three

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Vollkommen nervös schaue ich am Flughafen auf mein Handy und suche verzweifelt nach der E-Mail, die die Bundestrainerin mir noch vor wenigen Minuten zugeschickt hatte. Auch wenn ich offiziell zwar im Urlaub bin, ließ meine Chefin es sich nicht nehmen, mich nach einem Auftrag nach dem anderen zu fragen und ob es möglich wäre, dass ich sie nebenbei bearbeiten kann. Dadurch war mein Postfach vollkommen überfüllt und ich hatte keinerlei Übersicht mehr. Am liebsten würde ich mit einem einfachen „Nein" antworten, aber ließ es bleiben. Schließlich hatte ich mich wirklich sehr kurzfristig krankgemeldet und ein bisschen Arbeit nebenbei wird schon gehen. Meine Chefin mochte mich sowieso schon nicht sonderlich, was sehr wohl daran liegen kann, dass sie nicht versteht, warum Xavier so viel Zeit mit mir verbringt. Ohne seine Hilfe hätte ich den Urlaub wahrscheinlich gar nicht mehr bekommen. Meinen Arbeitsrechner hatte ich zum Glück noch eingepackt, sodass ich alle meine Daten und Informationen dabei habe, um trotzdem noch die ein oder andere Datei nochmal zu bearbeiten. Endlich finde ich die richtige Mail, die nicht nur allgemeine Informationen, oder Fragen, sondern auch die Adresse beinhaltet. Von hier aus war es doch noch ein ganzes Stück bis zu unserem Hotel. Zum Glück gibt es hier direkt vor Ort einen Zug, der in die Nähe des Hotels fuhr, sodass ich es mir sparen konnte, mit dem Taxi zu fahren. Ich mochte es einfach nicht alleine mit irgendeinem Mann in einem Auto zu sitzen, den ich nicht kannte und nicht einschätzen konnte. Xavier schicke ich eine kurze Nachricht, damit er weiß, dass ich angekommen bin und es mir gut geht. Er lässt nicht lange auf sich warten und schreibt sofort zurück. Eigentlich müsste er sich auch gerade an der Arbeit befinden, aber sein Handy ließ er selten aus seinem Sichtfeld. Diesen Jungen konnte man gar nicht ohne sein Telefon treffen, außer man sagt es ihm ausdrücklich, dann macht er vielleicht mal eine Ausnahme. Kurzerhand stapfe ich dann los und folge den entsprechenden Schildern, die mich zur Gepäckausgabe führen. Es dauert eine Weile bis ich endlich meinen Koffer auf dem Band entdecke, weshalb ich mich ganz schön beeilen muss, um noch rechtzeitig den Zug zu erwischen. Mit schnellen Schritten laufe ich durch die endlos langen Gänge, haste einige Treppen nach unten und halte nach dem richtigen Gleis Ausschau. Der Zug stand bereits da und es würde nicht mehr lange dauern, bis er losfahren würde, aber ich kann noch gerade rechtzeitig auf den Knopf drücken, damit sich die Türen nochmal öffnen. Etwas außer Atem stelle ich meinen Rucksack auf den Platz neben mir und den Koffer platziere ich zwischen meine Beine, damit er nicht so umherrutschen kann. Reisen war einfach nicht wirklich meins. Es war einfach ein unglaublicher Stress, immer darauf zu achten, wie man am besten zum nächsten Ziel kommt. Zu kontrollieren, dass man beim richtigen Gate oder Gleis ist und dass es keine Verspätungen gab. Dazu kamen die vielen Menschen, die auch alle so schnell wie möglich ankommen wollen und nicht immer darauf achten, wer einem eigentlich in den Weg kam. Alleine auf dem Weg hier her bin ich bestimmt mit vier Leuten zusammengestoßen. Deswegen entschied ich mich meistens dazu, selber mit dem Auto zu fahren. Da hatte ich meine Ruhe, konnte losfahren, wann ich will und die Musik hören, die ich mochte. Nach Portugal war das aber nicht möglich, also musste ich wohl oder übel diesen Weg nehmen. Sobald endlich alles an seinem Platz ist, schaue ich erneut auf mein Handy. Ich musste bei der fünften Station aussteigen und hatte somit noch fünfzehn Minuten Zeit für mich alleine. Die letzte Zeit, bevor ich dauerhaft von anderen umgeben bin, die ich nicht wirklich kenne. Natürlich kannte ich vereinzelt die Namen von den Spielerinnen oder ihr Gesicht, aber sie wirklich als Personen waren mir neu und unbekannt. Bis auf eine Person, wenn sie auch da war. Bisher hatte ich mich noch nicht getraut, nach dem nominierten Kader zu schauen, der auf der Instagram Seite des DFB hochgeladen wurde. Schon die ganze Zeit über brannte es mir in den Fingern einfach nachzuschauen, aber etwas hielt mich zurück. Eigentlich wäre es nur von Vorteil, wenigstens zu wissen, mit wem ich die nächsten zwei Wochen verbringen würde. Es würde auf jeden Fall nicht unangenehm werden, wenn mich jemand begrüßt und ich nicht mal den Namen zum Gesicht zuordnen kann. Xavier war auch schon ganz aufgeregt, hatte sich aber zurückgehalten, als ich ihm darauf hinwies, dass ich es nicht wissen wollte. Mit leicht zitternden Fingern gehe ich auf Insta und gebe den Accountname in die Suchleiste ein. Sofort erschein das in Blau gefärbte Logo, es war in den letzten Tagen nicht das erste Mal, dass ich es eingegeben hatte. Schlussendlich entschied ich mich doch dagegen und schloss die App wieder. Ich werde schon früh genug sehen, wer alles dabei sein wird.

2018 // laura freigangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt