XLII Morgendämmerung

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Lilith

Sobald der Wagen hielt und die Tore hinter uns geschlossen waren, sprang ich aus dem Auto und schaute mich aufgeregt um. Ignis und Prompto kamen mir entgegen und wir begrüßten einander mit einem freundschaftlichen Händedruck.

„Wo sind Gladio und Amaiyah?", fragte ich.

„Sie trafen hier noch nicht ein.", erklärte Ignis. „Gladios Ankunft sollte jedoch demnächst erfolgen."

Als wäre das das Stichwort gewesen, ertönte das Hupen eines weiteren Wagens außerhalb des Tors, woraufhin es abermals geöffnet und wieder geschlossen wurde. Nun waren wir beinahe vollzählig.

Gladio trat sichtlich erfreut zu unserer Runde heran und klopfte jedem grüßend auf die Schulter. „Ist echt lange her, seit wir uns gesehen haben, Leute."

„In der Tat.", stimmte Ignis zu und rückte sich die breite Brille zurecht, welche bestmöglich seine Narben verbarg; eine Angewohnheit, die er sich nicht abgewöhnen konnte. „Es gab stets viel zu tun."

Ich nickte zustimmend und lächelte müde.

Die letzten Jahre seit der versuchten Revolution waren pure Arbeit gewesen. Vor allem aber waren sie geprägt von Einsamkeit. Im Fokus stand das Anführen, das Schützen und das Überwachen, nicht unser Wohlbefinden.

Sehr oft hatte ich nach einem anstrengenden Tag im Bett gelegen und mir gewünscht, all das würde enden. Zumindest, dass jemand mir diese Last abnahm, damit ich wenigstens ein paar Stunden länger schlafen und mich erholen konnte.

Und alles, was wir von den anderen gehört hatten, war meistens die leicht verzerrte Stimme aus dem Funkgerät gewesen. Gesehen hatten wir uns teilweise über Monate nicht mehr.

Jedes Mal, wenn ich vor dem Funkgerät gesessen hatte, hatte mich immer wieder die Angst überkommen, dass plötzlich aus jemandes Leitung nicht die eigene Stimme erklang, sondern die eines Jägers oder die einer Glefe, die verkündete, dass jemand von uns gestorben war. Und selbst als dies nicht geschah, wusste niemand, ob das Gegenüber nicht vielleicht schwer verwundet oder anderweitig hilfsbedürftig war.

Ein äußerst schreckliches Gefühl.

„Kaum zu glauben, oder?", seufzte Prompto und ihm war deutlich anzumerken, dass er nervös war. „Dass das jetzt wirklich passiert."

„Ich frage mich, wie es dann weitergeht.", entgegnete Gladio darauf und stemmte die Arme in die Hüfte.

„Vermutlich, wie gehabt.", sagte Ignis. „Sollte es sich tatsächlich um seine Rückkehr handeln, würden wir meines Erachtens nach dasselbe Ziel verfolgen wie vor all diesen Jahren."

„Was heißt hier „sollte"?", hakte Gladio nach. „Das hier ist seine Rückkehr."

„Es fällt mir schwer, mir dies bewusst zu machen.", gab Ignis dann zu.

Als ich mich der Konversation gerade anschließen wollte, ertönte das Geräusch eines dritten, hereinfahrenden Wagens. Im Licht der hellen Scheinwerfer standen wir beieinander und mühten uns damit ab, in dem gleißenden Weiß etwas hinter der Windschutzscheibe zu erkennen.

Dann schwang die Tür des Beifahrers auf und eine männliche Gestalt trat hinaus. Erst aber als er an dem Wagen vorbei zu uns ins Licht getreten war, ließ sich erkennen, um wen es sich handelte.

Mein Herz machte einen Sprung und begann, um das Doppelte schneller zu schlagen.

Er war es tatsächlich. Es war Noctis.

Gekleidet in dieselbe Kleidung, die er auch am Tag seines Verschwindens vor zehn Jahren getragen hatte, sogar mit denselben durchlöcherten und versengten Stellen, stand er nun vor uns und konnte den Augenblick scheinbar ebenso wenig fassen wie wir vier.

Final Fantasy XV: Über Könige und Königinnen |✓|Where stories live. Discover now