Lilith
Der Regen prasselte in Strömen auf uns herab, während wir uns alle vor der breit angelegten Treppe eingefunden hatten, welche hinauf zum Haupteingang der Zitadelle führte.
Es war so weit. Jeder wusste es und jeder konnte es fühlen. Es war Zeit für den Abschied.
Ich nahm die Kälte meiner durchnässten Kleidung im Angesicht der Trauer kaum wahr, während heiße Tränen meine Sicht verschleierten.
Noctis stand neben mir und hielt meine Hand fest umklammert. Sein Blick wanderte immer wieder über uns alle wie um sich das Gesicht eines jeden, bevor er ging, noch einmal deutlich einzuprägen. Jedes Mal, wenn seine Augen die meinen fanden, konnte ich förmlich spüren, wie sich unsere Herzen gleichzeitig vor Schmerz zusammenzogen.
„Ah, Specs, ich habe vergessen, dich etwas zu fragen.", ergriff Noct dann das Wort. Seine Stimme triefte vor Trauer und Qual. „Bist du in der Lage, Licht zu fühlen?"
Ignis blinzelte überrascht, neigte aber bestätigend den Kopf.
„Dann wirst du wissen, wann es vorbei ist, wenn die Sonne aufgeht. Das ist gut..."
Noct wandte sich nun vollständig mir zu und berührte sanft mit einer Hand meine rechte Wange. Wehmütig lehnte ich mich in die Berührung hinein und umklammerte sein Handgelenk mit beiden Händen. Durch den Regen fühlte ich seine Körperwärme nur sehr schwach, doch ich genoss sie dennoch mit Leib und Seele. Das war das letzte Mal, dass ich sie überhaupt spüren würde.
„Lith...", murmelte er mit erstickter Stimme. „Ich werde immer über dich wachen, ich verspreche es."
Ich konnte darauf nichts erwidern. Ein Kloß steckte schmerzhaft in meinem Hals und hinderte mich am Sprechen.
Mit einem zittrigen Atemzug zog er mich in eine feste Umarmung, vergrub sein Gesicht in meiner Schulter und bot mir im Gegenzug die seine an. Ich zog schluchzend seinen durch den Regen beinahe vollständig weggewaschenen Eigenduft ein.
Eine viel zu kurze Weile verharrten wir so, bevor er sich von mir löste und einige Schritte zurückwich. Er musste gehen.
„Bald schon wird die Sonne wieder über Eos aufgehen.", wandte Noctis sich noch einmal an alle. „Ich werde euch nicht enttäuschen."
Wir alle blickten ihm voller Trauer entgegen. Das Prasseln des Regens war das einzige Geräusch, welches den Innenhof erfüllte.
„Lebt wohl, Eure Majestät.", ergriff Ignis plötzlich in gequält ruhiger Stimme das Wort, legte sich die linke Hand an die Brust und verneigte sich formell.
Seinem Beispiel folgten auch Gladio und Prompto, während Amaiyah zu mir trat, mich tröstend in den Arm nahm und ihm mitfühlend entgegenblickte.
Gerade als sich Noctis dann, nach einem letzten Blick auf seine treuen Freunde der Treppe zur Zitadelle zuwandte und auch schon einige Stufen erklommen hatte, bemerkte ich plötzlich eine von Licht umringte Gestalt direkt vor der Tür des Palastes stehen.
Zuerst dachte ich, es sei die Kanagi Lunafreya, da das Leuchten ihrer Gestalt, als sie vorhin die Götter dazu aufgerufen hatte Noctis zu helfen, so ähnlich ausgesehen hatte. Mein Staunen war umso größer als die Gestalt die Treppe hinablief und es sich herausstellte, dass dem nicht so war.
Es war ein Mann*, etwa in unserem Alter, gekleidet auf eine Art und Weise, wie ich es zuvor noch nie gesehen hatte.
Er trug ein langes, schwarzes, mit goldenen Knöpfen gesäumtes Gewand und auf seinen Schultern ruhte ein schwarzer, kurzer Umhang. Dieser wurde an seinem Schlüsselbein mit zwei kunstvollen, ebenfalls goldenen Broschen gehalten und wehte asymmetrisch hinter ihm her. Es erinnerte mich an den Umhang, den Noctis bei unserer Ankunft in der Zitadelle getragen hatte, bevor Ifrits Flammen diesen verbrannt hatten.
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Final Fantasy XV: Über Könige und Königinnen |✓|
Fanfic„Du verlangst von mir, dich leiden zu sehen?" „Nein, ich verlange von dir, zu verstehen, weshalb ich leiden werde. Während du deiner Bestimmung folgst." Noctis x OC // Ignis x OC -~-~-~-~-~- Lilith ist nur eine...