13 ~ Partytime

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»Bist du Liv?«

Ich zucke zusammen und mein Blick huscht zu einer dunkelblonden Schönheit, die ganz plötzlich neben mir steht. Die perfekt gezupften Brauen über ihren hellblauen Augen heben sich fragend, doch ihr Gesichtsausdruck ist undurchdringlich.

Im Gegensatz zu allen anderen Konzertbesuchern ist sie elegant gekleidet. Sie trägt einen körperbetonten, dunkelblauen Hosenanzug und eine hellblaue Bluse, die Ton in Ton mit ihrer Augenfarbe abgestimmt ist. Das Plastikschildchen an ihrer Brust deutet darauf hin, dass sie in irgendeiner Form zur Band gehört. Ihre coole Geschäftsmäßigkeit und die böswilligen Blicke der mir noch immer gegenüberstehenden Mädchen schüchtern mich derartig ein, dass ich sie nur sprachlos anblinzle.

»Ja, das ist sie. Und ich bin Rose, ihre Freundin. Hier sind unsere Pässe.« Rose greift nach dem Ausweis, der um meinen Hals baumelt, und hält ihn zusammen mit ihrem eigenen der blonden Frau unter die Nase. Die wirft nur einen kurzen Blick darauf und winkt dann einen der Security-Typen heran. Dessen breiter, muskelbepackter Körper bahnt uns anschließend einen Weg durch die wartenden Fans bis zum Eingang des Backstagebereichs.

Erst als wir den menschenleeren Gang hinter der Tür betreten und diese sich wieder hinter uns schließt, atme ich erleichtert auf. Die Horde eifersüchtiger Groupies sind wir zum Glück fürs Erste los.

Die Blonde räuspert sich. »Ich bin Brenda Jennings, die Tourmanagerin der Demons. Trace hat mich gebeten, euch abzuholen und zur Party zu bringen.« Ihr Tonfall klingt gelangweilt und ihr Blick gleitet an mir hinab, als wolle sie herausfinden, was der Sänger an einem Durchschnittsmädchen wie mir wohl finden könnte. Das leichte Zucken ihrer Schultern am Ende ihrer Musterung lässt darauf schließen, dass es ihr unbegreiflich ist. Auf einmal komme ich mir unbedeutend und unzureichend vor.

Mit einer graziösen Handbewegung streicht sie sich eine ihrer Haarsträhnen hinters Ohr. Dann seufzt sie, als hätte sie nach jedem Konzert die unangenehme Aufgabe, den Musikern ihre Gespielinnen für die Nacht zuzuführen, und dreht sich um. »Kommt mit.« Routiniert stöckelt sie auf ihren hohen Schuhen voran, Rose greift nach meiner Hand, und wir folgen ihr.

Vor einer der Türen bleibt Brenda stehen und wendet sich uns zu. Dahinter hört man dumpfes Bass- und Schlagzeugstampfen. Der Gang ist hier deutlich belebter, bevölkert von kichernden jungen Frauen und Typen in dunkler Kleidung oder Lederkluft, die zu zweit oder in kleinen Gruppen beieinanderstehen. Manche haben Flaschen oder Gläser in der Hand, viele unterhalten sich, andere knutschen wild und einige sind bereits in dem Stadium des Rummachens, in dem sie eigentlich lieber ein ruhiges Örtchen aufsuchen sollten.

»Ich bin nochmal kurz weg, Livy.« Rose deutet auf ein Schildchen, das den Weg zu den Toiletten weist. »Geh ruhig schon mal ohne mich rein, ich finde dich dann schon«, ruft sie mir noch zu, während sie sich bereits auf den Weg macht.

Brenda hebt eine Augenbraue und fixiert mich mit einem durchdringenden Blick. »Dann viel Spaß heute Nacht, Liv. Trace ist ein sehr intensiver und leidenschaftlicher Mensch. Manchmal lässt er sich zu sehr von seinen Gefühlen mitreißen. Nimm das nicht zu ernst, das hat nie etwas zu bedeuten.«

Mit dieser kryptischen Aussage dreht sie mir den Rücken zu und verschwindet gleich darauf in einem der gegenüberliegenden Zimmer. Erleichtert atme ich auf, denn ich kann nicht gerade behaupten, dass diese Frau mir sonderlich sympathisch ist.

Ihre Worte bestätigen meine Vermutung, dass ich für Trace nur ein kurzer Zeitvertreib bin, und er sich öfter zu falschen Versprechungen hinreißen lässt. Trotzdem werde ich mir diesen Abend nicht verderben lassen, sondern ihn in vollen Zügen genießen. Zum Glück habe ich mir bisher weitestgehend erfolgreich verboten, mehr als eine kurze Affäre mit ihm zu erhoffen. Falls es überhaupt soweit kommt, denn im Moment traue ich mich nicht mal, den Partyraum zu betreten.

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