1 ~ Blind Date des Grauens

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In der Liebe bin ich schlecht.

Vielleicht sollte ich es einfach einsehen und meine kläglichen Versuche endlich aufgeben. Was ich auch tue, ich habe kein Glück damit. Von Anfang an bin ich auf diesem Gebiet eine Niete. Genau genommen seit dem Tag, an dem mir meine erste und bisher einzige große Liebe vor rund zehn Jahren das Herz gebrochen hat.

Eigentlich weiß ich das längst, doch spätestens jetzt ist es amtlich. Denn solche Zufälle kann es eigentlich gar nicht geben.

Es sei denn, man heißt Olivia Eliot.

Ich schlucke trocken und kann kaum glauben, wer mir hier als mein Blind Date gegenübersteht.

»Mr. Edwards?«, hauche ich benommen, die Augen noch immer vor Überraschung weit aufgerissen.

Er hebt eine buschige Braue, während seine Mundwinkel für einen winzigen Moment leicht nach oben zucken. Es ist der deutlichste Anflug eines Lächelns, den ich je bei ihm gesehen habe. »Sind Sie 'Magnus Amor'?«, schiebe ich nach, obwohl ich es mir sparen könnte. Es ist offensichtlich.

»Sieht ganz danach aus, nicht wahr? Ich denke, in Anbetracht unserer Verabredung können wir uns von nun an beim Vornamen nennen, Olivia. Jetzt, wo wir uns auch privat näher kommen. Oder meinst du nicht?«

Nein! Nein, auf gar keinen Fall!

Aber kann ich sein Angebot wirklich ausschlagen? Wohl kaum.

Unwillkürlich entwischt mir ein kleiner, resignierter Seufzer. 

»Wenn du das möchtest.« 

Einem einfühlsamen Menschen würde mein abweisender Tonfall auffallen, aber mir ist klar, dass Mr. Edwards keiner davon ist.

»Wie schön. Ich bin Peter.«

Als ob ich das nicht wüsste.

Guter Mann, ich arbeite seit zwei Jahren für dich. Ich kenne nicht nur deinen Vornamen, sondern auch die deiner beiden Kinder, deine Kreditkartennummer, deine Adresse, deine Arztberichte sowie deinen Geburtstag. Deshalb weiß ich auch, dass du fast fünfzehn Jahre älter bist als ich. Was um alles in der Welt willst du von mir?

Wieder streift das Fluglächeln für eine Millisekunde seine Lippen und er streckt mir auffordernd seine rechte Hand entgegen. Etwas zögerlich ergreife ich sie. Meinen laschen Druck erwidert er mit einer festen Umklammerung, die er eindeutig zu lange hält. Währenddessen bohren sich seine wässrigblauen Augen in meine und wie ein schüchternes kleines Mädchen senke ich hastig den Blick. Dieser bleibt an der goldenen Rolex hängen, die seinen Unterarm umspannt. Als sich seine Finger endlich wieder von meinen lösen, stoße ich erleichtert die Luft aus.

Meine Augen gleiten an ihm hinauf. Er trägt heute seinen besten Anzug. Deshalb war es also derart dringend, dass ich ihn gestern außerhalb meiner Arbeitszeit von der Reinigung abholen musste. Beinahe entwischt mir ein hysterisches Lachen, als ich mich daran erinnere, mit welchem Bedauern ich an die Frau gedacht habe, die das Pech hat, den Abend mit ihm verbringen zu müssen. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ich das sein würde.

Vermutlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass er sich extra für mich in Schale geworfen hat, doch das tue ich nicht. Diese Sache ist mir einfach nur unangenehm. Ein weiterer Eintrag auf meiner Liste enttäuschender Datingversuche. Dieser schafft es sogar locker auf den Spitzenplatz!

Ich räuspere mich, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. 

»Ist das wirklich Zufall? Dass ausgerechnet wir beide von 'Blind Luck' gematcht wurden?«

Es kommt mir zwar seltsam vor, doch angesichts meines nicht existenten Glücks in der Liebe wundert es mich nicht einmal besonders, dass mich die brandneue, hochgelobte Dating-App ausgerechnet mit meinem unbeliebten, frisch geschiedenen Chef verkuppeln will. 

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