Erst als das Festmahl erscheint, konzentriere ich mich darauf. Wie immer türme ich alles, was in meiner Reichweite ist, auf meinen Teller, bis ich plötzlich von einem Klicken und Gelächter abgelenkt werde. Verwundert sehe ich die anderen Mädchen an, die offensichtlich über irgendetwas lachen. Erst als ich sehe, dass Alice ihre Kamera auf mich gerichtet hat, weiß ich, was passiert ist, und muss mitlachen. Eines verstehe ich aber nicht: „Ich esse doch immer so viel, warum ist es heute auf einmal ein Foto wert?", frage ich Alice. Diese denkt kurz nach, meint aber dann: „Erstens habe ich noch kein Foto von dir beim Essen und ohne Beweis glaubt mir das keiner und zweitens hast du während der ganzen Auswahl Lupin angeschmachtet und nur Essen ist dir offensichtlich noch wichtiger". „Was soll das heißen? Wann hab ich Remus angeschmachtet!?", frage ich entgeistert, was die anderen nur noch mehr zum Lachen bringt. Mary zieht eine Augenbraue hoch und antwortet: „Die ganze Zeit. Ich wette, du hast kein Wort darüber gehört, was ich in den Ferien gemacht habe, so beschäftigt warst du damit, die Jungs anzustarren. Ich dachte schon, du fängst an zu sabbern". Seufzend vergrabe ich meinen Kopf in meinen Händen, entscheide mich dann aber, das Ganze später zu besprechen. Erstmal muss ich etwas essen.

Wölfe wie wirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt