Kapitel 39

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Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, tat mein Kopf immer noch weh.
Als Prinzip wollte ich es aber nicht zugeben. Dann würde ich diesem Arzt zeigen, dass er recht hatte und das wollte ich nicht. Ich stand schon seit Tagen unter Stress. Ich unterdrückte es aber so gut es ging.
Das war natürlich nicht gut.
Ich lag neben Harry im Bett. Es war mitten in der Nacht und am Vorabend hatte ich ihm noch von der Geschichte im Bus erzählt.
Früher oder später hätte er es selbst rausgefunden.
Es war überall auf Instagram zu sehen.
Und YouTube.
Ich dachte an den Abend.

„Du machst Witze.", sagte Harry gereizt.
Verblüfft sah ich ihn an. „Warum sollte ich?"
Er raufte sich durch die Haare. 
Ich verstand seine Frustration nicht. „Was ist denn los, Haz?"
Er tippe etwas in sein Handy und schüttelte den Kopf.
Dann rief er jemanden an. „Kannst du mal bitte Instagram öffnen?"
Er wartete.
„Ist das bei dir auch?"
„Mhm."
„Okay, danke. Bis dann."
Er legte auf.
Ich sah ihn verunsichert an.
„Dieses Video ist überall. Es wurde mehr als fünf Millionen Mal geteilt."
Ich atmete laut aus.
„Love, es tut mir so leid. Dass- dass diese Leute dich da belästigt haben. Das ist echt unfassbar."
Ich strich ihm über die Wange. „Es ist okay."
„Nein.", sagte er lauter als er musste, „Das ist nicht okay. Du bist doch kein Zootier, von dem
man Fotos machen kann, wann immer man will."
Ich biss mir bedrückt auf die Lippe.
Dennoch strich ich ihm über die Wange und legte meine Lippen auf seine.

Langsam merkte ich, dass ich wach war. Und das fand ich nicht gut.
Stöhnend schloss ich wieder die Augen. Die Gedanken an letzten Abend bereiteten mit Kopfschmerzen.
Und die Gehirnerschütterung.
Ich drehte mich um, zog die Decke mit und das Bett machte hässliche Geräusche.
Ich schloss die Augen, um die Geräusche in meinem Kopf zu unterdrücken. Alles drehte sich und ich hörte unter anderem das Blut in meinen Ohren.
Schon seit Tagen schlief ich schlecht. Es war allerdings kein Vergleich zu den Nächten, die ich alleine verbrachte.
Ich drehte mich um, wälzte mich im Bett, strampelte die Decke zur Seite und zog sie mir wieder bis zu den Schultern.
Dadurch wachte Harry auf.
„Love?", Harry gähnte leise, „Darf ich auch etwas Decke?"
Er umfasste mich von hinten und zog mich an sich.
„Ist alles gut?"
Ich blinzelte ihn müde an, meine Augen kaum geöffnet, weil die Müdigkeit mich nicht losließ.
Er lag hinter mir und hielt mich, obwohl ich wusste, dass er es lieber hatte, wenn ich die war, die der große Löffel war.
„Was ist denn los?"
„Alles gut.", schmatzte ich, „Ich glaub, ich hab Migräne."
Das war gelogen. Und er merkte es.
„Du kleine Lügnerin.", er küsste mein Ohr.
„Du solltest schlafen, Haz."
Er grummelte. „Ja, aber ich kann nicht.", er legte eine Pause ein, „Was kann ich für dich tun, Honey?"
Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann mich ganz gut um mich selbst kümmern."
„Das hat jeder gemerkt, als du dir beim Putzen eine Gehirnerschütterung geholt hast."
Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. Dann drehte ich mich um und beobachtete die dunkle Silhouette.
Mit der linken Hand knipste er das Licht an.
„Was ist los, hm?", er betrachtete mich skeptisch, „Ich werde solange nicht schlafen, bis du's mir sagst."
Ich wusste es doch selber nicht. Einen genauen Grund gab es einfach nicht. Ich war schlichtweg erschöpft.
Frustriert schlug ich mir die Hände vors Gesicht und schluchzte.
„Nein, nein", er rückte sofort ein Stück näher, falls das überhaupt noch ging, „Reden, nicht weinen."
„Ich bin so fertig, Harry."
Sanft drückte er mich in die Kissen und strich mir eine Träne weg.
„Wir kriegen das hin.", er wirkte bedrückt, „Okay? Mach einfach etwas Pause. Fang nicht sofort ein neues Projekt an. Kümmere dich um dich selbst."
„Aber", heiße Tränen liefen mir übers Gesicht, „Dann verdiene ich auch kein Geld."
„Das macht nichts.", er küsste meine Schläfe.
„Jetzt komm.", er zog mich nochmal dichter an sich ran und fing leise an zu summen.
Ich kannte die Melodie.
Sie war von Matilda. Einem meiner Lieblingslieder von Harry.
Nothing about the way that you were treated ever seemed especially alarming 'til now
So you tie up your hair and you smile like it's no big deal
Ich vervollständigte den Text in meinem Kopf und wurde immer schläfriger.
Ich spürte Harrys Wärme und die Geborgenheit und wollte, dass das für immer so bleiben würde.

Gegensätze ziehen sich an|| HSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt