IX Der bittere Geschmack der Wahrheit

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Lilith

Hätte mir jemand vor einer Woche gesagt, ich würde übermenschliche Kräfte besitzen, hätte ich der Person verwirrt einen Vogel gezeigt. Jetzt aber war es Wirklichkeit. Ich besaß dieselben Kräfte wie Noctis, was mich zu jemandem mit adeligem Blut machte. 

Ardyns Worte an Amaiyah gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. So sehr ich ihm auch misstraute, er hatte Fragen aufgeworfen; Fragen, die nur sie mir beantworten konnte.

Inzwischen war es Nachmittag und wir saßen wieder im Regalia. Zuvor hatten wir die Chocobos wegbringen müssen, weshalb es länger gedauert hatte, aber jetzt waren wir abermals auf dem Weg nach Lestallum. Gladio hatte eine SMS von Iris erhalten, dass sie sich noch dort aufhielt und nie nach Kap Caem aufgebrochen war. Ihm bereitete die Tatsache Sorgen, dass sie während der ganzen Zeit, in der wir die Runensteine des Sturmgottes gesucht hatten, nicht an ihr Handy gegangen war.

Da Ignis darauf bestanden hatte, dass Amaiyah aufgrund ihrer Verletzungen in ihrer menschlichen Gestalt verblieb, war es sehr eng auf dem Rücksitz. Es machte mir aber kaum etwas aus, da ich viel zu sehr in Gedanken versunken war. Noctis schlief erschöpft, sodass es ihn auch nicht kümmerte.

Weil ihre Kleidung dank dem Imperium nur noch ein Haufen angebrannten Stoffes war, hatte sie diese gegen ein einfaches T-Shirt aus ihren Ersatzklamotten in dem Kofferraum des Regalia eingetauscht. Ihre Tasche war ebenfalls dort, um Platz zu sparen. Auch hatte sie mit Ignis' Hilfe ihre Wunden verbunden.

In bedrücktem Schweigen fuhren wir wie beim letzten Mal in die Stadt ein und Ignis parkte den Wagen an derselben Stelle. Zwar dauerte es ein wenig, bis Noctis wach und zurechnungsfähig war, doch letztendlich machten wir uns alle zusammen auf zum Leville, in dessen Lobby eine emotional aufgewühlte Iris auf uns wartete.

„Zum Glück seid ihr hier und es geht euch gut!", seufzte sie und ich hörte, wie ihre Stimme bebte. „Tut mir leid, aber ich bin nie nach Caem aufgebrochen..."

„Was war los?", fragte Gladio besorgt, doch Iris schüttelte den Kopf und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der Treppe.

Das Gespräch sollte also auf einem der Zimmer stattfinden. Da wir heute Nacht anscheinend hierbleiben würden, mietete Ignis wieder ein Zimmer für uns. Anschließend folgten wir Iris.

Im Hotelzimmer, welches für uns gedacht war, setzte sie sich sogleich auf einen der Stühle, die um den kleinen Wohnzimmertisch herumstanden und senkte betrübt den Blick. Alle, außer Amaiyah und mir blieben erwartungsvoll stehen und waren bereit Iris anzuhören; keinen schien es zu kümmern, dass sie jetzt kein Wolf mehr war.

„Als ihr losgefahren seid, ist das Imperium aufgetaucht. Sie haben Noct gesucht, aber keiner hat etwas gesagt u-und dann...der arme Jared...", schluchzte sie.

Schock ging durch die Runde, wobei Amaiyah und ich wohl am wenigsten erschüttert waren. Schließlich waren wir diesem Jared lediglich einmal begegnet.

„Was ist mit Jared?", hakte Gladio nach, doch es schien so, als würde er einfach alle Unklarheiten dieser Situation beseitigen wollen.

„Sie haben ihn umgebracht!", rief Iris aus und fing schließlich an zu weinen.

Im nächsten Moment, wie als Bestärkung von Iris' Aussage öffnete sich die Tür einen Spalt breit und ich erblickte den kleinen Talcott weinend vor dem Zimmer stehen. Bevor ich auf ihn zugehen konnte, kam Noctis mir zuvor und hockte sich vor den Jungen.

„Wir hätten hier sein sollen...", sprach Noct dann sanft und mitfühlend.

„I-ich konnte...nichts machen...", weinte Talcott.

Final Fantasy XV: Über Könige und Königinnen |✓|Where stories live. Discover now