XXVIII Feuer im Schnee

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Amaiyah

Der Zug setzte seine Reise mit den übrigen fünf Passagieren, welche es wagten, ihrem Schicksal zu trotzen und zwei mutigen Zugführern, die die Maschine immer weiter in den Frost zwangen bei Einbruch der Nacht fort.

Schon die ersten Stunden außerhalb Tenebraes machten sich durch die wachsende Kälte bemerkbar. Noch drang sie nicht durch die Zugwände, da die Heizungen vorbeugend auf Hochtouren liefen, allerdings beschlugen die Fenster mehr und mehr mit einer weißen, dünnen Schicht Frost.

Amaiyah hatte sich - als Grund die Müdigkeit nennend - in ein Zugabteil zurückgezogen und lag auf dem Rücken in einem der oberen Betten. Sie schlief, wobei man ihren dem Tiefschlaf gleichenden Zustand eigentlich nicht als Schlaf bezeichnen konnte. Vielmehr wartete sie.

Jede Seele - ob nun menschlich oder nicht - besaß eine Art Geruch; eine Spur, welche mit jahrelanger Übung und den entsprechenden Fähigkeiten sogar über kilometerweite Entfernungen ausfindig gemacht werden konnte. Wünschte man der gesuchten Seele kommunikativ gegenüberzutreten, war das durch das Träumen möglich. Voraussetzung dafür war natürlich, dass beide Parteien schliefen.

Und genau darauf wartete sie; dass Prompto - wo auch immer er sich befand - einschlief, damit sie mit ihm Kontakt aufnehmen konnte.

Der vermisste Freund befand sich irgendwo dort draußen in den vor Kälte klirrende Bergen und sie wollte zumindest feststellen, ob er noch lebte. Selbst die Information, dass er tot war, wäre nützlich, um mögliche Erpressungsversuche seitens Ardyn in Gralea durchschauen zu können.

Als Amaiyah nach mehreren Stunden langsam begann vom Schlimmsten auszugehen, ertastete sie plötzlich das ferne Echo des schlafenden Gesuchten. Mit Mühe verfolgte sie dieses, bis sie es schaffte eine Verbindung herzustellen.

Aufgrund ihres Mangels an Kraft, Zeit und Geschick konnte sie allerdings die Umgebung im Traum nicht voll und ganz manipulieren, sodass sie dies widerwillig ihrem Unterbewusstsein überlassen musste.

Als Amaiyah dann die Augen öffnete, fand sie sich in einem Tal inmitten von unzähligen, hoch aufragenden Bergen wieder. Sie war umringt von riesigen Kiefern, deren nadeliges Laubdach den Himmel verschleierte und grünes Zwielicht in das Unterholz warf. Der Boden war bedeckt mit Farn, Felsen beliebiger Größen und entblößtem Wurzelwerk. Dieser Wald befand sich in der Nähe von Tenebrae; er umgab die Stadt.

Sie war überrascht und erleichtert zugleich, dass ihr Geist keine schlechte Erinnerung als Vorlage für die Umgebung benutzt hatte.

Der Gesuchte ließ nicht lange auf sich warten und kam einige Momente später verwirrt hinter einigen Baumstämmen hervor.

Als er sie erkannte, blieb er verblüfft stehen und zuckte leicht zusammen. „A-Amaiyah?", erkannte er sie dann und fasste sich erschrocken an die linke Seite seiner Brust. „Du hast mich fast zu Tode erschrocken!" Er drehte den Kopf nach links und rechts, wie um zu überprüfen, ob sie allein war. „Ich schlafe gerade, oder? Das ist ein Traum.", erkannte Prompto und klang enttäuscht.

Wahrlich, du ruhst, dies jedoch als einen einfachen Traum bezeichnen, würde ich nicht.", antwortete Amaiyah und war einfach nur erleichtert darüber, dass er am Leben war.

Ihr Gegenüber legte fragend den Kopf schief. „Na ja, was ist es dann, wenn es kein Traum ist?"

Eine durch mich herbeigeführte Zusammenkunft unserer Seelen, könnte man sagen.", versuchte sie es zu erklären. „Ich bin so gesagt in deinem Kopf. Und du bist deinerseits, so gesehen, in meinem. Es wäre vorteilhaft, wenn du dies nicht weiter hinterfragst."

Dann sollte ich wahrscheinlich auch nicht fragen, wie du mich gefunden hast.", stellte Prompto klar.

Wahrlich.", wischte sie das Thema bei Seite. „Von weitaus größerer Relevanz ist, dass ich dich fand. Wir befinden uns im Zug, haben Tenebrae bereits durchquert und sind momentan auf direktem Weg nach Gralea. Ich gebe dir jenes Wissen, sodass du dich nach uns auf die Suche machen kannst, sobald du dort eintriffst."

Final Fantasy XV: Über Könige und Königinnen |✓|Where stories live. Discover now