Es dauert einen Moment, bis mein Körper sich in Bewegung setzt und das umsetzt, was ich von ihm verlange. Dort steht Xavier mit seinem typischen Grinsen auf den Lippen und läuft ein paar Schritte auf mich zu. Jetzt verstehen auch meine Beine, was ich von ihnen will und laufe mit schnellen Schritten auf ihn zu, um ihn in den Arm zu nehmen. Sofort schließt er mich in eine Umarmung und hebt mich für einen Augenblick hoch. „Was machst du denn hier?", frage ich ihn verblüfft, wenn er mich wieder runter lässt. Sein Lächeln weicht sofort einem besorgten Gesichtsausdruck. Ich entferne mich ein wenig von ihm und schaue ihn fragend an. „Können wir irgendwo reden?", fragt er mich und ich merke, wie unruhig er eigentlich ist und wie sich dieses Gefühl langsam immer mehr auf mich überträgt.
Ich nicke und führe ihn dann, nachdem ich mich kurz von Laura verabschiedet habe, zu den Besprechungsräumen. Wir wechseln kein Wort miteinander, was mich nur noch mehr verunsichert, weshalb ich den erstbesten Raum nehme und dann die Tür hinter uns abschließe. „Schieß los", fordere ich ihn auf und er beginnt sich unsicher im Nacken zu kratzen. „Deine Eltern. Sie sind auf dem Weg hierher", erklärt er mir und ich merke, wie sämtliche Wärme meinen Körper verlässt. Das meint er doch nicht ernst, oder? Er scheint meinen Blick richtig zu deuten, denn er nickt noch mal bestätigend. „Sie haben mich gestern Abend angerufen und gefragt, ob sie mich morgen mitnehmen sollen nach Portugal. Angeblich wollen sie dich überraschen und wollen fragen, ob ich auch mitkommen will", erklärt er mir und ich muss mich erstmal setzen.
Meine Eltern entscheiden einfach so, ohne mich auch nur zu fragen, nach Portugal zu fliegen, um mich zu „überrschaschen" ? Das kann nicht deren Ernst sein. Sie haben sich die letzten Wochen doch auch nicht wirklich dafür interessiert, was ich mache. Geschweige denn daran gedacht, mir einen Besuch abzustatten. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. „Was hast du daraufhin gesagt?", frage ich Xavier, der sich ebenfalls auf einen der Stühle niederlässt. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich schon bei dir bin und ob sie es mit dir abgesprochen haben, dass sie kommen", erklärt er mir und ich versuche, das ganze Geschehen ein wenig in meinem Kopf zu ordnen. So wirklich gelingen will mir das jedoch nicht. „Ich bin dann sofort in den nächsten Flieger gestiegen. Ich wollte dich mit den beiden auf keinen Fall alleine lassen", führt er fort und ich nickt verstehend. Das er hier ist hat meine Situation um einiges verbessert, denn er konnte schon immer sehr gut mit meinen Eltern reden. Er weiß aus irgendeinem Grund immer genau, was die beiden hören wollen und ich kann mich dabei ein wenig zurücklehnen.
„Aber warum hast du mir nicht wenigstens Bescheid gegeben, dass du kommst?", frage ich ihn dann und reibe mir mit der Handfläche über mein Gesicht. Es ist auf jeden Fall zu viel für einen Tag heute. Durch das Training bin ich schon ziemlich fertig und könnte einfach eine kurze Pause gebrauchen. „Ich konnte dich nicht erreichen, weil du wahrscheinlich mit deinem Training und anderen Dingen beschäftigt warst", rechtfertigt er sich und zwinkert mir dann verführerisch zu. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln, obwohl sich jetzt wieder ein Lächeln auf mein Gesicht stiehlt. Dieses verschwindet jedoch sofort wieder. Oh Gott. An Laura hatte ich gar nicht gedacht. Wie soll ich ihr denn diese Situation jetzt erklären? Ich muss auf jeden Fall mit ihr sprechen, bevor meine Eltern hier auftauchen. „Sprich erstmal mit Laura, danach können wir immer noch besprechen, wie wir jetzt weitermachen", spricht nun auch Xavier meinen Gedanken aus. Schon immer hatte er die Stärke, mich zu lesen und auch ohne Worte zu verstehen, was ich gerade denke.
Zusammen verlassen wir also wieder den Raum und ich halte sofort Ausschau nach der Blondine. Vielleicht ist sie ja noch unten. Auf dem Gang hänge ich Xavier fast schon ab, so eilig habe ich es wieder nach unten zu kommen. Warum sind wir denn so weit weg? Wenn ich endlich unten angekommen bin, suche ich mit den Augen einmal den ganzen Gang ab. Ich erkenne sie auch ziemlich schnell und will schon auf sie zugehen, da werde ich jedoch zurückgehalten. „Da bist du ja." Zu meiner Überraschung steht Lena hinter mir und ich schaue sie ein wenig verblüfft an. Hatte sie mich etwa gesucht? „Martina hat nach dir gefragt, sie will dich sprechen", erklärt sie mir, was mich nur noch mehr verwundert. Warum will Martina denn jetzt mit mir sprechen? Etwas unsicher schaue ich wieder zu Laura, die mich mittlerweile auch wieder entdeckt hat. „Geh doch erst mal zur Martina, Laura wartet heute Abend auch noch auf dich", fordert Xavier mich auf und schiebt mich in die andere Richtung. Trotzdem gehe ich nochmal zu Laura, ich will sie jetzt nicht einfach so stehen lassen. Sie schaut genauso verwirrt, wie ich es gerade bin.
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2018 // laura freigang
FanfictionEs kommt eine Zeit in deinem Leben, in der du dich entscheiden musst, ob du die Seite umblättern, ein neues Buch schreiben oder es einfach schließen willst. Maeve sind eigene Entscheidungen immer sehr schwer gefallen. Sie hat immer jemanden anderen...