Kapitel 28

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24. Dezember
Kleine Stücke Klebeband hingen an meinem Arm, während ich versuchte, das Geschenk für meine Mutter so zu verpacken, dass es so wirkte als hätte ich mir Mühe gegeben.
Dabei saß ich im Pyjama am Boden, meine Tasse Tee vor mir. Im Hintergrund lief leise „Last Christmas".
Ich band noch schnell Geschenkband drum und legte es zu den anderen Geschenken. 
Ich sah zu meinem Weihnachtsbaum, den ich mit größter Mühe selbst hergetragen, aufgestellt und anschließend geschmückt hatte.
Als ich auf mein Handy sah, sah ich, dass Harry mir geschrieben hatte.
„Was machst du heute so?"
Ich erklärte ihm in einem langen Paragraf, dass ich zum Weihnachtsessen und Geschenkeauspacken zu meinen Eltern fahren musste und darauf keine Lust hatte.
„Lieber würde ich mir selbst den Kopf rasieren", fügte ich noch hinzu.
Harry realisierte: „Stimmt, für dich ist heute Weihnachten."
Wir schrieben noch kurz.
Er erzählte mir, dass er zu einer Fernsehshow gehen würde und sich ein tolles Outfit ausgesucht hatte. Am Abend wollte er dann noch mit mir telefonieren.
„Bist du fertig?"
„Oh mei-", ich zuckte zusammen und ließ mein Handy fallen. Schnell drehte ich mich um und sah Leo entspannt am Türrahmen lehnen.
„Wir müssen dann mal los.", meinte er trocken, „Du sitzt schon seit Ewigkeiten am Boden."
Ich sah ihn entsetzt an.
„Wir müssen dringend über dein Verhalten reden, Leo."
„Jaja, können wir nach Weihnachten machen."
Er lief zur Tür, warf mir meine Jacke zu und reichte mir meine Schuhe.
Ich sah ihn verärgert an und zog mir die grau weiße Flanelljacke über.

„Es ist 14 Uhr. Warum trägst du noch einen Schlafanzug?"
Er sah auf die Straße.
Ich schnaubte aufgebracht aus.
„Weil ich auf einen entspannten Tag vorbereitet war."
Er murmelte etwas unverständliches.
Ich sah aus dem Fenster. „Und wohin fahren wir jetzt?"
„Zu Luke."
Die Augenbrauen zusammenziehend drehte ich meinen Kopf zu Leo.
„Der ist doch so ein Grummelchen. Lichterketten und ein Weihnachtsbaum helfen da sicher."
Jetzt lächelte ich zufrieden.
Wie süß von ihm. Dabei waren sie gar nicht so eng befreundet.

Luke beobachtete uns kritisch. Die Weihnachtsmütze, die wir ihm gegeben hatten, saß schief auf seinem Kopf.
„Warum der Schlafanzug?", hörte ich ihn sagen.
Ich warf Leo einen eindeutigen Blick zu. „Weil ich relativ wenig Zeit zum Umziehen hatte."
Leo schmückte das kaputte Auto vor seiner Werkstatt mit einer bunten Lichterkette, während ich den Baum mit Kugeln behängte. Luke nahm in der Zeit immer wieder kräftige Schlucke von seinem Kakao.
Er beäugte alles sehr skeptisch.
„Clair, und warum das jetzt?"
Ich ließ für eine Sekunde von meinem Tun ab und sah ihn an. „Keine Ahnung. Frag Leo. Ich wäre morgen früh mit ein paar Geschenken gekommen und hätte dich zu einem Weihnachtsfrühstück entführt."
Er schmunzelte. „Das kannst du ja immer noch machen.", dann schaute er zu Leo, „Also?"
Dieser zuckte nur mit den Schultern.
„Brauchst du was?"
Er schüttelte den Kopf. „Wollte nur, dass du nicht so mies drauf bist. Schenk der Welt doch mal ein Lächeln. Nur weil Weihnachten ist."
Luke seufzte lautstark auf. „Du hast recht."
Einige Zeit später war seine ganze Werkstatt inklusive Wohnung geschmückt. Leo hatte Musikboxen angebracht, damit Luke, falls er wollte, laut Musik hören konnte.

„Wie sieht dein Outfit denn aus?", fragte ich.
Ich hörte Harrys Grinsen. „Es ist rot."
„Wow, danke vielmals für diese ausführliche Beschreibung."
Ich saß auf meinem Bett, immer noch in meinem Schlafanzug. „Wie lange geht deine Pause noch?"
„Noch so zwei Minuten. Dann muss ich wieder zurück."
Ich brummte unzufrieden.
„Ab-", Harry setzte an, etwas zu sagen, wurde allerdings unterbrochen, „Mr Styles, kommen Sie bitte wieder zurück zum Set."
Er seufzte. „Okay. Dann doch keine zwei Minuten."
„Bis später.", flüsterte ich.
„Bis später, Hon."
Kurz darauf klingelte es an meiner Tür.
Der Postbote sah mich und meinen Schlafanzug skeptisch an. Dann reichte er mir einen Strauß Blumen.
„Frohe Weihnachten.", sagte er und wollte gehen.
„Warten Sie kurz.", ich eilte zur Küche in der einige Backbleche mit Keksen standen.
Ich rief ihm entgegen: „Kommen Sie rein!"
Einige Sekunden später stand er in meiner Wohnung.
Ich nahm einen Pappteller aus dem Regal und meinte: „Nehmen Sie sich."
Er sah mich mit großen Augen an. „Nein, das- das geht nicht. Das kann ich nicht annehmen."
„Ach kommen Sie. Wir reden über Kekse; und es ist Weihnachten."
Ich hielt ihm den Teller hin und sah, dass er einige Sekunden zögerte. Dann sagte er: „Na gut. Aber nur, weil Sie es so charmant angeboten haben."
Ich lächelte glücklich, als er sich verabschiedete und dabei tausendmal bedankte.

„Hallo Mama.", begrüßte ich sie, als sie mir die Tür offen hielt.
Sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange.
„Frohe Weihnachten."
Ich ging direkt zur Garderobe und hing meinen  Mantel auf einen Hacken.
Dabei warf ich einen schnellen Blick auf die Uhr.
Noch pünktlich, dachte ich erleichtert.
Ich nahm meine Tasche mit den Geschenken und trug sie die Treppe rauf, rechts um eine Ecke und dann links und schon stand ich im Wohnzimmer und platzierte alles unter dem Baum.
„Na, wie geht's, Mäuschen?", mein Vater stand von dem grauen Sofa auf und nahm mich in den Arm.
„Gut und dir?"
Er nickte.
Ich begrüßte auch Leo und unsere alte Familienhündin schnell.
„Das sieht ja hübsch verpackt aus.", sagte meine Mutter entzückt, als sie meine Geschenke bemerkte.
Ich lächelte sie an.

Ich fühlte mich wieder wie 12, als ich nach unserem Spaziergang vor dem Weihnachtsbaum auf dem Boden saß und eines der Geschenke auspackte.
Es war ein Pinselset.
Mama und Leo hielten Wunderkerzen, während Papa sich den geschmückten Baum ansah.
Leo wandte sich kurz mit gerötetem Gesicht. „Du hast gesagt, dass deine immer so haaren. Da dachte ich, neue wären nicht schlecht."
Ich bedankte mich herzlich und umarmte ihn. Unsere Mama fing den Moment natürlich mit ihrem Handy ein.
Sie bekam einen goldenen Kerzenständer, ein gemaltes Bild und ein Armband. Mein Papa Ersatzteile für sein Auto und einen neuen Pullover und Leo eine Hülle für sein neues Messer, einen Schlafsack und etwas, das aussah wie Kekse aus einer Dose.
Irgendwann saßen wir an dem großen hölzernen Tisch und bedienten uns an dem Buffet, das Mama zusammengestellt hatte.
„Seit ihr ausgezogen seid, ist es hier so still.", beklagte sich meine Mutter, „Wie wäre es; kommt doch wieder zurück."
Ich kniff die Augen zusammen und seufzte: „Mama, das geht wirklich nicht."
Auch Leo meinte: „Sorry, Mama, aber ich hätte einen viel weiteren Arbeitsweg."
„Naja", meinte Papa mit vollem Mund, „Wie steht's denn mit eurem Liebesleben? Vorhanden oder nicht?"
Wie bestellt bimmelte mein Handy und ich sah aufs Display.
Harry hatte mir ein Foto von seinem Outfit geschickt. Es war tatsächlich rot.
Leo meinte: „Nach wie vor nicht vorhanden, Papa."
„Und bei dir, Clara?"
„Ist in Arbeit.", versprach ich mit einem Lächeln, sah zu dem hell erleuchteten Baum und schob mir ein Stück Brot in den Mund.

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