Kapitel 1

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Gelangweilt sass ich auf dem Stuhl neben dem Tisch und sah runter auf meine Nägel. „Wie oft denn noch? Ich war es nicht!“ kam es vom Tisch nebenan. „Wir haben Sie auf frischer Tat ertappt und auch auf den Überwachungsbändern ist deutlich zu sehen, wie Sie die Tankstelle ausrauben.“ langsam hob ich meinen Kopf und sah zur Seite. „Das war dann wohl mein Zwilling.“ das war eine ziemlich dumme Ausrede.

„Nächstes Mal solltest du vielleicht dein Gesicht verdecken.“ sofort sah der Mann und die Polizistin zu mir. „Und du hast es besser gemacht, oder was? Du bist ja auch hier, weil du irgendeine Scheisse ausgefressen hast.“ „Nein, ich warte hier nur auf einen Freund.“ gab ich falsch lächelnd von mir. Es war doch klar, dass ich nicht einfach so auf dem Revier sass. Es konnte nämlich gut möglich sein, dass ich einen Wagen geklaut hatte.

„Elly.“ übertrieben lächelnd sah ich Darek an, der zu mir kam und sich an den Tisch setzte. „Was hast du jetzt angestellt?“ „Keine Ahnung.“ darauf verdrehte er nur seine Augen und öffnete die Akte. „Autodiebstahl also.“ „Daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.“ gab ich unschuldig von mir. „Ich habe durchaus einen Wagen gesehen, als ich auf dem Weg nach Hause war. Aber habe ich den auch geklaut?“ nachdenklich legte ich mir den Finger an die Lippen.

„Ist das dein Ernst?“ wütend sah mich Darek an. „Elly, du kannst so nicht weitermachen. Irgendwann landest du im Knast.“ das war mir ehrlich gesagt völlig egal. „Denkst du wirklich, dass Isaac das gewollt hätte?“ augenblicklich verhärteten sich meine Gesichtszüge. Über Isaac zu reden, war das letzte was ich wollte.

„Sein Tod geht mir genau so nah wie dir, aber du kannst nicht so mit deinen Gefühlen umgehen. Ich weiss, dass du ihn geliebt hast, aber so geht es wirklich nicht weiter.“ „Kann ich gehen?“ seufzend stiess Darek die Luft aus und nickte, worauf ich gleich aufstand. „Ich kann dir nicht immer aus der Scheisse helfen.“ „Danke.“ übertrieben lächelnd verbeugte ich mich vor ihm und verliess das Revier.

Ich gab zu, dass Darek recht hatte. Es war nicht in Ordnung von mir meine Gefühle auf diese Art raus zu lassen, aber was hätte ich sonst machen sollen? Nachdem mir Darek gesagt hatte, dass Isaac tot war, brach für mich eine Welt zusammen. Tagelang kam ich nicht aus dem Bett raus und ass auch nichts mehr. Ich liess niemanden mehr an mich ran und war mehr tot als lebendig.

Schliesslich wurde es so schlimm, dass mich Brody hatte einweisen lassen, damit ich die Hilfe bekam, die ich brauchte. Am Anfang hasste ich ihn dafür, aber von Tag zu Tag verstand ich immer besser, dass ich dort gut aufgehoben war. Hätte ich mich weiter gehen lassen und mich in dieser Trauer ertränkt, dann hätte ich mir wahrscheinlich irgendwann etwas angetan.

Doch auch wenn ich nach einem Jahr besser mit Isaacs Tod klarkam, gab es doch noch Tage, an denen ich am Ende war. An diesen Tagen würde ich mich am liebsten in meinem Bett verkriechen und Stunden vor mich hin weinen, aber ich wusste, dass mir das überhaupt nichts brachte und machte weiter, wie an jedem anderen Tag auch. Nur, dass ich dann noch sensibler war als sonst.

Ich wusste aber, dass nicht nur ich mit allem zu kämpfen hatte. Darek hatte seinen Partner verloren. Brody, Myles, Joel und Finley ihren besten Freund. Seit Jahren waren sie alle eine Einheit und auf einmal war einer von ihnen einfach nicht mehr dabei. Sie alle mussten irgendwie mit diesem Verlust klarkommen und alle taten sie es auch auf ihre eigene Art und Weise.

Brody traf es wahrscheinlich noch schlimmer als mich, denn er hatte völlig die Kontrolle über sein Leben verloren. Am Anfang dachte ich wirklich, dass er gut mit Isaacs Tod klarkommen würde, aber nachdem ich aus der Klinik entlassen wurde, merkte ich, wie er sich immer weiter veränderte.

Er fing an sich regelmässig in den Clubs zu betrinken und schleppte immer wieder eine andere Frau ab. Er war schon immer ein Frauenheld, klar, aber so wie jetzt war er noch nie. Wenn ich ihn darauf ansprach, dann schrie er mich an, dass ich mich um meinen eigenen Kram kümmern sollte und mich sein Leben nichts anging. Auch wenn er theoretisch gesehen recht hatte, machte ich mir doch Sorgen um meinen Bruder. Und das war auch der Grund, wieso noch nicht in meinem Haus war, sondern wieder bei den Jungs einzog. Ich war nicht bereit meinen Bruder einfach so aufzugeben und ich würde garantiert nicht dabei zusehen, wie er sich zu Grunde richtete.

Eleanor - ein NeuanfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt