Kapitel 24

3.3K 148 10
                                    

> Ryan Star - Losing your Memory <

Immernoch verwundert sehe ich ihn an. Natürlich hat er gewissermaßen Recht. Ich sollte bei meinen Freunden sein, aber das geht nun mal nicht. Es ist meine Bestimmung gewesen, die Plätze mit Bonnie zu tauschen. Und anscheinend sollte es die Bestimmung sein, dass ich Kai wiedersehe. So scheint es mir jedenfalls.

"Ich bin ehrlich gesagt selbst erstaunt, dass ich mir das alles an tue.", sage ich lachend. Doch Kai kann darüber nicht lachen. Im nächsten Moment bereue ich meine Aussage. "Entschuldige bitte. Ich... Ich weiß es ehrlich gesagt selbst nicht genau, wieso. Aber, ich tue es."

Kai sieht mich mit einer eher traurigeren Miene an. Ich frage mich, ob ich wohl seine Gefühle verletzt haben könnte. Seinem Blick nach zu urteilen, wahrscheinlich schon. "Kai, bitte entschuldige. Ich weiß, dass du schon so lange hier alleine bist und ich weiß auch, dass es nicht einfach sein muss. Denn, ich habe auch..."

"Schon okay, Katy.", sagt er knapp. Er schaut zurück in die weite Welt. "Aber, was das komische an dieser Sache ist", sagt er und beendet aprupt seinen Satz wieder. "Ja?", hinterfrage ich.

Seine Blicke wandern wieder zu meinen Augen. Und seine Augen wirken glasig. Als könnte er jeden Moment anfangen zu weinen. "Du gibst mir das Gefühl, ein besserer Mensch sein zu wollen." Seine Blicke driften ab. Ihm scheint es wohlmöglich peinlich zu sein. Doch das sollte es nicht. Er verspürt reue. Aber, wieso gerade jetzt?

Meine Hand wandert zu seiner Wange und  ich drehe sein Gesicht zu mir. "Kai, wenn dir etwas nicht peinlich sein sollte, dann dass du ein guter Mensch sein willst.", versichere ich ihm.

"Natürlich sollte es mir peinlich sein. Ich mein, überleg doch mal, was ich getan habe...", er bricht ab und genau jetzt sehe ich ein zerbrechliches Kind vor mir. "Das ist unverzeihlich.", schnieft er.

Das einzige was ich in diesem Moment tun möchte ist, ihn in den Arm zu nehmen, weil er es verdient hat. Seine Tränen laufen langsam über seinen Wangen. Ich wische sie weg, bevor ich ihn in den Arm nehme und wir eine Weile so bleiben.

Ich spüre, wie seine Hände sich in meine Jacke krallen. Wie tief kann bloß so ein Schmerz sitzen? Hat er die vergangenen Jahre jemals geweint? Ich weiß es nicht. Das einzige, was jetzt gerade tatsache ist, ihm tut es leid. Kai kann noch zu egozentrisch und unausstehlich sein, denn dies zeigt mir, dass er tatsächlich anfängt über seine Taten nachzudenken. Mit dem Unterschied, dass diese Taten nicht wiederrückgängig zu machen sind. Nach einigen Minuten der Stille, lösen wir uns voneinander und sein Gesicht ist rot.

"Es tut mir leid.", wispert er. "Was tut dir leid?"

"Das ich so ein Weichei bin und vor einer Frau anfangen muss zu weinen." Ich muss kichern. "Also wirklich Kai. Das ist das bescheuertste das ich je gehört habe." Er sieht mich irritiert und auch irgendwie wütend an. Als könnte ich seine Lage nicht verstehen. Doch das tue ich.

"Zu nächstmal ist es okay, dass Männer Gefühle zeigen und zweitens.", sage ich und nehme seine Hand und drücke sie. "Zweitens zeigt es mir, dass du Reue empfindest, gegenüber deinen Geschwistern. Das ist mutig, Kai."

Seine Miene wird sanfter und aus dem düsteren Gesichtsausdrück, erscheint ein lächeln. "Siehst du was ich meine? Du bist ein guter Mensch, Katy. Du hilfst den Menschen, die es nicht verdient haben, ihnen Aufmerksamkeit oder Geborgenheit zu geben. Und du schenkst mir diese." Ich lächel ihn an und versuche ihn damit Verständnis, meiner Seits, zu vermitteln.

Erneut berühe ich seine Wange. Sie ist glühend heiß, vom weinen. Es scheint als sitzen wir näher beieinander, als zu vor. Wohlmöglich wegen der Umarmung, denn unsere Gesichter sind gefährlich nahe. Und unsere Lippen erst recht.

Katy! Dies ist nicht richtige Zeitpunkt. Meine innere Stimme ruft mich und wir beide atmen hörbar aus. Dennoch sind unsere Gesichter nahe.

"Ich würde vorschlagen, dass wir nach Hause fliegen.", sage ich sanft und nehme vorsichtig meine Hand von seiner Wange. "Ich denke auch." Kai steht auf und reicht mir seine Hände, welche ich ergreife und er mich zu sich hinauf zieht. Gemeinsam steigen wir wieder in den Flieger und drehen vorab noch eine kleine Extrarunde, bevor wir den Antritt nach Portland angehen.

In Oregon wieder angekommen, ist die Sonne bereits unter gegangen. Wir verweilen noch einen Augenblick im Auto. Es herrscht eine entspannte Stimmung zwischen uns. Nichts angespanntes. Dennoch unterbreche ich die Stille. "Danke Kai.", bedanke ich mich und sehe ihn an. Sein Gesicht dreht sich zu mir. Er lächelt. "Ich habe dir zu danken."

"Lass uns rein gehen. Ich habe einen Bärenhunger.", sage ich und schleuder schon die Beifahrertür auf.

In der Küche bereiten wir uns etwas zu Essen vor und erzählen uns schlechte Witze. Seine Witze sind eindeutig viel zu alt. Er lebt, leider, noch im falschen Zeitkontinum. Aber, wichtig ist, dass seine Laune deutlich besser geworden ist. "Kai, dass sind die schlechtesten Witze, die ich je gehört habe."

"Ach und deine sollen besser sein?"

"Okay, Waffenstillstand.", lache ich und lasse fast die Soße anbrennen. Nachdem wir das Essen auf den Tisch gestellt haben, etwas Musik im Hintergrund lief, aßen wir genusslich unser Abendessen.

"Oder der hier.", fängt Kai an. "Sagt ein Schaf zu Rasenmäher "Mäh". Sagt der Rasenmäher zum Schaf:"Du hast mir gar nichts zu sagen."

Der Witz ist eigentlich so bescheuert und trotzdem muss ich lachen. Kai stimmt mit ein. "Kai, bitte keine Witze beim Essen.", protestiere ich. "Okay okay.", lacht er.

Nachdem Abendessen verkriechen wir uns in das Wohnzimmer und unterhalten uns einwenig. "Weißt du, Katy. Es ist schon erschreckend, dass ich früher mit dir als Zweijährige Gespielt habe und nun sitzt du vor mir und bist schon fast Volljährig." Ich muss lachen und dennoch hat er Recht. "Das stimmt. Womit genau hast du dich damals mit mir beschäftigt?"

"Natürlich haben wir mit Puppen gespielt. Sollte ich dir ernsthaft zeigen, wie du Dinge verschwinden lassen kannst?"

"Wäre für eine Zweijährige bestimmt interessant gewesen.", zwinkere ich und muss wieder lachen. Genauso habe ich es mir vorgestellt. Wir sitzen gemütlich auf der Couch, jeder unter einer Decke und reden.

Irgendwie ist es trotzdem komisch. Schließlich ist Kai eigentlich älter als ich müsste bestimmt schon verheiratet sein und möglicherweise selbst Kinder haben. Doch, den Umständen entsprechend ist es nicht so.

"Sag mal, Katy." "Hm?" "Ich möchte dir nicht zunahe treten, aber das beschäftigt mich schon den ganzen Tag." Ich sehe ihn fragend an und warte auf seine Antwort. "Wieso genau hast du letzte Nacht geschrien?"

Sollte ich ihm wirklich davon erzählen? Was ist wenn es mir diese Nacht wieder passiert? Wie würde er damit umgehen? Kann ich ihm wirklich vertrauen? Tausend Fragen, die mich verunsichern. Weshalb ich am liebsten die Flucht ergreifen möchte.

"Es ist kompliziert, Kai." Er nickt verständnisvoll. "Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht möchtest. Das ist okay." Ich lächel ihn gequält an. "Danke." Sein Verständnis ist dankenswert. Er scheint sich definitiv zu ändern. Vielleicht gibt jemand der da oben ist, ihm noch eine zweite Chance.

-------------------------------

Puh! Ich bin ziemlich in Schreibfieber gedriftet. :D Dabei sollte ich eigentlich schlafen, weil ich am nächsten Tag Fahrstunde und auch noch Spätdienst habe... Egal! :D Ich hoffe es gefällt euch! <3

~ Jasmin

Gefängniswelt | Kai Parker Fanfiction |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt