Kapitel 48

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"Bonnie, warte!", rufe ich immer wieder hinter ihr her. Inzwischen sind wir tiefer in den Wald hineingelaufen, der sich vor dem Haus der Salvators befindet. Stehen bleibt sie nicht, sie bewegt sich mit schnellen Schritten. Doch ich muss mit ihr sprechen. "Bonnie!", sage ich dieses Mal bestimmter. Abrupt dreht sie sich um und bremst mich in meiner Bewegung aus. Ich weiß, dass sie sauer ist und ich kann das sehr gut verstehen. "Das kann doch nicht dein Ernst sein, Katy! Dieser Mistkerl hat seine Geschwister umgebracht. Er will nichts anderes außer Rache und diese Rache wird blutig enden."

Ich wusste, dass es eine Katastrophe werden würde. Niemand akzeptiert ihn. Die Frage ist, ob er jemals akzeptiert werden wird. Ich kann mich auch nicht davon frei sprechen, denn bevor Kai und ich uns näher gekommen sind, habe ich ihn genauso verurteilt wie die anderen. Nun ist es anders. Genau jetzt muss das Blatt gewendet werden. Wenn ich es nicht für ihn tue, wer dann? Sonst wird er niemals eine Chance haben.

"Ja das stimmt, das hat er und es ist unverzeihlich! Aber, ich habe ihn kennengelernt, Bonnie. Er hat nicht mehr diese Absichten. Er hat sich geändert.", versuche ich ihr zu erklären, doch sie streikt.

"Nein, das glaube ich nicht. So ein Mensch wie Kai, wird sich niemals ändern. Ich habe es selbst erlebt. Vom ersten Augenblick an." Dann dreht sie sich wieder um und läuft weiter, und ich folge ihr. Ich muss sie vom Gegenteil überzeugen.

"Aber seit dem ich bei ihm war, hat er sich verändert."

In diesem Augenblick bleibt sie erneut stehen. Langsam dreht sie sich zu mir um und sieht mich verwirrt an. Ich ahne nur worauf sie hinaus will. "Du willst mir jetzt ernsthaft erzählen, dass, seit dem du in der Gefängniswelt gewesen bist, Kai dazu gebracht hast, ein besserer Mensch zu werden?" Ich nicke vorsichtig. So kurios wie es klingen mag. Ich habe niemals geahnt, dass Kai sich ändern würde. Dass ich ihn dazu bewegen würde, über seine Taten nachzudenken. Aber er hat es selbst gesagt, dass ich der Grund dafür sei, dass er ein besserer Mensch sein will. Sie lacht auf. Sie nuschelt etwas vor sich her, was sich anhört, als könne sie es nicht glauben. Sie muss es mir glauben.

"Bonnie, bitte vertrau mir. Es ist die Wahrheit. Er hat mir alles von seiner Vergangenheit erzählt. Wir sollten ihm zu mindestens die Chance geben es zu beweisen.", sage ich und es hört sich fast wie ein Flehen an. Ein Flehen danach, dass sie ihm Gnade schenkt. Sie sieht mich jedoch verärgert an. Sie ist eindeutig wütend. Wütend darüber, dass ich Kai aus seinem Gefängnis entlassen habe, ohne jegliche Einwilligung. Zurecht. Wenn einer die Entscheidung hätte treffen dürfen, dann wäre es Joschua Parker gewesen. Er hat Kai in diese Zwischenwelt verbannt. Dennoch war meine Entscheidung klar, Kai mit in die Realität zunehmen. Seine Reue ist echt. Ich habe es ihm angesehen, an jenem Tag als wir in die Berge geflogen sind, als Kai mich von den Alpträumen ablenken wollte. Wieso sollte er dann also für seine Reue keine Chance bekommen?

"Ich werde mich niemals in der Nähe dieses Soziopathen wohl fühlen. Wieso soll ich ihm dann noch irgendeine Chance geben? Das habe ich in seiner Gefängniswelt oft genug getan!", brüllt sie schon fast. Ich fühle die Anspannung in meinem ganzen Körper. Irgendwie wirkt es provozierend. Ich habe das Verlangen ihn zu verteidigen. Zumal er nicht mal anwesend ist. Doch ich versuche ruhig zu bleiben.

"Weil er seine Taten bereut. Und weil, ich ihm eine Chance gegeben habe.", sage ich ruhig und ich spüre wie mir die Tränen aufsteigen. Es fühlt sich so anstrengend an sie überzeugen zu wollen. "Und weil ihr mir vertraut. Und wenn ich mich irren sollte, dann bin ich dazu verdammt die Rechnung für Kais Verschulden zuzahlen. Jede einzelne."

Ich sehe Bonnie an. Warte auf eine Reaktion. Doch sie scheint mich dermaßen zu verachten, weil ich Kai in Schutz nehme. Ihre Miene ist von Boshaftigkeit behaftet. Sie lehnt ihn so sehr ab. Ob sie ihm jemals eine Chance geben wird? Sie schüttelt den Kopf. "Was hat er bloß mit dir gemacht? Wie hat er dich dazu gebracht seine Lügen zu glauben?", sagt sie dieses Mal ruhig und voller Verachtung.

Ich schaue zu Boden. Fühle mich auf irgendeine Art und Weise beschämt. Obwohl ich das gar nicht sein müsste. Als hätte ich meine Freunde verraten. Dabei habe ich mich lediglich nur in ihn verliebt. Es sind nicht seine vermutlichen Lügen. Ich weiß, dass er die Wahrheit sagt. Ich spüre es. Wie soll ich sie nur vom Gegenteil überzeugen? "Ich habe mich in ihn verliebt.", sage ich.

Ich höre sie laut ausatmen. Enttäuschter kann sie gar nicht mehr sein. Nun fühlt es sich noch mehr nach Verrat an. Ich kann meine Tränen nicht zurückhalten. Es fließt eine nach der anderen über meine Wange. Ich spüre die Hitze in meinem Gesicht. Wieso fühlt es sich nur so falsch an? Wieso fühlt es sich falsch an, dass ich mich in den Feind verliebt habe? Der nun versucht nicht mehr der Feind sein zu wollen, sondern für seine Taten Verantwortung tragen zu will. Und Gefühle die sich entwickelt haben, die ich selbst nicht erklären kann. "Bonnie, ich", will ich sagen, doch sie hebt abwehrend ihre Hand. "Ich will nichts mehr von dir hören. Ich kann das nicht.", sagte sie ohne mich eines Blickes zu würdigen, und geht reglos an mir vorbei.

Ihre Enttäuschung ist zu groß um mir noch Aufmerksamkeit zu schenken. Ich habe eine meiner besten Freundinnen mehr als unglücklich gemacht. Was habe ich nur für ein Chaos angerichtet? Ich lasse mich wie ein nasser Sack auf die Knie fallen. Dieser Schmerz in meiner Brust fühlt sich nun an, wie ein schwerer Stein der mir aufgelegt wurde, und ich ihn nicht mehr so leicht von mir schieben kann. Mein Schluchzen wird lauter.

Ich wollte niemanden verletzten, mit meinen Taten. Ich wollte das tun, was sich richtig anfühlt. Und genau das habe ich getan. Ich habe es als richtig empfunden, Kai, den Gefangenen und nun mein Geliebter aus dieser Zwischenwelt mitzunehmen. Um ihn die Chance zu geben, die er nun verdient hat. Für seine Reue und Taten Buße zu tragen. Doch nach der Diskussion mit Bonnie fühlt es sich nicht mehr richtig an.

Das nächste Gefühl was sich ausbereitet ist Angst. Angst vor dem was zukünftig passieren wird. Angst, was nun mit Kai passieren wird. Angst, dass sie Kai foltern oder gar schlimmeres. Aus diesem Grund raffe ich mich irgendwie hoch, und stolziere langsam zurück aus dem Wald. Ich will zu Kai. Ich will bei ihm sein. Seine Nähe ist es, die ich jetzt brauche.

Ich wische meine Tränen weg, und versuche stark zu sein. Stark für Kai. Ich bin die Einzige die sich je für ihn einsetzen wird. Weil ich ihn liebe. Auch wenn er mich verletzt hat, mit diesem dämlichen Kristall-Aktion. Es war ein Fehler von ihm. Aber dann hätte ich nie seine andere Seite kennengelernt. Seine liebenswerte, charmante Seite. Und ich hätte mich vor allem nicht in ihn verliebt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 01, 2023 ⏰

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Gefängniswelt | Kai Parker Fanfiction |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt