2 ~ Schwarze Augen

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Mein Blick fliegt zur Tür, als diese sich schwungvoll öffnet und drei lärmende, lachende Typen ins Zimmer platzen. Schwarz, Tattoos, Leder, Metall – das ist alles, was ich auf die Schnelle von ihnen wahrnehme. Auf den Fersen folgt ihnen ein nervös wirkender Restaurantleiter im dunklen Anzug, der sich mit einem weißen Tuch die Schweißperlen von der glänzenden Stirn tupft.

Ich nutze den Tumult, um blitzartig meine Hand unter der von Mr. Edwards hervorzuziehen.

Dieser bemerkt es noch nicht einmal, weil er im selben Augenblick mit einem so lächerlich entrüsteten Gesichtsausdruck von seinem Stuhl aufspringt, dass mir ein leises, erleichtertes Kichern entwischt. Aufrecht, als hätte er einen Stock im Rücken, stolziert er mit erboster Miene auf den Restaurantleiter zu, der mir jetzt schon leid tut. Mr. Edwards kann wirklich sehr unangenehm werden, wenn er sich über etwas ärgert.

Stumm sende ich einen Dank ans Universum, das mir diese drei Rocker zur Hilfe geschickt hat, die sich inzwischen geräuschvoll an dem einzigen anderen Tisch im Zimmer platzieren.

Gerade wundere ich mich darüber, was drei Typen, die so aussehen, als kämen sie direkt von einem Death-Metal-Konzert, wohl in solch einen Nobelschuppen verschlagen hat, da blickt einer von ihnen plötzlich in meine Richtung.

Seine erstaunlich dunklen Augen treffen auf meine.

Genau wie seine Begleiter ist er ganz in Schwarz gekleidet und auch seine Haare sind rabenschwarz. Ein Fakt, der seine Haut umso heller erscheinen lässt. Auf den zweiten Blick fallen mir mehrere Piercings an ihm auf. Ein kleiner silberner Ring an der Augenbraue, ein weiterer seitlich an der Nase und einer an seiner Lippe, nahe dem linken Mundwinkel. Vom Kragen seiner Uniformjacke mit zweireihigen Silberknöpfen aus, schlängelt sich ein dunkles Tattoo seinen Hals hinauf.

Sein Gesicht ist attraktiv. Schmal, mit hohen Wangenknochen und einem ausdrucksstarken, kantigen Kinn, zu dem die sanft geschwungenen Lippen einen hübschen Kontrast bilden. Seine Augen sind so dunkel, dass es ungewöhnlich, beinahe schon faszinierend ...

Das ist der Moment, in dem ich bemerke, dass ich ihn schamlos anstarre. Seine Augenbrauen heben sich und ein Lächeln umspielt seine Lippen, während mir die Hitze brennend in die Wangen schießt und ich ertappt meinen Blick losreiße. Ich beuge mich über die kleine Handtasche, die an meinem Stuhl baumelt, und krame so geschäftig darin herum, als würde sich in ihr ein lebenswichtiges Medikament befinden, das ich unverzüglich einnehmen muss.

Einen Augenblick später lässt sich Mr. Edwards wieder auf seinen Stuhl plumpsen. Die Knöpfe seines hellblauen Hemdes spannen bedenklich, als er sich vor mir aufplustert. Ich vernehme sein verärgertes Schnauben, das ich nur allzu gut kenne, weil ich es schon oft genug gehört habe.

»Er sagt, er kann dieses dahergelaufene Pack da drüben nicht rauswerfen.« Mit einer Kopfbewegung deutet er auf die jungen Männer, während sich die Farbe meiner Wangen vermutlich gerade in ein bisher nie dagewesenes Feuerrot vertieft. Mein Chef hat so laut gesprochen, dass es die fröhliche Runde am Nebentisch kaum überhören konnte. Kurz verstummen ihre Gespräche, doch dann sagt der Dunkeläugige etwas, das ich nicht verstehen kann, und gleich darauf erklingt wieder unbeschwertes Gelächter.

Erleichtert stoße ich die Luft aus. Selten in meinem Leben habe ich mich für jemanden derartig fremdgeschämt. Während ich noch überlege, wie ich meinem Chef durch die Blume sagen kann, dass seine Worte absolut unangebracht waren, legt sich seine feuchte, kalte Hand erneut auf meine. Mein Magen zieht sich angewidert zusammen und für einen Moment bin ich wie erstarrt.

»Kaum zu glauben, aber diese Teufelsanbeter sind wohl irgendwie ganz bekannt. Das Gute daran ist, dass wir als kleine Entschädigung für unsere Unannehmlichkeiten unser Essen heute umsonst erhalten. Da siehst du mal, wie vorteilhaft es ist, einen einflussreichen Mann an seiner Seite zu haben. Einen, der sich durchsetzen kann.« Mit einem selbstgefälligen Gesichtsausdruck schiebt er mir die Speisekarte zu. »Du brauchst dich demnach mit deiner Bestellung in keiner Weise zurückzuhalten.«

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